In den Tagen des arabischen Frühlings, der täglich Menschenopfer fordert, klingen diese frühen Zeilen natürlich vage und geradezu enthaltsam, weswegen Adonis’ Auszeichnung auch gelegentlich kritisiert wurde. Doch der Dichter kann auch anders. Um das zu zeigen, zitierte Sartorius einen Artikel, der vor drei Monaten in der Londoner Tageszeitung „Al-Hayat“ erschien: Die Arbeit der revolutionären Bewegungen werde „erst abgeschlossen sein, wenn Rechtsprechung, Bildungswesen und Sicherheitsapparat vollständig und umfassend von der Politik entkoppelt werden, wenn die Frauen ihr vollständigen bürgerlichen Rechte erhalten, bei absoluter Gleichstellung mit ihren männlichen Mitbürgern.“
In der Lyrik erklingen solche Töne natürlich nicht, und deswegen hob Sartorius Adonis’ Hoffnung auf „einen befreiten Islam“ hervor, „der die heutigen Imame entmachtet und an die unkonventionellen vorislamischen Denker des frühen Mittelalters anschließt“. / Dierk Wolters, Frankfurter Neue Presse zur Verleihung des Goethepreises an den Dichter Adonis