Im Gespräch mit Gerrit Bartels antwortet Büchner-Preisträger F.C. Delius auf Artikel in der SZ und FAZ, die seine Auszeichnung kritisiert haben: „‘Das ist üblich’, sagt er, ‘das wird oft so gemacht. Ich bin seit über 40, nein, man darf es gar nicht sagen, seit fast 50 Jahren in diesem Literaturbetrieb. Ich kenne die Rituale. Da ein Kritiker im Schnitt vielleicht ein, zwei Bücher von den namhaften Autorinnen und Autoren kennt, da alle wenig oder fast nichts voneinander wirklich gelesen haben, hat dieser Betrieb börsenhafte Züge.’“
Einmal hat er sich zum unerbittlichsten Kritiker seiner selbst gemacht, als er in dem spielerischen Büchlein „Die Minute mit Paul McCartney“ von 2005 eine Rezension über sich schrieb. Auf 66 verschiedene Arten schildert Delius eine Begegnung mit dem gerade seinen Hund ausführenden Beatles-Musiker Paul McCartney 1967 im Londoner Regent’s Park. Als Anagramm zum Beispiel, als Eilmeldung, als Augenzeugenbericht. Und eben einmal als Rezension: „Wieder einmal scheitert Delius“, heißt es da. „Auch in seinem neuen Buch kann er sich nicht entscheiden zwischen Roman und Dokument, zwischen lyrischer Kurzform und epischer Breite, zwischen Realismus, Autobiografie und literarischem Spiel. Was für ein großer Roman über die Vorzeit von 1968 hätte hier entstehen können! (…) Dieser Autor kann nicht erzählen oder will nicht erzählen. Noch schlimmer: Er weigert sich beharrlich, so zu schreiben, wie er nach unserer maßgeblichen Meinung schreiben sollte.“
Delius hat hier auf einer knappen Buchseite präzise zusammengefasst, was Literaturkritiker seit seinen Anfängen als Lyriker in den mittleren 60er Jahren an ihm auszusetzen hatten – und er hat es mit großem Vergnügen getan, wie er sagt. (…)
Jetzt, im Café Manstein, sagt er lieber, dass er sich immer gern an einen Ausspruch des britischen Schriftstellers John Donne gehalten habe: „To find out what you cannot do – and than go and do it. Man muss scheitern können, man muss Risiken eingehen, sonst hat das Schreiben keinen Sinn.“