# 112 - Ein irrer Killer terrorisiert London

Von Inadegenaar

Die Taktik: Feuer mit Feuer bekämpfen

Detectiv Sergeant Brant ist das genaue Gegenteil dessen, was sich der Bürger unter einem Polizisten vorstellt: Er säuft bis zum Umfallen, ist kinderleicht korrumpierbar und ganz sicher nicht der Typ Mensch, den man sich als Schwiegersohn wünscht. Der Krimi Brant des irischen Schriftstellers Ken Bruen ist nach den Titeln Füchsin und Kaliber der dritte Band der in London spielenden Romanreihe um den Polizeibeamten Tom Brant.

Polizeiarbeit eines unsympathischen Ermittlers

Brant muss sich wieder einem ungewöhnlichen Fall widmen: Ein Unbekannter ruft Chefreporter Dunphy des Käseblattes  Tabloid an, um ihm mitzuteilen, dass er vorhat, Polizisten zu ermorden. Er bräuchte jetzt nur noch einen Tipp, wie viele es insgesamt werden sollten. Dunphy wittert seine berufliche Chance und denkt nicht im Traum daran, die Polizei zu informieren. Was noch niemand weiß: Bei diesem Typen handelt es sich um einen kokainsüchtigen Verrückten, der auch zu Wodka oder Red Bull greift, wenn gerade kein Koks zur Hand ist. So geistig unterbelichtet Barry Weiss auch ist, er meint seine Drohung todernst. Er giert nach Aufmerksamkeit und will unbedingt in die Zeitung oder noch besser: ins Fernsehen. Und dann summiert sich Barrys Bullenhass auf: Durch den Hinweis eines örtlichen Streifenpolizisten wird die Steuerfahndung auf seinen Marktstand an der Waterloo Station aufmerksam, was ihn sein Geschäft kostet. Dann verliert er nach der Anzeige eines Verkehrspolizisten wegen Trunkenheit am Steuer seinen Führerschein, und als ob das noch nicht reichen würde, taucht eine schwarze (!) Polizistin bei Barry auf, weil die Nachbarn sich über ihn wegen Lärmbelästigung beschwert haben, und liest ihm die Leviten. Zum Schluss dann quasi das Sahnehäubchen der polizeilichen Verfolgung: Als Barry gerade aus der Kneipe kommt, erleichtert er sich an der Mauer einer Kirche. Die Folge: Verhaftung wegen öffentlichen Ärgernisses. Das Maß ist voll. Barry will sieben Polizisten töten. Der achte soll erst ganz zum Schluss an die Reihe kommen: Brant. Der hatte Barry vor ein paar Jahren in einer Billardhalle mit einem Queue niedergeschlagen, als er ein paar Pakistani aufmischen wollte. Mit einem Fußtritt hatte Brant Barry vor die Tür befördert und vorher daran gedacht, dem Krawallmacher eine Billardkugel zwischen die Kiefer zu schieben. Für Brant muss es etwas ganz Besonderes, etwas Spektakuläres sein.

Wenn man erstmal dabei ist, geht es ganz leicht

Die erste Polizistin erschießt Barry buchstäblich im Vorbeigehen auf der Straße. Niemand hält ihn auf. Kurz darauf erschießt er einen Streifenpolizisten, noch ehe der sein Fahrzeug verlassen kann. Auch diese Aktion kommt so unvermittelt, dass Barry unbehelligt in den nächsten Bus steigen kann. Doch Brant, der die Polizistenmorde aufklären soll, arbeitet nicht mit klassischen Mitteln. Er nutzt sein Spitzelnetzwerk und bekommt schon bald einen ersten, aber noch vagen Hinweis auf Barry Weiss.
Barry macht derweil Inventur und merkt, dass ihm die Munition ausgegangen ist. Doch es geht doch nichts über einen guten, schweren Hammer. Der wird dann auch gleich für den nächsten Mord an einem pensionierten Streifenpolizisten eingesetzt: Barry erschlägt den Alten brutal in seiner Wohnung, die er dann in Brand setzt, um die Spuren zu verwischen. Bei diesem Überfall erbeutet er zufällig etwas Wertvolles: das Adressbuch des Toten, in dem sich eine ganze Reihe von Privatanschriften Londoner Polizisten befindet - auch die von Tom Brant. Er ahnt noch nicht, dass man ihm auf der Spur ist, auch wenn die Ermittlungen eher in Trippelschritten vorangehen. Barrys durch Drogen und Alkohol vernebeltes Hirn und sein übersteigertes Ego verhindern eine klare Sicht auf die Realität. Das Schicksal, das auf ihn wartet, ist mindestens so gnadenlos wie er selbst.

Wie war's?

Brant gehört in die Kategorie der Crime Noir, die sich durch eine düstere Grundstimmung und ein unklares Ende auszeichnet. Die Personen - allesamt Menschen, die ein ganzes Stück von dem entfernt sind, was man als "normal" ansehen würde - sind charakterlich klar gezeichnet, im Laufe der Handlung wird nichts beschönigt. Den Ekel bei besonders blutigen Szenen gibt's obendrauf. Trotz der finsteren Grundstimmung sind da jedoch immer wieder hoffnungsvolle Momente, die wie ein dünner Lichtstrahl die Düsternis zerteilen: Ein sehr gegensätzliches Paar findet sich, einem frisch verwitweten Polizisten wird beigestanden, indem man mit ihm nicht nur zur armseligen Beisetzung seiner verstorbenen Frau geht, sondern mit ihm gleich danach zu einem Saufgelage aufbricht.
Dieser Krimi gehört in eine Kategorie, über die man sagen könnte "Muss man mögen". Dass Brant Geschmackssache ist, trifft in besonderem Maße zu. Das Buch ist es auf jeden Fall wert, sich diesem Genre einmal zu nähern.
Brant ist im Polar Verlag erschienen und wurde mir von bloggdeinbuch zur Verfügung gestellt. Der Titel kostet als Klappenbroschur 16 € und als epub- oder Kindle-Edition 10,99 €.