Die Kärntnerin schwimmt hin und wieder gern gegen den Strom. Lustig ist, irgendwie traut ihr das keiner zu.
Was? Das Winzerkind schläft nicht im eigenen Bett? Ehrlich, die Kärntnerin benutzt ein Tragetuch? Im Winzerhaus wird auch schon einmal vegan gekocht, aber ihr esst doch gern Fleisch, oder? Ach echt, ihr macht euch Gedanken über Selbstversorgung, habt wirklich schon mit Effektiven Mikroorgansimen experimentiert und Brennnesseltee für den Garten gekocht????????
Ja, total überraschte Gesichter, aber nicht verständnislose. Und komisch, aber die Reaktionen sind (fast) durchwegs positiv. Keine gerunzelte Stirn, keine gehobenen Augenbrauen, kein komischer belehrender Unterton in der Stimme. Mehr ehrliches Interesse am warum und wieso. Aber total seltsam. Manche (glücklicherweise nicht alle!!!!), die wirklich alternativ leben, die sich von der 'normalen' Gesellschaft ausgeschlossen fühlen, gegen Konventionen wettern, sich über das Unverständnis von anderen beschweren, ja genau die schaun die Kärntnerin schief an. Warum? Kann man jemanden, der nach außen hin 'normal' wirkt nicht für voll nehmen?
Kann man alternativ sein, ohne alternativ zu wirken??
Und an was liegt es? Am Aussehen? An der Einstellung? An dem fehlenden Willen, sich nur auf eine Seite zu schlagen und die bis auf die Zähne zu verteidigen??????
Nichts ist der Kärntnerin mehr zuwider als Dogmatismus und Radikalismus, in welcher Form auch immer, nichts kann sie mehr in Rage bringen, als Menschen, die ach so überzeugt sind, von der eigenen Sichtweise der Dinge und die anderen (mit allen Mitteln) überzeugen wollen.
Leben und leben lassen. Das Leben ist zu kurz, sollte man es nicht so führen dürfen, wie es für einen selbst passt?
Und so ist das Leben im Winzerhaus anscheinend für manche irgendwie komisch, weil nicht in eine Schublade zu stecken. Nicht nur modern oder nur altmodisch, irgendwie anders, aber doch wieder normal.
Kostprobe gefällig?
- Die Kärntnerin probiert schon lange vegane Rezepte, ohne vegan leben zu wollen.
- Gekocht wird am liebsten selbst und frisch und mit eigenem Gemüse. Doch kann es passieren, dass man den Winzer und die Kärntnerin in der Burgerbude mit dem großen M findet, oder einmal eine Pizza geliefert wird. Ja. Wirklich.
- Wichtiger als ein biologisches Gütesiegel sind gute, hochwertige, regionale Produkte, aber es wird schon einmal kanadischer Lachs gekauft, oder ein Südamerikanischer Wein, oder... Schuldig im Sinne der Anklage. Falls sich jemand traut das anzuklagen ;)
- Der Garten ist biologisch, total. Der Weingarten nicht. Warum, dazu ein anderes Mal.
- Das Winzerkind hat einen Kinderwagen UND ein Tragetuch.
- Die Kärntnerin interessiert sich für Kräuter und Naturseifen, aber auch für Mode und Einrichtung.
- Im Bücherregal steht ein Hemingway neben einer Bronte und die wieder neben einem Schundroman. Sachbücher neben Krimis. Naturgärtenbücher neben Genetik- und Mikrobiologiebüchern.
Eigentlich eh ganz normal, oder nicht?
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