Heute gibt es einmal eine Art „Booktalk“/Buchbesprechung zu dem Buch „The Society“ von Jodie Andrefski. Da mich das Thema oft lange nach dem Lesen eines solches Buches beschäftigt möchte ich mich heute einmal kritisch mit dem Roman auseinander setzen. Es wird ein paar Spoiler geben, da es ohne diese einfach nicht möglich ist sich ordnungsgemäß mit dem Inhalt auseinanderzusetzen.
In dem Buch „The Society“ von Jodie Andrefski geht es darum, was passieren kann wenn Opfer zu Täter werden und Rache an ihren Peinigern nehmen. Jahre lang waren Jessica und Sam beste Freunde, bis Sams Vater ins Gefängnis muss. Die Freundschaft zerbricht und Jessica lässt es Sam immer wieder spüren, dass sie jetzt ganz unten angekommen ist. Sam beschließt die geheime Organisation, welche Jessica lautet von innen heraus zu zerschlagen und somit Rache an Jessica zu nehmen.
Ganz oft habe ich mich beim Lesen gefragt, wo das Gewissen von Sam ist und warum sie einach nicht an die Kosequenzen von ihren Taten denkt. Müsste sie nicht gerade nach der Geschichte mit ihrem Vater wissen, dass nichts ohne Kosequenzen geschieht und man oft Leute ohne es zu wollen in Dinge hineinzieht und damit verletzt? Ihr bester Freund macht sie sogar darauf aufmerksam und trotzdem beschließt sie ihren Plan fortzuführen. Selbst als die Situation es erste Mal außer Kontrolle gerät bricht sie ihren Rachefeldzug nicht ab.
Man kann gleiches nicht mit gleichen bestrafen und ich weiß, dass teilweise Opfer zu Täter werden. Jedoch macht genau so ein Verhalten die Situation quasi noch schlimmer. Nichts kann einem die Erinnerungen erträglich machen und eine Rache kann dazu führen, dass man sich noch schlechter und wertloser fühlt als ohnehin schon. Und genau das macht der Roman deutlich, da es für Sam eben kein Happy-End gibt und sie sich trotz der Rache nicht besser fühlt als vorher sondern sogar noch schlimmer.
Für mich persönlich ist Sam wegen des Plans nicht besser als Jessica. Sie benutzt andere um Rache zu nehmen und macht dieses wahrscheinlich aus Angst vor Jessica und ihrem eigenen Gewissen. Man kann sich von den Taten anderer weitaus besser distanzieren, schließlich hätten diese ja die Tat nicht ausführen müssen. Sam hatte sie ja lediglich nur mit der Mitgliedschaft für die Society gelockt und sie nicht bedroht. Foglich sind sie also selbst Schuld an ihren Taten. Sam will zudem einfach nicht für ihren Rachefeldzug gerade stehen. Ihr sind die Konsequenzen für die anderen vollkommen egal, sie benutzt diese einfach als Schachfiguren, die geopfert werden müssen für den Sieg bzw. die eigene Befriedigung. Das sagt schon sehr viel aus über Sam als Person und zeigt wie gefühlskalt sie mit anderen teilweise umgeht. Einerseits kreidet sie genau so ein Verhalten Jessica an, aber andererseits fällt sie sich kein Deut besser.
Am schlimmsten an all dem finde ich einfach, dass Sam nicht aus ihren Fehlern lernt und sich alles im Endeffekt schön redet. Auch die milde Strafe führt dazu, dass sie sich nicht wirklich mit ihren Taten auseinander setzen muss.
Was mir auch besonders aufgefallen ist, dass die Frauen auf eine ziemlich sexistische Art und Weise durch Sam beschrieben werden. Sie werden wie oft auf das Äußere reduziert und vor allem bei dem Abschnitt über die Kostümparty fällt das auf. Das wichtigste scheinen dort die Kostüme zu sein, da die Mädchen scheinbar versucht haben möglichst wenig Stoff an ihrem Körper zu tragen. Sam denkt in meinen Augen also viel zu oberflächlich und macht ihren Wert und scheinbar auch den von anderen an ihrem Äußeren fest. Sie denkt außerdem andere wären glücklich darüber, wenn sie nur aufs Äußere reduziert werden. Es gibt ja durchaus Leute, die so denken aber mir war sie mit diesen Gedankengängen zu einfach gestrickt als Hauptprotagonist.
Man hätte zudem die Hintergrundstory, also Vater im Gefängnis und die Mutter schiebt Tochter zur Tante in den Trailerpark ab, mehr in den Vordergrund rücken müssen. Nicht nur durch das Mobbing von Jessica kamen diese großen Selbstzweifel und die Isolation, sondern auch durch die eigenen familiären Verhältnisse. Leider spielt beides kein großes Thema, dabei hätte man allein damit dem Buch ziemlich viel Tiefe geben können. Allein die beiden Aspekte können eine Person zu Verzweiflungstaten führen. Mit einem Mal war Sams Welt vollkommen zerstört und zu allem Übel lässt ihre beste Freundin sie fallen und macht sie dann auch fertig. Warum werden ausgerechnet diese Emotionen außen vorgelassen? Durch diese könnte man Sams Gedankengänge besser verstehen und vielleicht würde ihr Plan dann auch einiges Sinn machen. Wenn die beste Freundin einem durch das Mobbing suggeriert komplett wertlos zu sein, dann kann einen das ganz schön erschüttern. Und ich finde man hätte genau das als Grundlage für den Rachefeldzug nehmen können.
Die Rache an Jessica hätte man also mehr in den Vordergrund rücken müssen. Stattdessen dreht es sich oft nur um die Dreiecksbeziehung und dabei werden viel zu viele Klischees bedient. Dadurch kratzt der Roman nur an der Oberfläche vom Thema und lässt viele Aspekte außen vor.
Das Ende war für mich viel zu sehr ein Happy-End. Ein Opfer braucht Jahre um mit Mobbing klar zu kommen, vor allem wenn der Haupttäter die beste Freundin war. Es ist nichts was man einfach so wegstecken kann. Es sind definitiv keine Wunden die durch einen Schulwechsel und Umzug geheilt werden.
An sich der Roman durchaus lesenswert, aber wer was tiefgründiges zum Thema Mobbing sucht wird hier leider nicht fündig. Ich habe dem Buch trotz all der Kritikpunkte 3 von 5 Sternen gegeben, da es gut zu lesen ist. Die oben genannten Punkte können durchaus dazu führen, dass manch einer Mobbing oder Rache nehmen in dem Ausmaße nicht so schlimm sind. Aus dem Grund hatte ich mir einfach mehr Tiefe erhofft, was aber leider nicht der Fall war.
Habt Ihr das Buch schon gelesen und wenn ja wie fandet ihr es?