Wenigstens herrschten geordnete Verhältnisse. Meistersang ist später in Verschiß geraten. Immerhin weiß Goethe über Hans Sachs: „In Froschpfuhl all das Volk verbannt, das seinen Meister je verkannt.“
Ich zitiere aus einer Darstellung des 19. Jahrhunderts:
Der Fehler, die zu vermeiden waren und bestraft wurden, waren 32 verzeichnet. Darunter gehörten: Einmischung lateinischer Wörter in Reimzeilen; Verstöße gegen die Prosodie; blinde Worte (unrichtige Bezeichnungen); Halbworte (verstümmelte); Anhänge (wenn aus einsylbigen Wörtern zweisylbige), Klebsylben (wenn aus mehrsylbigen einsylbige gemacht wurden), Milben (des Reims wegen abgebrochene Wörter, z.B. von dem Dinge will ich singe); linde und harte Reime, wie: Knaben – Kappen, Laden – Thaten, Gott – Tod etc., hießen Laster. Undeutlich ausgedrückte Gedanken hießen blinde Meinungen, verkehrte, abergläubische, schwärmerische, unsittliche und unchristliche Ansichten falsche Meinungen. Wer nun solche Hauptfehler gegen Reinheit der Sprache, des Metrums und der Gesinnung sich zuschulden kommen ließ, hatte sich versungen und konnte von den Merkern, selbst mit Ausschließung, gestraft werden. Das höchst zu Leistende war die Erfindung eines neuen Tons.
Aus: Karl Eitner: Synchronistische Tabellen zur vergleichenden Uebersicht der Geschichte der deutschen National-Literatur: von der frühesten Zeit bis zum Jahre 1832 : für Freunde der Literatur und zum Gebrauche beim Unterricht in höhern Lehrenstalten. Joh. Urban Kern, 1856
(hier als pdf)