Weizman hat schlecht geschlafen. Jetzt sitzt er müde vor seinem Kaffee. Er starrt in den Becher.
Das sieht ja wie Schlamm aus, denkt er.
Er hat die Aufgabe übernommen, täglich etwas für die Internetseite eines Kollegen zu schreiben. Der fühlt sich momentan etwas ausgebrannt. Leer. Also hat er Weizman um ein paar Einträge gebeten.
„Schreib einfach über dich“, hat er gesagt.
Pah, denkt Weizman. Als ob das so einfach wäre. Wie soll er anfangen?
Er beugt sich über die Tastatur.
„Mach nicht so einen Buckel!“, herrscht ihn seine Frau an. Sie steht neben ihm. Wie aus dem Boden gewachsen. Trägt den rosafarbenen Morgenmantel. Den hasst er besonders. Sie hebt bedrohlich ihre Augenbrauen. Weizman nickt kurz. Setzt sich so gerade wie möglich hin. Er beobachtet sie aus den Augenwinkeln. Sie schlurft in die Küche. Also sackt er wieder in sich zusammen.
Soll er etwa darüber schreiben?
Sein Kollege hat eine Muse. Nicht einfach eine Frau. Nein, verflucht, der hat sich gleich eine ganze Muse zugelegt. Wie nennt er sie denn nur?
Weizman durchstöbert die Seite. Er muss nicht lange suchen. Seraphe. Was für ein Name!
Beneidenswerter Kerl, denkt Weizman. Und dann denkt er: Ich könnte ein bisschen flunkern.
Er fängt an zu tippen.
Während ich dies hier schreibe, schwebt ein Engel durch den Raum. Meine Frau. Sie lächelt mich an. Ich lächle zurück. Die reinste Form des Einverständnisses zwischen zwei Menschen. Ich habe gut geschlafen. Wild geträumt. Meine Frau tritt an mich heran. Sie flüstert mir etwas ins Ohr. Dann verschwindet sie im Schlafzimmer. Man hat es als Autor nicht leicht. Ständig diese brillanten Sätze formulieren. Den Rest des Tages treibt man es mit seiner Frau. Das ist mein Leben. Ich habe kein anderes.
Weizman überliest seine Ausführungen noch einmal. Das gefällt ihm. Das könnte etwas mit ihm zu tun haben. Er rutscht unruhig auf dem Stuhl hin und her. Hämorrhoiden. Die quälen ihn seit Jahren.
In der Küche ist der Teufel los. Seine Frau hustet sich die Lunge aus dem Hals. Hörte sich an, als würde sie sich jeden Augenblick übergeben.
Worüber soll er noch schreiben?
Es muss die Wahrheit sein, redet er sich ein. Das ist so eine Art öffentliches Tagebuch. Er wird bleich. Der Gedanke erschreckt ihn. Er hält kurz seine rechte Hand vor den Mund. Atmet aus. Überprüft den Mundgeruch. Er zuckt angewidert zurück.
Dann schreibt Weizman weiter. An seinen Augenrändern hängen sprungbereite Tränen.
Habe bereits 100 Liegestütze gemacht. Normalerweise packe ich 200. Wahrscheinlich werde ich krank. Vielleicht bin ich auch vergiftet worden. Verschiedene Geheimdienste sind hinter mir her. Aber sie werden mich nicht bekommen. Aus dem Schlafzimmer schwappt Musik. Also, Welt, ich bin bald wieder für dich da! Aber jetzt ruft die Liebe. Und diesen Ruf kann man nicht einfach ignorieren.
„Bring den Müll runter!“, schreit seine Frau aus der Küche.
„Gleich“, murmelt Weizman.
„Immer heißt es gleich, gleich, gleich. Ich kann das nicht mehr hören.“
Weizman seufzt. Er löscht das Geschriebene. Er wird später etwas schreiben.
Jetzt muss er erst mal die Sache mit dem Müll erledigen.