1. Kreativ-Wochenende in Bad Reichenhall

1. Kreativ-Wochenende in Bad Reichenhall

Ziemlich genau 20 Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal in Bad Reichenhall bzw. in der Region um den Chiemsee Urlaub gemacht habe. Damals besuchte ich, noch als Döppken, den Kurort Bad Reichenhall, die Herren- und Fraueninsel im Chiemsee und das Salzbergwerk in Berchtesgaden. Aufmerksamen Lesern mit etwas Grundwissen über Bayern dürfte aufgefallen sein, dass das Titelbild ist aus Berchtesgaden, nicht aus Bad Reichenhall stammt. Der Symbolcharakter bleibt aber.

Was bewegt mich so viele Jahre später dazu, wieder in diese Region im Süden Deutschlands zu reisen? Als ich 2008 dieses Blog eröffnete, versuchte ich ein Oberthema für diese Webseite zu finden. Das Themenspektrum auf Musik und Kultur zu begrenzen erschien mir wenig geschickt, auch wenn sich hier nach 6 Jahren ein Schwerpunkt auf Musik abzeichnete. Die Einladung zu einem Kreativwochenende inkl. einer Fachtagung zum “Zukunftspotential Kreativität” in Bad Reichenhall passten hervorragend zu allem, was ich hier an Inhalten vorstelle. Kreatives, ohne Beschränkung auf ein Medium mit dem die Kreativität präsentiert wird.

Die Kunstakademie Bad Reichenhall hatte für den Zeitraum vom 09.-12. Oktober zum in die Kreisstadt eingeladen. Was ist Kreativität? Wodurch zeichnet sie sich aus? Ist Kreativität nur noch ein Begriff, der etwas schwer greifbares durch einen Oberbegriff bündeln soll? Diese Fragen wurden im Rahmen der Fachtagung von Referenten mit den Schwerpunkten Trendforschung, Philosophie, Kunst, Musik, Psychologie und Journalismus diskutiert und Entwicklungen in den einzelnen Bereichen vorgestellt und kritisch hinterfragt. Was ist also in den 4 Tagen in Bad Reichenhall alles passiert?

Kultur

Tradition ist ein großes Thema für den Reichenhaller Raum. Das Salzvorkommen hat aus dem Bauland eine wichtige Industriestadt gemacht. Viele historische Gebäude, der in die Zukunft gerichtete Blick und das kreative Aufkommen in der Kunstakademie sowie die Bad Reichenhaller Philharmonie nehmen die traditionsreiche Geschichte der Stadt auf, wirken dabei aber keineswegs altbacken. Der Blick in die Alpen, die Hotels, Restaurants, Konzerthallen und Museen und ein Besuch der Rupertus Therme mit Schwimmbecken inkl. Alpenpanorama bieten genug Programm für eine ganze Woche Urlaub. Trotz des straffen Programms, blieb genug Zeit für Schweinebraten und Klöße, ein kühles Bier in der Hütte auf dem Predigtstuhl, einem der Restaurants oder in einem der Biergärten im Ort.

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Kunst

In den Räumen der alten Saline ist die 1996 gegründete städtische Kunstakademie untergebracht. Die Leitung des Hauses hat seit Anfang 2014 Dr. Brigitte Hausmann. Als Kunsthistorikerin und erfahrene Kuratorin koordiniert und plant sie Ausstellungen und ist mit verantwortlich für die Organisation des Kreativwochenendes. Wunsch der Akademie ist es, durch solche Veranstaltungen die führende Position der Einrichtung im Bereich der Erwachsenenbildung auf dem Gebiet bildende Kunst zu halten. Für mich ist es gut vorstellbar, dass Künstler sich in Räumen des historischen Bauwerks wohlfühlen und die Mischung aus Alt und Neu in die kreative Arbeit einfließen zu lassen. Die Ankündigung eines ersten Kreativwochenendes lässt hoffen, dass eine Fortsetzung geplant ist.

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Natur

Mit 1614 Höhenmetern liegt der Predigtstuhl genau zwischen den angrenzenden Gipfeln des Karkopfs (1738m), dem Dreisesselbergs (1680m) für eine tolle Aussicht auf Seen und die Alpenkulisse reicht es aber vollkommen. An zwei Tagen hatte ich die Möglichkeit mit der Original erhaltenen Predigtstuhlbahn auf den Gipfel zu fahren. Diese Großkabinenseilbahn wurde am 01. Juli 1928 in Betrieb genommen und befördert nach wie vor mit dem originalen Drahtseil Touristen und Einwohner bis zur Bergstation.

Innerorts lohnt es sich, einen Blick in den Königlichen Kurgarten zu werfen. Der Alpen-Blick vom Hotelbalkon am Morgen, entschädigt für die eine oder andere Wolke am Nachmittag. Das Wetter hat sich aber am gesamten Kreativwochenende sehr tapfer gehalten. Als Freund der Berge und des alpinen Panoramas, hätte ich sehr gerne noch mehr Zeit in den Bergen, oder an der Saalach verbracht, so bleibt mir eben ein Programmpunkt für einen nächsten Besuch.

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Fachtagung

Musik und Kreativität

Die Fachtagung startete mit dem Thema Musik und Kreativität. Nach einem vorfreudigen Blick auf das Programm erhoffte ich mir von diesem Tag sehr viele Ideen und Denkanstöße. Wie stark philharmonische Musik den Kurort Bad Reichenhall prägt, wurde im Bericht über das Schaffen der Bad Reichenhaller Philharmonie deutlich. Seit über 140 Jahren besteht und musiziert im Staatsbad ein sinfonisches Orchester. 40 Musikerinnen und Musiker erhalten bis heute als einziges deutsches Philharmonisches Kurorchester und vor allem in Form eines gemeinnützigern Vereines ein traditionelles Gut, dass nur durch den besonderen Einsatz jedes einzelnen bestehen kann. An mehreren Abenden präsentierte sich das Orchester in der Konzertrotunde am Königlichen Kurgarten, einen Abend auch mit Shinji Komaki als Solist am Fagott.

Der inhaltliche Einstieg in das Thema, erfolgte mit einem Vortrag von Prof. Dr. Karl-Heinz Brodbeck. Eigentlich tätig als Dozent an der FH Würzburg-Schweinfurt referierte er im Rahmen der Fachtagung, wie wichtig Musik für Kommunikation ist. Das Sender-Empfänger Modell, ein Klassiker der Kommunikationstheorien, funktioniert nach seiner Aussage bei Musik nicht. Das wichtigste Stichwort im Bezug auf Musik und Kreativität ist laut Brodbeck die “Achtsamkeit”. Sicherlich auch ein großes Thema an diesem ganzen Wochenende.

Musik – Es wird viel gehört, zu wenig verstanden! -Prof. Dr. Karl-Heinz Brodbeck

In einem weiteren Vortrag empfahl Prof. Dr. Holger Noltze, Professor für Musik und Medien an der Universität Dortmund, sich mit Kreativität zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Das Ergebnis dieses Prozesses sei ein Anstieg der Kreativität. Eine Aussage, die ich sehr wichtig und richtig finde. Musik als Spiel mit Kreativität.

Kreativität und Kreativitätsforschung

Wie viele Gesichter hat Kreativität und wie geht die Forschung damit um? Prof. Dr. Rainer Holm Hadulla aus Heidelberg, eröffnete den inhaltlichen Teil des zweiten Fachtages. Er selbst sieht Kreativität Grenzüberschreitung. Als Beispiele dafür benennt er Jim Morrison oder Mick Jagger und deren Umgang mit Lyrik.

“Nicht nur Ideen haben, auch mal Ideen weglassen. Wichtig ist es einzelne Ideen auszuarbeiten.” – Prof Dr. Holm-Hadulla

“Kreativität und Kontigenz – Warum Zufälle uns voranbringen” lautete das Vortrags-Thema von Prof Dr. Wolfgang Welsch, Professor für Philosophie an der Universität Jena. Versucht man vehement Ziele zu erreichen und kommt nicht voran, könnte der kreative Prozess mehr als einen Zufall vertragen. “Zufallsoffenheit” nennt Welsch diese erforderliche Eigenschaft eines jeden Kreativen.

Weg von der puren Theorie und der Frage“Kann man Kreativität lehren?” referierte Prof. Heribert C. Ottersbach, seines Zeichens Künstler und seit 2009 Professor für Malerei und Grafik an der Hochschule Leipzig. Muss ich Kreativität erlernen, oder genügt es sie zu erfahren und ist Erkenntnis nicht erstrebenswerter als Kenntnis?

“Pinsel sind Verlängerungen unsereres Körpers, unserer Glieder.” – Prof. Heribert C. Ottersbach

Als Ökonom und Soziologe am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin und mit einem vielseiten Blick auf Kreativität durch seine langjährige Tätigkeit als Musikjournalist für den bayrischen Rundfunk, bewies Prof. Dr. Michael Hutter einen was seine Fachbereiche angeht, grenzüberschreitenden Blick auf Kultur und Kreativität und stellte fünf Kulturtechniken aus dem siebenjährigen Forschungsprogramm “Kulturelle Quellen von Neuheit” am WZB vor.

“Wissenschaftliche und künstlerische Kreativität zwischen romantischem Geniekonzept und Plagiatsverdacht” lautete das Thema des letzten Vortrages von Prof. Dr. Dr. Ino Augsberg, Inhaber des Lehrstuhls für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht. Der diskutierte den Umgang von Plagiaten und die Schwelle zwischen Kreativität und Plagiat.

Schnupperkurse der Kunstakademie

Der letzte Tag des Kreativwochenendes forderte die eigene Kreativität. In verschiedenen Ateliers konnte am Sonntag mit Künstlern wie Heribert C. Ottersbach, Isabel Kerkermeier, Almut Determeyer, Nicoletta Kellner und der Fotografin Kirsten Johannsen die eigene Kreativität auf die Probe gestellt und die Ergebnisse aller besprochen werden.

Was bleibt?

Vielen Dank an das Team von Goldmann-PR, Gabriella Squarra vom Bayerischen Staatsbad Bad Reichenhall, Dr. Brigitte Hausmann als Direktorin der Kunstakademie und allen Teilnehmern für dieses schöne, kulturgeladene und informative Wochenende.Ich habe gefühlt nur ein Zehntel des Ortes gesehen und trotz der historischen Gebäude nichts von meinem Besuch vor 20 Jahren wiedererkannt. Eine Fortsetzung in 2015 wäre zu wünschen.

Bis sehr bald Bad Reichenhall.

Kreativwochenende Bad Reichenhall (25 von 37)-r85

Disclaimer: Ich wurde zu dieser Veranstaltung eingeladen. Meine Meinung über das Wochenende bleibt unberührt.


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