Noch immer weiß Marcus Roloff nicht recht, was passiert, wenn das Schreiben beginnt. „Es sind Einfälle, ein besseres Wort gibt es da nicht, und dann beginnt das Arbeiten.“ Eines aber sei klar. Gedichte seien weder Abbild der äußeren Wirklichkeit noch Abbild der inneren Wirklichkeit eines Dichters. Dieser dürfe niemals Antworten im Bauchkasten vor sich her tragen. Denn der lyrische Text sei alles andere als gesichertes Wissen. „Er verkleidet sich als Aussagesatz, ist aber eine Frage.“
Gesammelte Fragen liest Roloff morgen [am 2.3.!] im Hessischen Literaturforum im Frankfurter Mousonturm, zusammen mit Buchpreisträgerin Kathrin Schmidt. Als „chronotopische Gedichte“ bezeichnet sie seine Texte und findet für den vom sowjetischen Kulturtheoretiker Michail Bachtin geprägten Begriff des Chronotops gleich im Anschluss eine wunderbare deutsche Wendung: Ein „Weltzeitbild“ entstehe in Roloffs Gedichten; eines, das es in sich habe. Tatsächlich kann es Roloff in „Mein Gleiwitz“ um einen Morgen in den Sommerferien gehen, an dem über das Schulgebäude neben dem Kinderzimmerfenster und Schülerspiele mit Wasserpistolen plötzlich der sommerliche deutsche Überfall auf Polen ins Spiel kommt. / Florian Balke, FAZ.net