11. April 2012, Über Gott, die Welt, nicht über das Nashorn, auch nicht über Döblin, 5.52 Uhr

Kaffee, Zigarette. Wirre Träume, die mich in einer Buchstabensuppe ersaufen ließen, erschlagen von riesigen Ms und Os, die rot und grün, von der Seite auf mich einstürzten und mir keine Chance ließen.
Aufgeschreckt. Blick zur Seite. Seraphe, die etwas flüsterte. Augen zu. Konzentrieren. Du musst schlafen. Abgleiten ins Reich der Träume, die mir einen nicht gerade eben unbekannten Schriftsteller aus Österreich zeigten, der, ich gehe davon aus, zur Zeit meinen Erzählband liest. Mails trafen vom nicht gerade eben unbekannten Schriftsteller aus Österreich ein, die mich mit Fehlern im Buch konfrontierten. Da waren ganze Sätze, die keinen Sinn mehr ergaben. “Tu Öl in Pfanne ach Holzspan.” Ich sollte zukünftig mehr Wert aufs Lektorat legen, schrieb der nicht gerade eben unbekannte Schriftsteller aus Österreich, ach, dachte ich, das wird die Verlegerin gar nicht gerne lesen.
Heute Morgen ging ich die Seiten rasch durch. Sind ja nur 125. Konnte den Satz nicht finden. Nur ein Traum, nur ein Traum, beruhigte ich mich. Allerdings las ich nur mit einem Auge, da das linke verklebt, den Dienst versagte. Ein Auge sieht viel, aber nicht alles. Werde die Geschichten später am Tag noch mit dem linken Auge durchgehen. Dann erst kann ich ganz sicher sein.
Die Träume der Nacht hängen mir in den Knochen, die schwer im Schreibtischstuhl hängen. Moment! Ein Schluck vom Kaffee. Weiter.
Vom Illustrator Peter Ludwig, mit dem ich bereits ein kleines Projekt beackert habe, kam Nachricht, es könne sein, dass er für die Cover des Evolver-Romans bzw. der Evolver-Romane, die gar keine Romane sind, sondern Erzählungen, zuständig sei. Vielleicht. Zumindest hatte ihn eine Anfrage erreicht. Ob ich etwas damit zu tun hätte? Konnte mich nicht erinnern, bestand aber darauf, ihn natürlich vermittelt zu haben.
Später am Tag Recherchearbeiten, um an meinem Roman über den Autor Arthur Kleiber weiterschreiben zu können. Was heißt hier weiterschreiben? Müsste endlich mal anfangen. Moment. Ein Schluck vom Kaffee. Notiz: Roman beginnen. (Das sollte ich jetzt nicht mehr vergessen.)
Abends schrieb ich meinen Grass-Aufsatz, der die Debatte abschloss, weil ich eingestand, nichts darüber geschrieben zu haben. Ich kann es hören: “Hast du das gelesen?” – “Was?” – “Rohm hat nichts über den Fall Grass geschrieben.” – “Dann lassen wir es auch.” – “Hast ja recht.”
Im Laufe des Tages müsste von Sina Hawk ein Aufsatz mit dem Titel “Warum Guido Rohm schon immer da war und nie gehen wird und warum ich jetzt darüber schreibe oder: Fliegenpein am Drosselbach” erscheinen. Wenn nicht … Moment. Schluck vom Kaffee. Notiz: Sina Hawk nicht zum nächsten Geburtstag einladen, falls Huldigungsaufsatz nicht erscheint.
Das war es. Werde mich jetzt hinlegen und schlafen. Werde später vielleicht schreiben, mit Mundwasser gurgeln oder mich in die neuentdeckte Ecke hocken. (Entdeckte die Ecke gestern beim Sitzen und Nachdenken über Kleiber. Was ist denn das da?, dachte ich. Sagte: “Kennst du die Ecke?” Serpahe schüttelte den Kopf und sagte: “Du solltest mehr arbeiten, die vielen Pausen schaden deinem Geisteszustand.” Ließ mich nicht beirren. “Nein, nein”, sagte ich, “die Ecke dort, die ist nie, ich bin mir sicher, dass ich sie noch nie …”
Alles gehört in ein solches Tagebuch, natürlich auch die Fehler und … Moment. Schluck vom Kaffee. Notiz: Fehler in Tagebuch einbauen.
So. Jetzt werde ich warten. Der nicht gerade eben unbekannte Schriftsteller aus Österreich wird mir bestimmt bald schreiben. Ich habe Zeit, werde warten, werde Mails abrufen. Jetzt. Nichts. – Jetzt. Nichts.
Er wird schreiben. Bald. Bestimmt.
Jetzt? Wieder nichts. Hm …



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