An der Nummer 54 im Feature 100 DVDs in 100 Wochen wurde unglaubliche neun Jahre gearbeitet: Playtime von Jacques Tati. Aber hat sich der Aufwand auch wirklich gelohnt?
Manche Regisseure verfallen in einen regelrechten Wahn, wenn sie an einem bestimmten Filmprojekt sitzen – so wohl auch der Franzose Jacques Tati. Insgesamt neun Jahre lang wurde an dem Film gearbeitet, allein der Aufbau der Stadt “Tativille” nahm ein halbes Jahr in Anspruch. Wenn man sich vor Augen führt was denn da alles so aufgebaut wurde, ist das nur allzu verständlich: 50.000 Kubikmeter Beton, 1.200 m² Glas, dazu noch Fassaden auf Schienen – und das alles für das perfekte Spiel mit Perspektiven. Tati meinte sogar später, er habe mit “Tativille” das Pariser Büroviertel „La Defense“ erfunden. Tja, soviel also zum Genie und Größenwahn eines Mannes – aber worum geht’s denn eigentlich in Playtime?
Wir sehen eine amerikanische, weibliche Touristengruppe und Monsieur Hulot (Jacques Tati) am Pariser Flughafen ankommen. Hulot hat anscheinend einen wichtigen Termin in der Stadt, zu dem es aber niemals kommen wird. Nach Stunden des Wartens und Herumirrens in den riesigen Glaskomplexen, begegnet er einem alten Freund. Bei der Restauranteröffnung des Royal Garden geht schließlich so einiges schief – Hulot zerbricht die Eingangstür und so nach und nach gerät die gesamte Party außer Fugen. Die Gäste tanzen munter weiter, obwohl das Restaurant immer mehr in sich zusammenfällt – schließlich stimmen sie sogar „A la Bastille“ an – das Royal Garden wird der 14. Juli. Und da wäre noch die zarte Liebesgeschichte zwischen Hulot und einer der Touristinnen, welche aber ein jähes Ende findet.
Was soll ich zu Playtime sagen? Im Laufe meines Studiums hatten wir einige französische Filme natürlich auf dem Studienplan, aber 119 Minuten dieser Art sind mir noch nicht untergekommen. Für wahre Cineasten mag der Film wohl eine radikale Gesellschaftskritik darstellen – eine Stadt die vor lauter Beton, Glas und Stahl kein Gesicht mehr hat und sich die Wahrzeichen Paris‘ nur in den Gebäuden spiegeln. Und sicher, Tati wurde im Jahr 1967 wohl von den Kritikern nicht verstanden, so wahnwitzig, so eigen war seine Ästhetik.
Doch wie so oft, ist genau das der springende Punkt. Eine Zeit lang ist es interessant und durchaus einen neue Erfahrung für unsere Sehgewohnheiten, doch nach schon einer halben Stunde wird Playtime leider mühsam. Das liegt vor allem darin begründet, dass man niemals einen richtigen Dialog hört – das Gemurmel und Brummen der Stadt ist der Ton. Sicher, auch das ist eine ganz eigene Ästhetik und unterstreicht noch einmal die Geschichte, doch für die Konzentration ist es mehr als hinderlich.
Daher meine Empfehlung: Schaut man sich Ausschnitte an, so ist Playtime sicher ein ganz interessanter Film – doch als abendliche Vergnügung wohl mehr als ungeeignet.
Das nächste Mal geht es weiter mit Lars von Trier’s Breaking the Waves.