Nummer 33 im Feature 100 DVDs in 100 Wochen ist ein wahrer Kultfilm: Harold und Maude von Regisseur Hal Ashby aus dem Jahr 1971.
Die Story ist genauso schräg wie das Leben des Regisseurs und die Umstände, unter welchen der Film produziert wurde … aber alles der Reihe nach. Der im Wohlstand großgewordene Harold (Bud Cort) ist vor allem eines: gelangweilt. Einzig vom Tod fühlt er sich hingezogen und so inszeniert er nicht nur ständig neue Selbstmorde, welche seine Mutter mittlerweile nicht mehr schocken, sondern eigentlich nur noch nerven, er besucht auch regelmäßig Beerdigungen fremder Leute. Auf einer solchen lernt er schließlich die kurz vor ihrem 80. Geburtstag stehende Maude (Ruth Gordon) kennen. Maude genießt ihr Leben in vollen Zügen, nimmt sich was sie gerade braucht (in den meisten Fällen schnelle Autos), und gewinnt jeder Situation etwas Positives ab. Obwohl Harold’s Mutter fest entschlossen ist, ihrem Sohn endlich eine Frau an die Seite zu stellen, die er heiraten kann, verliebt sich dieser in die 60 Jahre ältere Maude. Und für ein paar Tage, sind die beiden eines der romantischsten, wenn auch schrägsten, Paare der Filmgeschichte.
Nach den 88 Minuten Laufzeit ist mir klar, warum Harold und Maude zu den Kultfilmen gehört. Der Film ist nicht nur ein herrlich schräger Hippiefilm, er vereint auch die Kritik gegen Konsum und dem schönen Schein der reichen Gesellschaft mit den modernen, ziemlich schrägen und gerade deswegen so herzerwärmenden Eigenschaften und Ansichtsweisen einer alten Frau. Mehr Absurdität in einem Film zu packen ist nahezu unmöglich. Vielleicht liegt das aber auch an dem Leben des Regisseurs. Hal Ashby kam 1929 als jüngstes von vier Kindern in einer mormonischen Familie zur Welt.
Als er zwölf Jahre alt war, brachte sich sein Vater um und er fand die Leiche (womit wohl die schrägen Selbstmordinszenierungen Harold’s einen noch absurderen Touch bekommen dürften). Mit knapp 20 Jahren ließ er sein altes Leben hinter sich und ging nach L.A., wo er sich von einem Hilfsjob zum begehrten Cutter hocharbeitete. Als er schließlich die Regie bei Harold und Maude übernahm, Drehbuchautor Colin Higgins war laut DVD-Innenseite noch zu jung, wurde gelogen was das Zeug hielt. Dem Front Office wurde einfach nicht erzählt, dass sich in diesem Film ein 18-jähriger in eine bald 80-jährige Frau verliebt – Gott sei Dank, denn sonst wäre der Film wohl nie entstanden.
Obwohl der Film wirklich viele Interpretationsmöglichkeiten bietet (so etwa Harold’s „2. Geburt“ durch ein Tastsinn-Kunststück von Maude), so lohnt es sich Harold und Maude einfach mal ohne viel Hintergedanken auf sich einwirken zu lassen. Über unterschiedliche Weisheiten und Szenen zerbricht man sich danach ohnehin genug den Kopf. Als Beispiel mag Maude’s Metapher zum Leben dienen: Wenn man sein Leben nicht lebt, so hat man nach dem Spiel in der Umkleide nichts zu erzählen, und das wäre doch wirklich schade, oder?
Daher meine Empfehlung: Harold und Maude gehört wohl zu den absurdesten und gleichzeitig witzigsten Filme die ich seit langem gesehen habe. Das schräge Paar ist wirklich sehenswert und man kann gleichzeitig auch für sein eigenes Leben ein bisschen von Maude’s Carpe-diem-Einstellung mitnehmen.
Das nächste Mal geht es weiter mit Federico Fellini’s Das süße Leben.