Tatsächlich zeigte sich Enzensberger in Zürich nicht nur als beispielloser Wortkünstler, sondern beglückte das Publikum auch mit seinen pointierten, von geistiger Beweglichkeit zeugenden Beobachtungen und Einsichten, die er manchmal mit einem bubenhaften Kichern unterstrich. Da es um das Thema Übersetzung ging, skizzierte Enzensberger eingangs anhand eines Verses des spanischen Liebesdichters Pedro Salinas die Prozesse, die im Übersetzer angestossen werden: «Es sind Geisterstimmen aus anderen Räumen, die einen heimsuchen», so paraphrasierte er Salinas. Die Geisterstimmen riefen Hörspiele im eigenen Kopf hervor; wenn man sie nicht mehr losbringe, tauge das Gedicht. «Übersetzen heisst, mit solchen Heimsuchungen umzugehen. Wer sich damit befasst, belohnt sich selbst – der Übersetzter ist also kein Märtyrer, sondern ein brüderlicher Egoist, der sich nimmt, was er brauchen kann», hielt Enzensberger fest. / Dorothee Vögeli, NZZ