110. Komplex und flexibel

José Kozers Prolog ist eine angemessene Einleitung in diese atemberaubende Serie von 64 Gedichten, die alle den gleichen Titel tragen: “Ein sechzigjähriger Mann schreibt ein Gedicht und nennt es Anima. Tage später schreibt er eins in ähnlichem Ton und nennt es Anima, da bemerkt er, daß er eine Serie von Gedichten angefangen hat, die alle den gleichen Titel haben müssen.” …

In der spanischsprechenden Welt gilt Kozer seit langem als einer der größten kubanischen Dichter seiner Generation. Er veröffebtlichte 52 Bände Lyrik und Prosa und ist der erste lebende Dichter der Diaspora, von dem ein Buch in Kuba veröffentlicht wurde.

Die Schwerverständlichkeit der Gedichte sollte den Leser nicht irritieren. Für Kozer ist schwierige Lyrik anregend: das Gedicht muß für Komplexität offen sein und flexibel genug, sie auch zu artikulieren. Statt einer klar ablesbaren Botschaft ist es ein poetischer Vorgang oder eine Reise durch verschiedene Materialien. Dies bildet die Erfahrung der Anima. Gestatte dir nicht, diese Gedichte für abstrakte symbolistische Sendschreiben zu halten; sie suchen nur die klarsten Details der Bewegung und Unmittelbarkeit der Welt:

Vermeide Aphorismen, Kozer: jedes allgemeine Gesetzt widerspricht sich selbst.
Glück ist Luft Olivenbäume blühendes Zuckerrohr (der Anblick)
Tabak in Blüten  (rauch nicht)
iß einmal am Tag. 

Stuart Cooke, The Australian

Anima
By Jose Kozer
Translated by Peter Boyle
Shearsman Books, 268pp, $35



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