In Sachsen wird gemordet und geliebt
Eines der beiden Bücher ist Rainer Böhme besonders wichtig, weil ihm das Thema am Herzen liegt: Der Buchtitel Die Türken kommen weckt zuerst die Befürchtung eines bewaffneten Überfalls der Heerscharen eines osmanischen Sultans, aber der Roman spielt im Hier und Jetzt, und anstelle eines Heeres geht es um nur drei Türken. Die in Berlin lebende türkische Familie Güzel gewinnt bei einem Fernsehquiz einen zweiwöchigen Urlaub in der Sächsischen Schweiz. Die Mutter und ihre zwei erwachsenen Kinder Sevim und Tunc machen auf dem Weg zur Pension eine Pause in einem Burger-Restaurant in Pirna, wo Tunc versehentlich mit einer Spielerin eines Handballvereins zusammenstößt und sich die Getränke über seine Hose und die der jungen Frau ergießen. Ein kurzes, heftiges Kennenlernen, das beiden die Laune verdirbt.
Marsianer? Romulaner? Nein, nur Türken in Sachsen
Die Wirte der Pension in der Nähe von Bad Schandau hatten mit deutschen Gästen gerechnet, aber dass sie nun für zwei Wochen eine türkische Familie beherbergen würden, löst - gelinde gesagt - Irritationen aus. Vor allem dem Sohn der Eheleute sind die türkischen Urlauber ein Dorn im Auge: Mit seiner politischen Gesinnung am äußersten rechten Rand sind für ihn alle Nicht-Deutschen Untermenschen. Doch in der Pension in der Nähe von Bad Schandau läuft Tunc die Handballspielerin aus dem Burger-Restaurant wieder über den Weg: Sie ist die Tochter der Pensionseigentümer. Obwohl Hanna und Tunc sich zunächst gegen ihre Gefühle, die sie füreinander empfinden, wehren, werden sie ein Paar. Das ruft Hannas Bruder auf den Plan, der gemeinsam mit seinen Freunden aktiv wird. Die Lage wird für Tunc gefährlich.Die Türken kommen ist mit 84 Seiten eine relativ kurze Geschichte, in der Rainer Böhme den Hass und die Vorurteile beschreibt, die der türkischen Familie in einem sächsischen Dorf entgegenschlagen. Beim Lesen fühlte ich mich an die BRD der 1970er Jahre erinnert, als das "Anderssein" noch deutlich schwieriger war als heute. Ich habe mich gefragt, ob türkische Urlauber in der sächsischen Provinz heute tatsächlich noch so viel Aufsehen erregen, wie es Rainer Böhme beschreibt. Ein Buch, das dem einen oder anderen den Spiegel vorhält.
Mysteriöser Mord in Südsachsen
Das zweite Buch ist aus einem ganz anderen Genre: Rainer Böhme, der früher Kripochef in Berlin-Marzahn war, hat mit Mord in Zittau einen Krimi geschrieben, in den sicher so manche Erfahrung aus seinem damaligen Berufsleben eingeflossen ist. Im sächsischen Zittau wird das Model Alexa Faber tot in im Auto aufgefunden, den Mund voller Geldscheine. Die Tatumstände lassen den Schluss zu, dass ihr Ex-Mann Steffen der Täter ist. Steffen wird verhaftet, beteuert aber seine Unschuld und bittet die befreundete Anwältin Liane Hempel um ihre Hilfe. Ihr steht der frühere Berliner Kriminalbeamte Jürgen Grahl zur Seite, der als Privatdetektiv arbeitet, um seinem Leben als Rentner und Witwer zu entfliehen. Dieses Duo stellt erfolgreich eigene Recherchen an, was den Zittauer Kriminalbeamten nicht immer gefällt. Doch letztlich sind es ihre Beharrlichkeit und Grahls teils leichtsinnige Risikofreude, die dem Fall zum Durchbruch verhelfen und klären, wer Alexa Faber getötet hat und warum.
Beinahe parallel zu diesem Mordfall wird Alexas Tochter Frederike vermisst. Dieser Umstand wird zwar immer wieder in die Handlung eingestreut, die Polizei scheint sich aber nicht vor Eifer zu überschlagen, die Minderjährige wiederzufinden. Das ist irritierend, da bei vermissten Kindern und Jugendlichen üblicherweise alle polizeilichen Register gezogen werden, um die Verschwundenen zu finden.
Der Krimi ist flüssig geschrieben, das Lesevergnügen wird allerdings etwas durch Fehler getrübt, die durch ein aufmerksames Korrektorat und Lektorat hätten vermieden werden können.
Die Türken kommen ist im Selbstverlag erschienen und kann per Mail über den Autor bezogen werden (boehme.sebnitz@t-online.de).
Mord in Zittau ist im Dresdner Verlag herausgegeben worden und als Taschenbuch für 12,80 Euro erhältlich.