Veröffentlicht am 30. April 2014 | von Jeannine Riepl
0100 DVDs in 100 Woche: Fitzcarraldo
Runde sieben in 100 Filme in 100 Wochen - und dieses Mal bin ich mit einem ziemlich kuriosen und gewaltigen Film konfrontiert: Werner Herzog’s Fitzcarraldo mit Klaus Kinski in der Hauptrolle.
Ich wurde schon im Vorfeld gewarnt: „Du musst dir unbedingt alles zu diesem Film was du im Netz findest durchlesen“, „Klaus Kinski und Werner Herzog – eine unglaubliche Kombination“ und so weiter. Also stehe ich dieses Mal gar nicht unter Druck, finde ich gut. Somit lege ich die DVD ein und schaue mal was passiert. Die Recherche erledige ich erst im Anschluss – wegen Vorurteilen und so.
Kurz mal zum Inhalt: Brian Sweeney Fitzgerald, genannt Fitzcarraldo (Klaus Kinski) träumt von abendländischer Kultur und großer Oper – und das mitten im Amazonas-Urwald. Besessen von der Vorstellung, Verdi in dieser Gegend zu zelebrieren, sucht er Finanziers um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Die richtig fetten Fische sind übrigens Kautschuk-Barone, die Geld wie Heu haben und seine Idee ganz amüsant finden. Eine gute Freundin (Claudia Cardinale) verschafft ihm die Kohle und schon geht es ans Werk. Mit einem riesigen Dampfer muss er von einer Flusshälfte zur nächsten – leider steht allerdings ein Berg in der Mitte, also heißt es diesen zu überwinden. Warum das Ganze? Auf der anderen Seite liegt ein noch nicht ausgebeutetes Kautschukfeld, welches den gewünschten Ertrag zum Bau der Oper liefern soll. Und ja, ihr könnt es euch schon denken, das geht natürlich gehörig schief.
Ich und die Oper führen ja eine zwiegespaltene Beziehung – man versteht nie was die Leute auf der Bühne singen und mir ist das alles ein bisschen zu viel des Guten. Aber egal, darum soll es ja auch nicht gehen, aber nur zur Erklärung warum ich das gesamte Unterfangen an und für sich schon in Frage stelle. Das erste, was mich sehr irritiert, ist die Physiognomie Kinskis: Unglaublich wie dieser Mensch ausschaut – also auch allgemein, nicht nur in Fitzcarraldo. Vor allem als er wie ein Wahnsinniger auf den Glockenturm in dem „Dorf“ (dieses besteht eigentlich aus heruntergekommenen Baracken und ganz viel Gatsch) herumturnt und schreit „Ich will meine Oper haben“, muss ich das erste Mal ein bisschen schmunzeln. Man stelle sich vor, dass macht heute jemand im Amazonas-Urwald – oder irgendwo anders, ist eigentlich egal. Kommen dann die Leute aus dem Dorf mit Heugabeln und Fackeln, um den unheimlichen Glöckner herunterzubekommen? Oder holt man dann gleich die Feuerwehr oder die Cobra-Spezialeinheit? Ist wohl von Gegend zu Gegend unterschiedlich.
Nichtsdestotrotz gelingt es Fitzcarraldo zu Geld zu kommen und nun ist er dabei, seine Crew für das Vorhaben zusammenzustellen. Und die kann sich sehen lassen, da sind sämtliche Piraten aus dem Hause Disney ein Witz dagegen. Der Kapitän sieht nicht mehr allzu gut, der Koch ist ständig besoffen, zwei Damen sind auch dabei (leichte Beute für die restliche Crew) und die anderen sind, naja, auch nicht unbedingt ein Ausmaß an Kompetenz und Arbeitsfreude. Jedenfalls macht sich diese Crew auf dem Weg zu der Stelle, an welcher die beiden parallel laufenden Flüsse sich am nächsten kommen. Doch bevor man soweit ist, haut noch 90% der Crew ab – irgendwas wegen böser Geister und so, jaja, dieser Aberglaube bei den indigenen Völkern – aber egal, trotzdem geht es weiter.
Denn ein anderes Indianer-Volk (pardon für den Ausdruck, aber ich halte mich da ganz an dem Film) steht komischerweise bereit, um den wahnwitzigen Vorhaben Hilfestellung zu leisten. Und dann geht es auch schon daran, alles in die Wege zu leiten um den Dampfer über den Berg zu ziehen. Das wirklich Groteske daran: Da sind wirklich keine Special Effects am Werk, das ist real. Also Werner Herzog hat in seinem Größenwahn wirklich einen Dampfer (!!!!) über einen Berg (!!!) ziehen lassen! Himmel – das hat wirklich finanzielle Unterstützung gefunden, also eh von der Werner Herzog Filmproduktion getragen, aber dennoch! Und wir scheißen uns derzeit wegen Hypo und keine Ahnung was noch allem an – das sind ja Peanuts gegen sowas. Mit diesem Wissen finde ich die Szene deswegen noch unglaublicher – dafür wurden ernsthaft im Urwald Bäume gefällt – klimatechnisch absolut verantwortungslos, diese 80er Jahre.
Als der Dampfer dann tatsächlich wortwörtlich über den Berg ist, passiert auch schon das nächste Unglück. Die Indianer binden in der Nacht den Dampfer los, dieser gerät in die fürchterlich gefährlichen Stromschnellen und aus ist es mit dem Traum vom Kautschukfeld. Das Schiff ist kaputt, aber Fitzcarraldo schafft es trotzdem seine geliebte Oper zu hören, wenn auch direkt auf einem Schiff. Also Ende gut, alles gut, oder so. Übrigens: Klaus Kinski war nicht unbedingt der Einfachste am Set und hatte sehr oft unglaubliche Wutausbrüche. Als die Dreharbeiten zu Ende waren, baten die mitarbeitenden Indianer Werner Herzog sogar an, Kinski zu töten. Das hat dieser zwar nicht in Anspruch genommen, aber wer weiß, wie groß die Versuchung war.
Meine Empfehlung: Wer sich gesattelt mit dem Wissen rund um Fitzcarraldo eine wahnwitzige Idee in der Umsetzung ansehen möchte, dem sei der Film ans Herz gelegt. Und auch sonst gibt es einige wirklich schöne Szenen, die ich hier zwar nicht näher ausführen will, aber ich bin mir sicher, dass es sich lohnt, 151 Minuten seines Lebens in diesen Film zu investieren.
Nächstes Mal geht es weiter mit Die drei Tage des Condor.
Tags:100 DVDs in 100 Wochen
Über den Autor
Jeannine Riepl Aufgabenbereich selbst definiert als: Background-Infosammlerin im Bereich Film und TV. Findet dass “Keine Feier ohne Geier” einer der witzigsten Sätze in der Geschichte des Disney-Films ist.