117. „Gott behütet/ die Dichter nicht“

Die suggestive Lakonie seiner Erzählungen und Gedichte kommt damit auch den Essays zugute – in keiner Zeile wird geeifert oder geschwätzt. Denn niemals verbirgt der von ostdeutscher Landschaft so fundamental geprägte Autor die Brüche – und nicht die Notwendigkeit, mitunter eben solche Brüche herbeizuführen. In seinem Gedicht „Die Tauben von Weimar“ etwa heißt es: „Hier liefen/ sie/ um die Brunnen/ und fraßen Bockwurstreste// Hier lief/ ich/ davon mit /siebzehn/ riss ab/ von den Wegen der Gemeinschaft“

Von Joseph Brodsky stammt das Diktum: „Ästhetik ist Ethik.“ Utz Rachowskis Texte beweisen das in geradezu atemberaubender Eindringlichkeit, die keinen Platz lässt für hohle Rhetorik. Wohl aber für ein Selbstbewusstsein, das man nicht allein vor 1989 auch anderen (ost)deutschen Schriftstellern gewünscht hätte: „Chinesischer Türhütergott. Schlagt an den Pfosten/ ihn ruhig.// Es ist ohnehin nur Schein.// Denn Gott behütet/ die Dichter nicht// und vor ihnen/ schützt auch// kein Gott.“ / Marko Martin, Märkische Allgemeine

Utz Rachowski: Beide Sommer. Leipziger Literaturverlag, 123 Seiten, 14,95 Euro.



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