Bist du was, wirst du doch gleich anders wahrgenommen:
Als Detering vor acht Jahren seinen Lyrikband “Schwebstoffe” veröffentlichte, galt der Germanist, Kritiker und Übersetzer bereits als Meister seines Faches.
So in einer FAZ-Rezension des nunmehr dritten Gedichtbandes.
Bereits ein Meister – das schafft wahrlich nicht jeder. Der Rezensent sagt nicht genau welches Fach er meint, das Germanisten- oder Lyrikerfach, und auch nicht bei wem er als Meister galt. Er muß das nicht sagen, er spricht im (Hoch-)Feuilleton, das Allgemeingültiges verkündet. Bist du was in dieser Welt, wird gleich dein erster Band beachtet und belobt. Und es bleibt ja nicht dabei:
Seither hat sich viel verändert: Leibniz-Preis, Präsidentschaft der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der zweite Gedichtband “Wrist”. Den neuen Gedichtband scheint das beeinflusst zu haben.
Und vielleicht gar seine Wahrnehmung. Wenn man Meister steigern kann.
Tatsächlich, Goldschnittlyrik geht noch:
Detering mag sich dem Schattenreich zuwenden, er pflegt dennoch eine zugängliche Sprache, einen unprätentiösen, leichten, humorvollen Ton. Seine Gedichte wirken wie Treffen mit alten Bekannten. Nach einem ersten Überraschungsmoment entspinnt sich ein vertrautes Gespräch, das alte Fäden aufnimmt und Neuigkeiten in den vorhandenen Wissenshorizont einordnen kann. In manchen Momenten parlieren die Gedichte derart stil- und formsicher auf der Bühne literarischer und kultureller Größen, als stünden sie in diplomatischen Diensten. Adorno hat solche poetische Eleganz einmal mit dem Begriff der “Goldschnittlyrik” geschmäht. Noch im selben Atemzug hat er jedoch davor gewarnt, diese Gedichte einfach abzutun. Immerhin könne sich hinter der glatten Oberfläche eine eigentümliche Rauhheit verbergen, die erst eine Auseinandersetzung mit dem einzelnen Gedicht herausfordere.
Die Gedichte regen den Rezensenten auch zum Blick über den Buchrand an:
Haben wir Obama nicht so betrachtet wie Büchner einst das Genie Lenz? Haben wir in ihm nicht etwa einen Mann gesehen, der sich in seiner Gestaltungskraft vollkommen frei fühlt? “Müdigkeit spürte er keine”, heißt es von Lenz, “nur war es ihm manchmal unangenehm, dass er nicht auf dem Kopf gehen konnte.”
Na gut, den “Lenz” lesen wir noch mal genauer, gelt? Nämlich des is a Schmarrn issas.
Die Rezension von Christian Metz steht in der FAZ vom 26.11. und steht hier im Netz.
Heinrich Detering: “Old Glory”. Gedichte.
Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 74 S., geb., 16,90 [Euro].