108. Silvia Schlenstedt gestorben

Zum Tod der Germanistin Silvia Schlenstedt schreibt Georg Fülberth in der Tageszeitung junge Welt:

Die junge Germanistikstudentin versuchte, wie sie sich 2004 in einem Interview erinnerte, »marxistisch zu arbeiten, ohne Lukács zu folgen«. Eine Gegenposition fand sie bei Brecht, über dessen »Svendborger Gedichte« sie promovierte. Literaturwissenschaft hatte für sie eine operative Aufgabe. »Eingreifen«: das galt für beides – die Arbeit der Schriftsteller und ihrer interpretierenden Begleiter. Da dies Kritik und Veränderung bestehender Zustände – auch des Sozialismus, damit er einer werden konnte – bedeutete, mußte das literarische Material Werkzeug sein, das auf Hindernisse stieß. Diese Auseinandersetzung hat die gesamte wissenschaftliche Arbeit Silvia Schlenstedts geprägt. Zusammen mit ihrem Mann, Dieter Schlenstedt, suchte und fand sie die Nähe der jungen Dichter, die zum Aufbau einer neuen Gesellschaft beitragen wollten. »Wir waren fast von Anfang an mit der in den frühen sechziger Jahren neu entstehenden Lyrik verbunden, mit Volker Braun, Karl Mickel, Heinz Czechowski usw. Die kannten wir alle, haben sie interviewt, über sie geschrieben, die waren bei uns zu Hause.« Der Arbeitskontakt reichte über Generationen, bis zu Steffen Mensching und Hans-Eckardt Wenzel.

 



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