146. Hilles Werk

Zu den lehrreichsten Schwierigkeiten, die Hilles Schaffen aufwirft, gehört der unklare textgenetische Status der Manuskripte, sogar der Publikationen zu Lebzeiten. Zu den in Zeitschriften veröffentlichten Gedichten gibt es oft handschriftliche Varianten, bei denen sich kaum entscheiden lässt, ob es sich um Vorarbeiten, Revisionen oder Neudichtungen handelt.  …

Die nicht selten fast unlesbare Handschrift Hilles und seine ästhetische Randstellung verstärkten die Neigung, ihn nur als subkulturelles Unikum wahrzunehmen. Lediglich die DDR-Germanistik unternahm in den siebziger Jahren den Versuch, ihn wegen seiner sozialistischen Sympathien dem eigenen Kanon einzufügen, was aber am antikollektivistischen Gedanken seines Schreibens scheiterte*.

In der Bundesrepublik blieb Hilles Erbe der Regionalliteraturforschung überlassen. Und die Literaturkommission für Westfalen ist es auch, die in Zusammenarbeit mit der Peter-Hille-Forschungsstelle der Universität Paderborn im Aisthesis Verlag seit einiger Zeit vorbildlich edierte Ausgaben seiner Schriften herausbringt. Nachdem dort bereits 2007 die erste chronologische Ausgabe von Hilles Werken zu Lebzeiten herausgekommen ist, liegt nun die Gesamtausgabe seiner Briefe vor (Peter Hille: Sämtliche Briefe. Kommentierte Ausgabe. Hrsg. von Walter Gödden und Nils Rottschäfer, Bielefeld 2010). Es ist den Herausgebern hoch anzurechnen, dass sie sich bewusst bleiben, wie unpassend mit Blick auf Hille die Rede von „Sämtlichen Briefen“, vom „Gesamtwerk“, ja vom „Werk“ überhaupt ist. Das dem Band beigefügte Register von Hilles brieflich erwähnten, aber nicht nachzuweisenden Werken ist länger als die Liste seiner erschienenen Texte. Einige seiner Briefe, vor allem die an Lasker-Schüler, lesen sich selbst wie literarische Vignetten, und seine Manuskript- und Briefgestaltung, für welche die Ausgabe im Anhang Beispiele vorstellt, macht es schwierig, zwischen Haupt- und Paratext, Einfügungen und Nebengedanken zu unterscheiden. / MAGNUS KLAUE, FAZ 22.6.

Peter Hille: 
Sämtliche Briefe: Kommentierte Ausgabe - Broschiert von Peter Hille, Walter Gödden und Nils Rottschäfer
EUR 49,80

*) was immer Scheitern da heißt. Ein paar Büchernarren versuchen einen Autor bekanntzumachen, zumindest der Reclamband landete in ein paar zehntausend Bibliotheken und wurde gelesen (Hille landete in meinem Kanon zB), aber sie haben den Staatsplan nicht erfüllt?



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