Obwohl Octave Mirabeau ihn schon früh in der Zeitung „Le Figaro“ als „belgischen Shakespeare“ feierte, erwarb Maeterlinck seine entscheidenden Verdienste nicht auf dem Gebiet des Theaters, sondern auf dem der Lyrik. Der Poesie wohnte für ihn stets etwas Mystisches inne: „Die Dichtung in ihrer höchsten Form hat kein anderes Ziel, als die Wege vom Sichtbaren zum Unsichtbaren offen zu halten.“ Insbesondere seine symbolistische Verssammlung „Treibhäuser“, mit der er 1889 debütierte, regte zahlreiche Avantgardisten von Andre Breton bis hin zu Guillaume Apollinaire an. Hermann Hesse zufolge gefiel sich der Verfasser darin „in der Pose des Decadent“, der „nervös und lüstern nach extravaganten Reizen und raren, künstlichen Sensationen“ haschte. Die Strophen sind geprägt von Melancholie und Schwermut: „Zu einer Glocke von blauem Kristall / werden meine müden Traurigkeiten / und meine dunklen Schmerzen weiten / sich zu Gebilden überall.“ Dieser Ton begeisterte die Expressionisten stark. Gottfried Benn zählte Maeterlinck deshalb zu denen, „die uns beeinflussten, uns banden, aber die wir auch überwinden mussten, um zu uns selber zu gelangen“. …
Ermutigt durch die namhaften Schriftsteller Stephane Mallarme und Auguste Villiers de l’Isle-Adam begann er mit Sprachexperimenten, die ihn in das Reich des Grotesken, Absurden und Abgründigen führten. 1911 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Die Begründung lautete: „Maeterlinck schreibt mit der Vorstellungskraft eines Traumwandlers und dem Geist eines träumenden Visionärs, aber immer auch mit der Präzision eines großen Künstlers.“ Acht Jahre später erhob ihn der belgische König Albert I. in den Grafenstand. / Ulf Heise, Märkische Allgemeine