120. Sagbar oder unsagbar

„STOP“ – zwei Gedichte in Ulrike Almut Sandigs Gedichtband enden mit diesem Warnhinweis. In beiden Fällen verweigert das Verkehrszeichen eine vom Text nahegelegte ungeheuerliche Aussage; „hier fängt alles neu STOP“ heißt es am Ende des Gedichts „Angesehen werden“, in dem von dem Ort gesprochen wird, wo 1938 die Juden in Leipzig zusammengetrieben wurden, ehe sie nach Buchenwald transportiert wurden. Ein Gedenkstein, der aus der Gesteinsart Diabas besteht, erinnert daran, und „Diábasis“ bedeutet so viel wie „Übergang“, „Durchgang“; „hier ist der Durchgang, hier fängt alles neu STOP“ – nein! Das darf nicht sein! Vor einer Fortsetzung des Satzes wird gewarnt.

Dieses Gedicht ist zwar nicht im Hinblick auf seine inhaltliche Brisanz, wohl aber auf die ihm zugrundeliegende Verfahrensweise kennzeichnend für Ulrike Almut Sandigs Gedichte: Sie haben es immer wieder mit dem zu tun, was im Gedicht sagbar oder unsagbar ist. „nein, es geht nicht um dich“, so beginnt ein Gedicht, in dem es dann heißt: „es geht um alle Sachen / die aussprechbar sind“. Aber im Ausgesprochenen wird das Unaussprechliche stets mitzitiert; und also auch das Du. / Wulf Segebrecht, FAZ 29.7.

Ulrike Almut Sandig: „Dickicht“. Gedichte. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2011. 100 S., geb., 16,95 Euro.



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