Wie man sich 1972 das Leben im 21. Jahrhundert vorstellte

Screenshot aus der Sendung Richtung 2000

Screenshot „Richtung 2000“ (1972)

Vollautomatisierter Alltag und technische Wunderdinge: Ein origineller Film aus dem Jahr 1972 dokumentiert, wie skurril  man sich damals die Welt im 21. Jahrhundert vorstellte. Ein faszinierender Blick von gestern, der uns Heutigen den Spiegel vorhält.


Teil 1 des ZDF-Filmes „Richtung 2000 – Vorschau auf die Welt von morgen“ aus dem Jahr 1972

Früher war auch die Zukunft besser, wusste bereits der Münchner Sprachdialektiker Karl Valentin. Dies trifft besonders auf die politischen Visionen der fortschrittsgläubigen 1960er- und 1970er-Jahren zu, als man noch an die technische Machbarkeit von Gesellschaften glaubte, an Formationen, Schichten und Klassen, die man nur richtig zu verschieben brauchte auf dem Reißbrett der Mathematik, um das perfekte gesellschaftliche Ergebnis zu erzielen. In einer Zeit, als unter der Jugend Aufbruch zu spüren war und der Glaube groß, die Menschheit planmäßig auf einen besseren, leichteren, angenehmeren Lebensweg führen zu können.

Und so stellte man sich dieses schöne neue Welt dann im ominösen Jahr 2000 als Chiffrenummer einer neuen Zeit auch vor: als perfekt elektronisch gelenkte Welt, in der alles reguliert und optimiert ist, aber der Mensch sich auch einsam und isoliert fühlt. Eine Utopie, ja, aber eben auch eine Dystopie, die uns heutigen Einwohner einer digitalen Big-Brother-World mehr als nachvollziehbar erscheint.


Teil 2 des ZDF-Filmes „Richtung 2000 – Vorschau auf die Welt von morgen“ aus dem Jahr 1972

Nimmt man mal den zeitgenössischen Gestus einer marxistischen Kultur- und Gesellschaftskritik weg, wenn etwa von manipulativer Freizeitindustrie und Vermassung die Rede ist, so findet sich der heutige Zuseher im Wissen um den tatsächlichen Fort- und Rückschritt der Menschheit in dem Film überraschend gut zurecht.

Ahnung vom Internet

Ja, vieles ist heute tatsächlich nichts mehr Besonderes: das elektronische Stadtauto etwa oder auch die Schnellzüge, die auf einer Magnetbahn fahren, sind Wirklichkeit geworden, wenn auch nicht wirklich alltagsrelevant. Einiges wie das 24-Stunden-Fernsehen oder das „Fernsehtelefon“, neudeutsch: Smartphone, erscheinen heute wie eine Selbstverständlichkeit. Auch das Internet ist in der Doku mitgedacht, ohne es in der konkreten heutigen allgegenwärtigen Ausformung tatsächlich vorausgeahnt zu haben. (Das haben die meisten Zukunftsgurus auch Anfang der 2000-Jahre noch nicht). Das Internet der Dinge und natürlich die neuen Medien, wenn es heißt, in der Zukunft werde es kaum mehr gedruckte Zeitungen geben. Wobei natürlich die Vorstellung, die Zeitungen werden zweimal täglich über einen Spezialdrucker geliefert, auch etwas Putziges hat.

Aber die Richtung stimmte.

Auch dass materiell abgesicherte Personen regelmäßig zu Antidepressiva greifen müssen, ist der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit doch leider sehr bekannt. Das im Film erwähnte „Optimum 10“, das schnell wirkendes Medikament gegen Depressionen aller Art, gibt es noch nicht. Es bleibt ein Traum – vor allem für die Pharmaindustrie.


Teil 3 des ZDF-Filmes „Richtung 2000 – Vorschau auf die Welt von morgen“ aus dem Jahr 1972

Wie man sich 1972 das Leben im  21. Jahrhundert vorstellte

Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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