“Wie der Wind sich hebt” von Hayao Miyazaki

Jiro träumt von großen Flugmaschinen in Hayao Miyazakis letzten Regiewerk

Jiro träumt von großen Flugmaschinen in Hayao Miyazakis letzten Regiewerk “Wie der Wind sich hebt”

Das ausgerechnet sein Abschied für Kontroversen sorgen würde, damit hatte Hayao Miyazaki wohl nicht gerechnet, als er mit The Wind Rises seinen letzten Film inszenierte. Der Studio Ghibli-Mitbegründer, dessen Film in Deutschland als Wie der Wind sich hebt anläuft, hat mit diesem, seinem letzten Werk eine fiktive Biografie des Flugzeug-Designers Jiro Horikoshi erschaffen. Horikoshi lebte von 1903 bis 1982 und gilt als Schöpfer der Mitsubishi A5M und dessen Nachfolgers der Mitsubishi A6M Zero. Beide Flugmaschinen wurden von Japan im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, vornehmlich nach dem Angriff der Amerikaner auf Pearl Harbor.

Einen Zeichentrickfilm über den Mann zu machen, der dem Krieg – wenn auch unbeabsichtigt – eine starke militärische Waffe zuspielte, das gefiel in Japan zum Filmstart keiner politischen Partei. Dennoch erhielt Wie der Wind sich hebt das japanische Äquivalent zum Oscar, für dessen amerikanischen Bruder der Film zwar nominiert war, sich aber gegen Die Eiskönigin nicht durchsetzen konnte.

Am Reißbrett arbeitet Jiro mit ganzer Leidenschaft an ausgefallenen neuen Ideen für Flugmaschinen

Am Reißbrett arbeitet Jiro mit ganzer Leidenschaft an ausgefallenen neuen Ideen für Flugmaschinen

Wie der Wind sich hebt ist eine Adaption von Miyazakis eigenem Manga, der wiederum lose auf der 1937er Kurzgeschichte Kaze tachinu von Tatsuo Hori basiert. Die Geschichte versetzt uns ins Japan der 1920er Jahre, zu einem begeisterten Erfinder, der mit all seiner Leidenschaft Flugmaschinen konstruiert. Leider aber auch ein später im Krieg eingesetztes Flugzeug. Doch bevor es zu seinem verheerenden Einsatz kommt, ist der Film schon zu Ende. Hayao Miyazaki, selbst ein begeisterter Freund der Fliegerei (ein Motiv in vielen seiner Filme), möchte sich nicht dem Krieg hingeben, auch wenn dieser hier immer wieder empor kocht, wie er nun einmal auch im wahren Leben nicht ausgeblendet werden kann.

Wie immer benötigt das Studio Ghibli keine 3D-Spielereien und fokussiert sich ganz und gar auf das Erzählen. Jeglicher Zuckerschock oder Epilepsie-Anfälle, die durch manche US-Produktion hervorgerufen werden könnte, ist hier schlicht nicht zugegen. In der Ruhe liegt die Kraft, vielleicht ist das in der traditionellen Natur der Japaner verankert. Studio Ghibli bringt uns sozusagen die Arthouse-Zeichentrickfilme ins Kino.

Jiro schaut zwar in die Zukunft, im Film wird dieser kriegerische Ausblick aber nicht mehr erzählt

Jiro schaut zwar in die Zukunft, im Film wird dieser kriegerische Ausblick aber nicht mehr erzählt

So sehr sich Miyazaki als Flieger fühlt, so romantisch zeichnet er auch dieses Bild. Zu Beginn von Wie der Wind sich hebt sehen wir ein Flugzeug auf dem Dach eines Hauses. Ein kleiner Junge steigt hinauf, balanciert auf der Spitze zu dem Fluggefährt, setzt sich hinein und hebt ab. Er fliegt über die Landschaft, blickt auf sie herunter. Die Tristesse die herrscht, wird überall dort in Farbe umgewandelt, wo das Flugzeug seinen Weg nimmt. Geschwind gleitet der Junge unter einer Brücke hindurch, dann von ganz weit unten nach ganz weit oben zu den Wolken hinauf. Dort aber taucht ein Kriegsflugzeug auf, wirft Bomben ab. Da ist er. Der unvermeidbare Kriegszustand, der den Träumer in die Realität zurück holt. Das Flugzeug, das über dem Jungen schwebt, wirft Bomben auf die Welt unter ihm. Geschockt fällt er aus seinem eigenen Flugzeug hinaus, wird hierdurch aus seinem Traum gerissen. Was sich hier jedoch als Traum manifestiert, wird Jiro in seinem Leben noch als pure Realität kennenlernen.

Jiro ist ein guter Junge, aus ihm wird auch ein guter Mensch werden. In der Schule verteidigt er kleinere Mitschüler vor Hänseleien und Schubsereien, später hilft er auf der Straße einer verletzten Frau und reicht sein Essen in Zeiten der Not an hungrige Kinder weiter. Die Tragik der Geschichte wird deutlich: ausgerechnet Jiro wird eine verheerende Kriegsmaschine entwerfen. Hier taucht der Film in dieselbe Kriegsmelancholie ein, wie es schon Isao Takahatas Das letzte Glühwürmchen getan hat. Bis heute wohl einer der traurigsten Filme des Studio Ghiblis und in der gesamten Welt des animierten Films.

In Hayao Miyazaki verliert die Filmwelt einen der vermutlich besten Geschichtenerzähler. Aber erst wenn hier das Bild schwarz wird, wenn das Leben von Jiro erzählt worden ist, dann ist auch das filmische Werk Miyazakis abgeschlossen. Zumindest für ihn. Wir können uns seine Filme einfach immer und immer wieder ansehen.

Wie der Wind sich hebt
Regie & Drehbuch: Hayao Miyazaki
126 Minuten, freigegeben ab 6 Jahren, Kinostart: 17. Juli 2014
im Netz: Offizielle Homepage zum Film
alle Bilder © Universum/24 Bilder

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