Hat ein "Nord-Süd-Konflikt" die Völker in Mecklenburg, im Nord- und Ostseeraum in Unruhe versetzt und sie nach Süden aufbrechen lassen?
Seit 2008 sind hier auf dem Blog Beiträge zu dem neu entdeckten bronzezeitlichen Schlachtfeld im Tollensee-Tal in Mecklenburg erschienen (1 - 5). Im aktuellen Heft von "Bild der Wissenschaft" wird auf einige spannende neue Erkenntnisse bezüglich dieser Schlacht hingewiesen (6). Vor allem: Beteiligte an der Schlacht, die sich offenbar auf einer Breite von 3 Kilometern abgespielt hat - in der also bronzezeitliche europäische "Reiche" gegeneinander gestanden haben könnten - sollen aus dem Süden, aus Mitteldeutschland, Schlesien oder dem Alpenraum stammen.
Man denkt auch an den Vorstoß der Römer nach Norden, nach Mitteleuropa und an die Ausbreitung des Christentums durch die Franken und Karl den Großen. Diese Vorgänge sind selten ganz friedlich verlaufen, bzw. werden ganz friedlich verlaufen sein. Schon in der Endzeit der Bandkeramik künden wallbewehrte Burgen vor allem an den nördlichen Außengrenzen dieses Kulturraumes von kriegerischen Ereignissen.
Und dementsprechend sind gegenläufige Völkerwanderungen in den Süden natürlich ebenso bekannt.
Eine Nord-Süd-Dialektik der Weltgeschichte?
Somit würde sich mit den neuen Erkenntnissen zur Tollense-Schlacht immer mehr ein großartiges weltgeschichtliches Szenario vervollständigen: Bevölkerungsreiche Dorf- und Stadtkulturen dringen in den Norden vor und breiten hier neue Lebensweisen aus (etwa Dorfkultur, indogermanische Sprache, Stadtkultur, Christentum ...). Nicht selten brechen die nördlicheren Kulturen dann nach einem kulturellen (und wahrscheinlich jeweils auch genetischen) Anpassungsprozeß schon wenige Jahrhunderte später in gegenläufiger Bewegung zu Eroberungszügen nach dem (ständig "dekadenter" gewordenen) Süden auf.
Also eine Art dialektischer Prozeß.
Bekannt ist, daß unter den Völkern des "Seevölkersturmes" um 1200 v. Ztr. im Mittelmeerraum auch Völkerschaften aus Mitteldeutschland mitgezogen sind, die sich unter anderem im heutigen Palästina angesiedelt haben (siehe frühere Beiträge). Offenbar haben also aus dem mitteldeutschen Raum gleichzeitig Völker sich auch Richtung Norden in Bewegung gesetzt. Wer weiß, welche Unruhen dadurch im Nord- und Ostseeraum ausgebrochen sind. Warum sollen nicht auch hier Völker aufgebrochen sein und sich schließlich am Seevölkersturm im Mittelmeerraum beteiligt haben, wo doch heute gut bekannt ist, daß die kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte zum Mittelmeerraum damals vergleichsweise gut waren? Wir erfahren (6):
Man darf in jedem Fall auf weitere Erkenntnisse sehr gespannt sein.
_____________1. Bading, Ingo: 1.250 v. Ztr. - Die Schlacht von Altentreptow. Auf: Studium generale, 8.10.2008.2. Bading, Ingo: Schlacht mit Holzknüppeln in der Ostsee-Region, 1250 v. Ztr.. Auf: Studium generale, 13.10.20083. Gründler, Karl F.: Sie schlugen sich mit Holzkeulen die Köpfe ein. Ein Schlachtfeld der Bronzezeit an der Tollense in Mecklenburg. Tagesspiegel, 03.09.2009 [17.1.10]
5. Bading, Ingo: 1.200 v. Ztr. - Vergleichsmöglichkeiten von Schlachten in Mecklenburg und Ägypten. Studium generale, 16.8.20116. Franz, Angelika: Gemetzel im Tollense-Tal. In: Bild der Wissenschaft, 4/2012, S. 80 - 85
Seit 2008 sind hier auf dem Blog Beiträge zu dem neu entdeckten bronzezeitlichen Schlachtfeld im Tollensee-Tal in Mecklenburg erschienen (1 - 5). Im aktuellen Heft von "Bild der Wissenschaft" wird auf einige spannende neue Erkenntnisse bezüglich dieser Schlacht hingewiesen (6). Vor allem: Beteiligte an der Schlacht, die sich offenbar auf einer Breite von 3 Kilometern abgespielt hat - in der also bronzezeitliche europäische "Reiche" gegeneinander gestanden haben könnten - sollen aus dem Süden, aus Mitteldeutschland, Schlesien oder dem Alpenraum stammen.
Abb. 1: Das Schlachtfeld (aus: 6)
Wir haben in vielen früheren Beiträgen vor allem seit Januar 2010 auf die bronzezeitlichen Höhenburgen, protourbanen Siedlungen bis zum Nordrand der deutschen Mittelgebirge seit 2.200 v. Ztr. hingewiesen. Wir haben auch schon behandelt, daß die Bronzezeit von einem berühmten Bogenschützen-Fürsten (Amesbury) aus dem Alpenraum nach England und Stonehenge gebracht worden ist. Auch ist ja heute gut bekannt, daß der Ackerbau selbst aus dem Süden stammt und sich nach und nach nach Norden ausgebreitet hat.Man denkt auch an den Vorstoß der Römer nach Norden, nach Mitteleuropa und an die Ausbreitung des Christentums durch die Franken und Karl den Großen. Diese Vorgänge sind selten ganz friedlich verlaufen, bzw. werden ganz friedlich verlaufen sein. Schon in der Endzeit der Bandkeramik künden wallbewehrte Burgen vor allem an den nördlichen Außengrenzen dieses Kulturraumes von kriegerischen Ereignissen.
Und dementsprechend sind gegenläufige Völkerwanderungen in den Süden natürlich ebenso bekannt.
Eine Nord-Süd-Dialektik der Weltgeschichte?
Somit würde sich mit den neuen Erkenntnissen zur Tollense-Schlacht immer mehr ein großartiges weltgeschichtliches Szenario vervollständigen: Bevölkerungsreiche Dorf- und Stadtkulturen dringen in den Norden vor und breiten hier neue Lebensweisen aus (etwa Dorfkultur, indogermanische Sprache, Stadtkultur, Christentum ...). Nicht selten brechen die nördlicheren Kulturen dann nach einem kulturellen (und wahrscheinlich jeweils auch genetischen) Anpassungsprozeß schon wenige Jahrhunderte später in gegenläufiger Bewegung zu Eroberungszügen nach dem (ständig "dekadenter" gewordenen) Süden auf.
Also eine Art dialektischer Prozeß.
Bekannt ist, daß unter den Völkern des "Seevölkersturmes" um 1200 v. Ztr. im Mittelmeerraum auch Völkerschaften aus Mitteldeutschland mitgezogen sind, die sich unter anderem im heutigen Palästina angesiedelt haben (siehe frühere Beiträge). Offenbar haben also aus dem mitteldeutschen Raum gleichzeitig Völker sich auch Richtung Norden in Bewegung gesetzt. Wer weiß, welche Unruhen dadurch im Nord- und Ostseeraum ausgebrochen sind. Warum sollen nicht auch hier Völker aufgebrochen sein und sich schließlich am Seevölkersturm im Mittelmeerraum beteiligt haben, wo doch heute gut bekannt ist, daß die kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte zum Mittelmeerraum damals vergleichsweise gut waren? Wir erfahren (6):
Im Tollense-Tal kommen schon seit Jahrzehnten aus dem Aushub von Flußbaggerungen immer wieder hübsche Bronzefunde ans Tageslicht: Gefäße wie Fibeln und Gürteldosen, zudem Werkzeuge wie Beile und Sicheln. (...) Einige wurden in der Region hergestellt, andere stammen aus weiter entfernten Gebieten wie dem Erzgebirge und dem Ostalpenraum.Und:
Im Tollense-Tal wurde eine Reihe von Bronzenadeln entdeckt, wie sie in der Älteren Bronzezeit im heutigen Schlesien, 400 Kilometer südöstlich der Fundstelle, in Mode waren. Der Verdacht erhärtet sich mit jedem weiteren Fund: Hier, inmitten der Idylle, tobte ein Nord-Süd-Konflikt.Allerdings will einen der wichtigste Hinweis für diese These, nämlich daß die Knochen der Gefallenen auf C4-haltige Pflanzennahrung hinweisen und deshalb aus dem Süden stammen, weil ("nur"?) dort Hirse angebaut worden sein soll, zumindest in der Kürze, in der diese in diesem Artikel gebracht wird, noch nicht recht überzeugen: Denn auch im Ostseeraum haben doch damals die Menschen von Hirse gelebt?
Man darf in jedem Fall auf weitere Erkenntnisse sehr gespannt sein.
_____________1. Bading, Ingo: 1.250 v. Ztr. - Die Schlacht von Altentreptow. Auf: Studium generale, 8.10.2008.2. Bading, Ingo: Schlacht mit Holzknüppeln in der Ostsee-Region, 1250 v. Ztr.. Auf: Studium generale, 13.10.20083. Gründler, Karl F.: Sie schlugen sich mit Holzkeulen die Köpfe ein. Ein Schlachtfeld der Bronzezeit an der Tollense in Mecklenburg. Tagesspiegel, 03.09.2009 [17.1.10]
5. Bading, Ingo: 1.200 v. Ztr. - Vergleichsmöglichkeiten von Schlachten in Mecklenburg und Ägypten. Studium generale, 16.8.20116. Franz, Angelika: Gemetzel im Tollense-Tal. In: Bild der Wissenschaft, 4/2012, S. 80 - 85