1. Dezember

1. Dezember

1. Dezember
Ein Rabenmann traf auf einem abgeernteten Kornfeld eine Rabenfrau. Da sie ihm gut gefiel und er sich eine Gefährtin wünschte, sagte er zu ihr: "Schenk mir deine Liebe!"
Die Rabenfrau fühlte sich zunächst geschmeichelt, sie war nämlich nicht mehr ganz jung, doch dachte sie bei sich: Wenn ich ihm meine Liebe gebe, dann habe ich doch selbst keine mehr. Denn sie war es nicht gewohnt, für das, was sie gab, selbst auch etwas zu bekommen und hatte daher das Geben eingestellt. Obwohl ihr der Rabenmann versprach, seine eigene Liebe gegen ihre zu tauschen, traute sie einem solchen Handel nicht und wies ihn ab.Als aber der Winter nahte, fühlte sie sich sehr einsam. Sie wusste genug über die langen Winternächte, in denen das Grübeln kein Ende nimmt. Da fiel ihr das Angebot des Rabenmannes ein, und sie beschloss, ihn zu suchen.
Wochenlang flog sie vergeblich umher. Fast hätte sie schon aufgegeben, da fand sie ihn endlich vor einem alten Schuppen zwischen einigen Körben mit Fallobst. Sie machte ihm schöne Augen und erinnerte ihn an sein Angebot. Und da der Rabenmann immer noch Gefallen an ihr fand, willigte er ein und schenkte ihr einen Apfel. Die Rabenfrau pickte genüsslich hinein und dachte bei sich: Sicher merkt er es nicht, wenn ich ihm nur einen kleinen Teil meiner Liebe abgebe, dann bleibt mir der größere Anteil.
Sie blieben den Winter über zusammen und versorgten gemeinsam ihren Haushalt. Doch waren sie beide nicht so richtig glücklich. Sie waren zwar stets freundlich zueinander und hilfsbereit, hatten ach niemals Streit, doch schien etwas Entscheidendes zu fehlen. Der Rabenmann spürte das besonders deutlich und drängte auf ein Gespräch. Doch die Rabenfrau ließ sich nicht darauf ein und tat seinen Eindruck als Hirngespinst ab. Geschickt vermied sie Gespräche dieser Art, bis sie irgendwann nur noch über die Nahrungssuche miteinander sprachen. Da sich jedoch alles in einer duchaus harmonischen Atmosphäre abspielte, fand sich der Rabenmann schließlich mit der Situation ab und stellte das Fragen ein. Er wurde mit der Zeit bequem und setzte sogar etwas Winterspeck an. Als das Frühjahr kam, flog er öfter allein aus, um Material für ein neues Nest herbeizuschaffen. Dabei war ihm nicht einmal klar, ob die Rabenfrau überhaupt an einer festen Partnerschaft und Kindern interessiert war.Auf einem seiner Ausflüge lernte er eines Tages ein hübsches Rabenmädchen kennen, und sie verliebten sich heftig ineinander. Er spürte plötzlich, wie es ist, wenn man die ganze Liebe von jemandem bekommt. Jetzt wusste er auch, was ihm eigentlich gefehlt hatte und dass er bisher um einen großen Teil der Liebe betrogen worden war. Er stellte die Rabenfrau zur Rede und verlangte von ihr seine Liebe wieder zurück, da er sie nun einer anderen geben wollte. Die Rabenfrau fiel aus allen Wolken und stritt zunächst alles ab, denn sie hatte sich an das Leben mit ihm gewöhnt und wollte ihn nicht verlieren. Als er aber nicht locker ließ, gab sie endlich zu, dass sie ihm nur einen kleinen Teil ihrer Liebe gegebe hatte. Sie bereue dies und sei nun bereit, ihm alles zu geben. Während sie das sagte merkte sie, dass es der Wahrheit entsprach. Jetzt, da er sie verlassen wollte, empfand sie plötzlich Liebe für ihn und wollte ihn behalten. Sie bot ihm ihren ganzen  gehorteten Liebesvorrat an, doch er traute ihr nicht mehr und verschmähte das späte Geschenk. Er nahm seinen Teil zurück, von dem kaum etwas verbraucht war, und flog davon.
Die Rabenfrau war nun sehr traurig. Sie hatte schmerzlich lernen müssen, dass man erst die eigene Liebe verschenken muss, um Platz für die eines anderen zu haben. Und ihr wurde klar: Wenn jeder seine Liebe verschenken würde, dann wäre wohl am Ende genug für alle da. Den Sommer über blieb sie allein und dachte viel über diese Dinge nach. Dann nahm sie sich vor, mit ihrer neuen Erkenntnis im Herbst wieder das abgeerntete Kornfeld aufzusuchen und ohne egoistische Hintergedanken offen für die Liebe eines Rabenmannes zu sein.
Clara Meyer | aus: Alle Farben dieser WeltMeine Lieben, so viele schöne erste Adventkalendertürchen öffnen sich hier und dort und überall im Bloggerland. Bis vor ein paar Stunden war ich der Meinung, mich heuer zurückzuhalten, denn ich bin weder die große Keksebäckerin, noch bin ich gut im Basteln und Heimwerken. Auch kann ich euch keine 24. Dekoideen bieten, weiß ich doch selber nicht, wann ich endlich mit dem Umdekorieren des Hauses fertig sein werde. Doch dann kam die Post und brachte mir einen Teeadventkalender von einer Frau, die mich vor Kurzem wegen meines Kalenders angeschrieben hatte. Sie erzählte mir, dass sie es im verganenen Jahr nicht leicht hatte und ohne  viel Nachzudenken schickte ich ihr ein Exemplar des SeelenSachenkalenders, der sie durch ein ruhigeres und hoffnungsvolles neues Jahr begleiten soll. Und heute kam so ein liebes Dankeschön von ihr, dass es mir wieder bewusst wurde: Im Kleinen kann  und muss man Freude bereiten. Helfen. Jemandem etwas Feines tun. Denn das bringt unsagbar viel Freude ins eigene Herz. Und weil mein Herz  vieeeeel Freude und Entspannung nötig hat (man soll ja auch immer an sich selbst denken, gel?! ;-) ), möchte ich euch und mir in der Adventzeit ein paar Minuten AUSzeit schenken. Ohne Verpflichtung (für euch) und ohne Stress (das gilt für mich) können wir gemeinsam die paar Tage bis Weihnachten verbringen - wer mag, schaut vorbei, wer will, teilt den ein- oder anderen Link mit seinen Lieben. Wie auch immer - ich wünsch euch jedenfalls eine wunderschöne Zeit und unvergessliche Momente mit EUCH (!) und euren Lieben!
1. Dezember
Den heutigen Beitrag möchte ich meiner lieben und langjährigen Freundin R. widmen, weil sie gestern meinte, dass es schade sei, dass sie nie einen Adventkalender bekommen würde (Süße- DER HIER ist FÜR DICH!! :-) ).
Außerdem meinem Lieblingsmann, der sich - dem Himmel sei Dank - in unserer Anfangszeit (die schon ein paar Jahre zurückliegt) nicht wie der Rabenmann oben davon abschrecken ließ, dass ich (aufgrund damals noch nicht verblasster Narben) oftmals wie die Rabenfrau agierte, und es aus Angst vor neuen Wunden anfangs auch nicht so genau mit dem "volle Liebe schenken" nahm und übervorsichtig immer ein wenig davon zurückhielt. 

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