1. Dezember 2011, Männer mit tiefsitzenden Hüten, 5.46 Uhr

Von Guidorohm

Für Julian Assange

„Und sie meinen?“
„Ich meine gar nichts!“
„Ich will nachher noch ins Kino. Wollen Sie …“
„Nein!“
„Und die Sache mit der Vergewaltigung?“
„Wir müssen ihn aus dem Verkehr ziehen. Das Arschloch schadet unserem Land.“
„Mal unter uns …“
„Was?“
„Er schadet uns nicht. Er zerrt nur die schmutzigen Unterhosen ans Tageslicht.“
„Die haben dort auch nichts verloren. Außerdem sind das nicht nur schmutzige Unterhosen. Da unten liegen ganze Leichenberge.“
„Und deshalb …?“
„Und deshalb ist er reif!“
„Hat er wirklich eine Frau vergewaltigt?“
„Das geht uns nichts an. Aber mit der Anzeige zerstören wir seinen guten Ruf und wir können ihn einlochen. Das Dreckschwein muss verschwinden.“
„Wir arbeiten dran.“
„Sie sollten ihn schleunigst finden!“
„Er ist untergetaucht.“
„Klar. Er weiß, dass wir hinter ihm her sind.“
„Warum tut er das?“
„Verflucht! Ich kann nicht in dem Kopf von dem Kleinen gucken. Ruhmsucht! Etwas in der Art vielleicht.“
„Wenn die Jungs von der Firma ihn erwischen.“
„Dann sind wir das Problem los. Dann liegt es am Grund eines Sees.“
„Bis es jemand von dort unten nach oben holt und im Internet veröffentlicht.“
„Wäre nicht weiter schlimm. Das wäre nur eine Leiche. Mehr nicht.“
„Aber es könnte jemand Fragen stellen. Viele Fragen. Und er könnte Antworten bekommen. Die Firma hat auch so ihre Löcher.“
„Wir sind bisher noch jeden los geworden. Mann, es geht hier um die Sicherheit und Interessen unseres Landes.“
„Wir werden ihn bekommen. So oder so.“
„Das will ich für Sie hoffen.“
„Sie wollen mir doch nicht drohen?“
„Ich? Nein! Gehen Sie ins Kino. Genießen Sie den Film.“
„Das hat sich aber wie eine Drohung angehört.“
„Finden Sie ihn einfach und eliminieren Sie ihn. Dann ist alles gut.“
„Ich bin kein Killer. Ich werde ihn wegen der Vergewaltigungsgeschichte vor Gericht bringen. Mehr nicht!“
„Sie werden das schon schaffen.“
„Und wenn er mir entkommt?“
„Dann sollten Sie im Kino immer schön vorsichtig sein, wer in der Reihe hinter Ihnen sitzt.“
„Sie drohen mir also doch?“
„Ich bin an ihrem Gesundheitszustand interessiert.“
„Er hat sie gar nicht vergewaltigt.“
„Denken Sie nicht. Handeln sie.“
„Und wenn ich den Auftrag ablehne.“
„Es gibt keinen offiziellen Auftrag.“
„Ich werde jetzt gehen.“
„Viel Spaß mit dem Film.“
„Ich gehe nicht ins Kino.“
„Gute Idee. Machen Sie sich auf die Suche nach ihm.“
„Ja!“