Wir sind kein Paar mehr

Sehen wir in dem Menschen, neben dem wir morgens aufwachen, noch denselben als vor dieser irren Erfahrung, gemeinsam einen kleinen Menschen erschaffen zu haben, der auf einmal Stimmung, Tagesablauf und einfach das ganze Leben bestimmt?

Wir sind kein Paar mehr

Top-Elternblogs hat eine Blogparade ins Leben gerufen zum Thema "Eltern werden- Paar bleiben".

Doch geht das überhaupt?

Als Eltern verändert sich nicht nur vieles, sondern nahezu alles. Wo vorher zwei starke, unabhängige Menschen waren, die eine körperliche Anziehungskraft aufeinander ausübten, die angeregte Gespräche miteinander führen konnten oder sich gemeinsamen Interessen widmeten, finden sich nach der Gründung einer Familie zwei völlig neue Charaktere wieder:

Die Mutter, die während der Schwangerschaft eine wahre Hormonachterbahn mit all seinen Höhen und Tiefen erlebte und sich nun mit zum Zerreißen gespannten Nerven unter unmenschlichem Schlafentzug in einem puddingähnlichen Körper wiederfindet. Hin- und hergerissen zwischen einem neuen Gefühl von Liebe, das sie für diesen hilfs- und schutzbedürftigen kleinen Menschen empfindet und dem Wahnsinn, nicht durchzudrehen und verrückt zu werden unter diesem Gefühl, von nun an IMMER und JEDERZEIT für dieses Wesen und sein Wohlbefinden verantwortlich zu sein. Hinzu kommt eine neue Form von Isolation. Interessante Gespräche mit Kollegen und Freunden werden abgelöst durch sinnfreies "Gutschi-gaga" Gebrabbel, das von den heimischen Wohnzimmerwänden widerhallt. Das Gefühl der Hilflosigkeit verstärkt sich zusätzlich, wenn eine neue finanzielle Abhängigkeit vom Partner entsteht, der so viel weniger Opfer bringen muss. Subjektiv gesehen. Der Tag für Tag das Haus verlässt und sich unter Erwachsenen bewegen darf, der Abwechslung genießt, unabhängig bleibt, weiter an der Verwirklichung seiner Karriereträume bastelt und abends in den Schoß der Familie zurückkehrt. Wenn der Schreikrampf überstanden und der Wäscheberg abgearbeitet ist, versteht sich. Dieser Rosinenpicker! Und dann legt er auch noch die Füße hoch, er habe ja schließlich auch mal " Feierabend!". Pah! Ein Wort, das die Mutter nicht kennt. Die unmenschlichen Zahlen 24/7 stehen für neue Arbeitszeiten. Und nachts will er auch noch schlafen, um am nächsten Tag wieder leistungsfähig zu sein. Als wäre es nicht schon genug, als Mutter ohnehin der gesamten Tag für alles verantwortlich zu sein.
Auf der anderen Seite finden wir denVater, der völlig verunsichert und überfordert durch den Tag stolpert und es eigentlich nur falsch machen kann. Auf einmal ist er für dieses kleine Wesen verantwortlich, das ihm eines Tages in den Arm gelegt wird und mit dem die Mutter vom ersten Augenblick an merkwürdig vertraut umgeht. Gut, sie trug dieses Geschöpf ganze neun Monate in sich, aber dennoch: Woher weiß sie so genau, wie sie mit ihm umzugehen hat? Dieses kleine Wesen, das einen so viel Liebe erfahren lässt, bürdet dem Vater auch eine ungeahnte Verantwortung auf. Nun ist er nicht mehr der starke, unabhängige Mann. Er ist der Ernährer der Familie! Das muss er erstmal sacken lassen. Und ungeachtet dessen ist er doch nicht in der Lage, das Kind in der ersten Zeit zu ernähren. Das ist in vielen Fällen das Privileg der stillenden Mutter. Der Mutter, die er kaum noch wiedererkennt. Eine Fremde, die sich permanent zwischen himmelhochjauchzend und hoffnungslos verzweifelt befindet. Er weiß nie, was ihn erwartet wenn er abends die Tür aufschließt. Ist sie selig und berichtet euphorisch vom ersten Lächeln? Oder erwartet sie ihn den Tränen nahe in einem Chaos von unerledigten Aufgaben und unerfüllter Erwartungen? Und wieso gelingt es ihm nicht mehr, sie glücklich zu machen? Früher war das so viel leichter. Über die Probleme bei der Arbeit kann er mit ihr auch nicht mehr sprechen, sie ist geistesabwesend und zerstreut. Verständlich, sie ist müde. Aber trotzdem: Mit seinen Kumpels bei einem Bierchen kann er diese Dinge auch nicht mehr ruhigen Gewissens bequatschen, schließlich ist SIE diejenige, die endlich mal wieder rauskommen will. Sowieso wird er in der letzten Zeit immer öfter mit Vorwürfen konfrontiert. Die Spülmaschine habe er wieder mal nicht ausgeräumt, beim Großputz am Wochenende könnte er ruhig auch mal mit anpacken oder mit dem Kleinen eine Runde drehen, damit die Mutter einige Stunden wertvollen Schlaf nachholen kann. Warum Haushalt und Kinderbetreuung nun seine gesamte Freizeitgestaltung ersetzen sollen und er diese Aufgaben nun als Ausgleich betrachten soll, während sie für die Mutter "Arbeit" darstellen, bleibt ihm ein Rätsel.
Und dafür, dass er einen wirklichen Ausgleich braucht (und wenn es nur etwas Ruhe ist) um den Kopf mal wieder frei zu kriegen und nach dem Wochenende wieder Leistung bei der Arbeit abrufen zu können, hat sie auch kein Verständnis. Dabei hat sie doch keine Ahnung, was ihm gerade alles abverlangt wird. Da muss er abliefern. Schließlich hängt die Existenz der Familie davon ab.

Was passiert wenn beide Geschöpfe, Mutter und Vater, täglich in dieser neuen Welt aufeinanderprallen, ist naheliegend: Es knallt!

Dagegen möchte nun etwas unternommen werden. Studien zufolge nimmt die Beziehungszufriedenheit von 60-70% aller Paare nach der Geburt ab. Streitereien sind an der Tagesordnung und man sieht oftmals den Wald vor Bäumen nicht mehr. Die Nerven liegen also blank und verzweifelt wird versucht, die Beziehung wieder auf den Stand pre-Kind zu reseten.
An zwei Dingen fehlt es so ziemlich allen Eltern, die ich kenne: Zeit und Schlaf.
Und an keinem der beiden Dinge lässt sich in den ersten Monaten, in manchen Familien sogar in den ersten Jahren (auch ich bin Opfer eines Kindes, das nicht viel von Schlaf hält), viel rütteln.
Schlaue Ratgeber empfehlen gerne feste Tage oder Abende, die man doch zu zweit verbringen sollte um der Beziehung willen, um sich bewusst und ausgiebig einander zu widmen. " Schwachsinn!", sage ich.
Wer genießt denn den Abend im Restaurant, während er alle 5 Minuten aufs Handy linst um sich zu versichern, dass die Oma noch nicht angerufen hat? Wer entspannt schon, während er darüber sinniert, ob er dem Babysitter auch gesagt hat, dass das Kleine das Schnuffeltuch in der linken Hand braucht, um selig einschlafen zu können? Wer amüsiert sich unbeschwert bis in die Puppen, wenn er weiß dass ihn zu Hause daraufhin keine 8 Stunden erholsamen Schlaf erwarten? Und wer genießt schon das romantische Candle-Light-Dinner im heimischen Esszimmer, wenn man übermüdet und am Ende seiner Kräfte hinterher die Küche schrubben muss, weil die Zubereitung mit Baby auf der Hüfte doch mehr Spuren hinterlassen hat, als dies früher der Fall war? Wer widmet sich dem Partner hingebungsvoll und lauscht gespannt seinen charismatischen Worten, wenn alle 90 Sekunden einer aufspringt um ins Kinderzimmer zu stürmen und das Kind zu beruhigen?Keiner!
Das Ende vom Lied ist noch mehr Frust, weil man sich mal wieder wie ein Versager fühlt. Wie einer, der nicht nur am Familienglück scheitert, sondern es noch nicht einmal schafft, einen schönen, unbeschwerten Abend mit dem Partner zu verbringen.

Wir sollten aufhören zu versuchen, uns Zeiträume zu schaffen, in denen wir so tun, als wären wir keine Eltern. Denn das sind wir nun mal. Und dies zumeist aus vollem Herzen, so können wir nun mal nicht aus unserer Haut. Erst recht nicht, wenn wir uns in dieser nicht wohl fühlen. Und hier kommt auch gleich das nächste verstörende Studienergebnis für euch: Je zufriedener die Frau, desto glücklicher die Ehe. Huch! Liegt etwa alles an uns Frauen?! Allem Anschein nach ja. Zumindest vieles. Unzufriedene Männer kommunizieren weniger, daher überträgt sich die Unzufriedenheit nicht so sehr auf die Frau und beide Partner bewerten ihre Ehe als glücklicher. Andersrum ist dies nicht der Fall: Die Frau mäkelt und nörgelt, beide werden stetig unzufriedener und unglücklicher.
Zufriedenheit ist ein wichtiger Schlüssel zum Liebesglück

Wir sind kein Paar mehr

Aber welche Mutter ist schon glücklich, während sie seit Wochen nicht mehr ausreichend geschlafen hat, nach säuerlichem Erbrochenen riecht und in ihrem neuen, ungewohnten Körper, der sich so gar nicht nach dem eigenen anfühlt, ein schreiendes Bündel im sperrigen Kinderwagen durch den Supermarkt bugsiert? Keine! Und das sollten wir uns öfter mal vor Augen führen. Aufhören, die Toffifee-Werbung im Kopf abzuspielen und der Wahrheit ins Auge blicken: Mutter sein bedeutet Entbehrungen in Kauf nehmen zu müssen, weniger Zeit für sich selbst zu haben, ständig verantwortlich zu sein für ein oder mehrere kleine Lebewesen, nichts perfekt planen zu können. Zwar gelegentlich eine saubere Wohnung zu haben (die einen öfter, die anderen seltener), aber noch viel öfter im Chaos zu versinken. Ständig eine innere To-Do- Liste mit sich herumzutragen, die wir niemals abarbeiten können. Und das ist ok.

Nur eins dürfen wir dabei nicht vergessen: Der Vater kann auch nichts dafür!
Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben auf den Partner zu übertragen ist nicht nur falsch, es ist auch ganz schön unfair. Immerhin war es nicht sein teuflischer Plan, uns in den Wahnsinn zu treiben.
In den Wahnsinn treiben und meist nur unsere eigenen Ansprüche ans Leben und an uns selbst. Ein Leben, das aller Voraussicht nach zwischen 80 und 100 Jahren lang dauert.
Verlangen wir selbst nicht verdammt viel, wenn wir in dieser doch sehr überschaubaren Zeit, in der Kinder klein und "anstrengend" sind, alles wollen? Ein sauberes Heim, fröhliche, ausgeglichene Kinder, ein Job, der uns erfüllt, Freunde, für die wir Zeit haben, ein sportliches Hobby zum Ausgleich und am besten noch Zeit, ein gutes Buch zu lesen? Machen wir uns keine Illusionen.
Wenn bei der Toffifee-Werbung die Scheinwerfer ausgehen, schmieren die Kinder ihre Schokofinger an der hellen Couch ab und rotzen der Mutter eine schleimige Haselnuss in die Hand, weil die nämlich zu hart zum Kauen ist. So sieht's aus!

Manche Tage als Mutter sind verdammt hart

Das ist Fakt und wir haben nur begrenzt Einfluss auf unser Mutterglück, das niemals -ich betone NIEMALS- permanent präsent ist. Daher sollten wir aufhören, darüber enttäuscht zu sein, dass die Welt nicht immer rosarot ist.
Betrachten wir das ganze doch auch gelegentlich aus der Vogelperspektive und lachen über unser eigenes Gesicht, das wir machen wenn das Kleinkind die Packung Eier aus der Einkaufstüte geräumt hat und der Glibber den Küchenboden bedeckt. Lachen wir über unsere eigene Dummheit, angenommen zu haben, wir könnten 4 Kuchen für die Geburtstagsgesellschaft backen ohne zwischendurch Wattestäbchen aus der Kloschüssel fischen zu müssen. An diese Momente werden wir eines Tages noch wehmütig zurückdenken und hoffen, dass es bald Enkel gibt, die uns in den Wahnsinn treiben.

Wir sind kein Paar mehr

Nichts ist wie zuvor. Und das wird es auch nie wieder. Wir sind Eltern und werden das immer bleiben. Ein Paar, das sind per Definition zwei. Zu einer Familie gehören mindestens drei. Wie sollte man also Familie und Paar gleichzeitig sein können?
Eines haben wir jedoch nach wie vor: Eine Partnerschaft. Und hier gilt es zu teilen: Sorgen, Ängste und Nöte genauso wie Freude, Lacher, Spaß und Liebe. Vorwürfe kann man übrigens nicht teilen, man kann sie dem anderen nur machen. Ja, wir hatten einen harten Tag. Aber das ist nicht die Schuld unseres Partners. Und auch wenn wir uns in manchen Momenten sicher sind, keiner könne einen beschisseneren Tag gehabt haben als wir: Vielleicht hatte unser Partner ihn doch. Machen wir uns ruhig öfter bewusst, dass der Partner auch sein Päckchen zu tragen hat. Offenheit, gegenseitiges Verständnis und Respekt für die Leistung des anderen sind meines Erachtens die wichtigsten Aspekte, für eine glückliche Partnerschaft, und zwar unabhängig davon, wer diese Woche den Müll öfter rausgebracht oder mehr Einkommen erwirtschaftet hat. Und mit einer Prise Humor lässt sich auch viel unnötiger Perfektionismus weglachen. Eines haben wir mit unserem Partner immer gemeinsam, egal in welche Kurven uns das Leben wirft: Unsere Kinder und die Liebe zu ihnen. Mit wem könnte man also bessere Gespräche führen über das, was uns bewegt, wenn es doch meist die Kinder sind? Und wer könnte besser mit uns über die lustige Logik, verrückte Wortschöpfungen oder tollpatschige Versuche unser Spößlinge lachen?

Romantik ist, wenn man den Partner auf seine Breireste an der Backe aufmerksam macht. Wenn man wichtige Gespräche nicht nur bei einem Glas Wein, sondern auch vor einem Berg Knete führen kann. Wenn man sich liebe Sachen sagt, auch wenn's nach Windeleimer stinkt. Wenn man akzeptiert, dass der Rahmen für Romantik nun einige Jahre ein anderer sein wird. Und wenn man trotzdem lacht.

Wir sind kein Paar mehr


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