117. Der Raubbau

Von Lnpoe

Günther ist einer, der hinschaut, wenn es ihm weh tut. Er sieht die Glückssucher beider Geschlechter. Und wenn sie das Glück gefunden haben, sind es zumeist die Männer, die es nicht lange aushalten. Das Personal in Günthers Gedichten führt ein beschädigtes Leben, beschädigt von außen und innen. Der Raubbau beginnt früh; Kinder werden für die Hackordnung reif gemacht. Eine Familie löscht sich aus. Für den Schreiber sind das keine Sensationen, sondern der erschreckende Alltag. Trotzdem befindet sich in dem Buch eine großartige Liebeserklärung.

Ein neueres Gedicht heißt »Kundschaft«: »Manch einer will die/ harten Sachen./ Den nackten Schrei, / roh und brutal wie/ ein Verkehrsunfall mit/ Toten. // Ein anderer hat es/ gern subtil/ und zwischen den/ Zeilen. Weder klar noch deutlich. Stets/ ein bißchen hintenrum. // Und ein dritter/ sucht den hohen Ton./ Das Prätentiöse./ Den ausgestreckten/ Zeigefinder/ in der Wunde. // Doch sie alle sind/ nur Kunden. // Auf der Suche nach/ sich selbst/ durchwühlen sie/ deine Zeilen wie einen Korb voll/ schmutziger Wäsche. // Und wenn sie/ sich nicht finden, bist/ du schuld.« / Robert Mießner, junge Welt

Florian Günther: Ausgemistet – Gedichte 1989-2011. Verlag Peter Engstler, Ostheim 2011, 336 Seiten, 16.90 Euro* Mit einem Nachwort von Hermann Peter Piwitt