Wie Bill Gates sein Geld verschwendet: "Lucky Iron Fish"

Vor ein paar Wochen verdeutlichte ich noch einmal meine Einstellung zur Spendenwilligkeit an Organisationen. Ich habe hier im Blog auch schon behauptet, dass selbst Menschen wie ich, die nicht viel verdienen oder besitzen, einen ebenso großen Effekt im Leben von Armen erzielen können wie die reichsten Menschen dieser Welt. Damit wollte ich ermuntern, einen eigenen Beitrag zu leisten, aber möglichst im persönlichen Kontakt zu denen, die Hilfe brauchen, ohne Mittelsmänner und gern auch mit dem Wunsch verbunden, die Beschenkten mögen eine Gegenleistung bringen, die ihnen ihre Würde belässt oder zurückgibt.    Nun habe ich ein konkretes Beispiel gefunden, wie die Bill Gates Stiftung offenbar mit ihren Geldern umgeht. Zum "Lucky Iron Fish" habe ich ein bisschen recherchiert, nachdem ich einen in Cannes ausgezeichneten Promo-Clip für dieses Projekt gesehen hatte. Siehe da, ein Dr. Charles hat also (offenbar noch als Student) bei einem Kambodscha-Besuch die schöne Idee entwickelt, den Menschen Eisenbarren zu schenken, damit sie diese in ihren Kochtopf (bei Armen in der Regel aus Aluminium) legen und so Eisen in ihre Gerichte abgegeben wird, um ihrem diesbezüglichen Nährstoffmangel abzuhelfen. Da die Barren nicht angenommen wurden, entwickelte Charles einen Eisenfisch, der bei ihm zunächst "The Happy Fish" hieß und aus recyceltem Eisen bestand. Diese Art Fisch gilt als Glückssymbol in Kambodscha, und sie wanderte fortan tatsächlich in die Töpfe bzw. Woks. Im Gegensatz zum Ausgangsprodukt soll der heutige "Lucky Iron Fish" nur noch aus hochwertigem, bio-verfügbarem Eisen (nach ISO 22000) bestehen und nicht mehr aus recyceltem Material.   Inzwischen hatten Studienkollegen dieses pfiffigen Kerlchens, inklusive ihres Professors, die Sache in die Hand genommen und schnell kommerzialisiert. Auch wenn man sich beim Webauftritt bemüht, wie eine Hilfsorganisation zu wirken, handelt es sich, wie ebenfalls nicht verschwiegen wird, um eine zwar auf wissenschaftlichen Studien beruhende Aktion, die aber weder die FDA-Zulassung (für Nahrungsergänzung etc.) noch gemeinnützigen Status hat. Liest man die Studien genau, so hat unser pfiffiges Kerlchen in einer ersten Studie die Langzeitwirkung des Eisenfisches bereits widerlegt, dafür aber die wahrscheinlichen Gründe Arsen- und Mangangehalt des Brunnenwassers angegeben, das die einheimische Probandengruppe getrunken hatte, was die Aufnahme von Eisen in ihrem Körper einschränkte. In einer zweiten Studie war die Maßnahme dann erfolgreich, weil man offensichtlich darauf achtete, dass kein solches Wasser getrunken wurde. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man in Kambodscha bei Armen immer damit rechnen muss, dass sie auf solches Wasser zurückgreifen, und mich auch die Aussage der Leute hinter dem Projekt, sie würden auf das Problem nun künftig bei Übergabe der Fische hinweisen, nicht überzeugt. Ich glaube einfach nicht, dass ohne hinreichende Kontrolle und Verbesserung der Wasserversorgung der Fisch seine Wirkung entfalten kann.   Nun kamen in mir weitere Fragen auf, z. B., wieso denn nicht einfach Eisenpfannen, die dort kaum mehr kosten als den Spender ein Fisch (nämlich 5 kanadische Dollar, fortan: CAD) verteilt würden. Es wird darauf hingewiesen, dass Eisenpfannen unzuverlässige Mengen an Eisen abgäben und meist von Ölschichten bedeckt seien, die dies im Lauf der Zeit zunehmend verhinderten. Wieso das mit dem Fisch trotz Anleitung bei wenig Gebildeten anders laufen soll, da er ja im selben Sud liegt, ist mir ebenso schleierhaft.   Was mich nun besonders stutzig machte, war die Tatsache, dass zunächst zu jedem online gekauftem Fisch für 5 CAD drei Fische gespendet wurden, seit einiger Zeit jedoch nur noch einer ("buy one, give one"). Als Grund gab man an, dass man nun - statt einfach Fische abzugeben - die Bevölkerung in sinnvollen Ernährungsmaßnahmen u. ä. schule und dies die Differenz ausmache. Da blieb mir dann nichts anderes übrig, als die Zahlen auf der englischen Wiki-Seite mal genauer unter die Lupe zu nehmen.   Dr. Charles Recycel-Fisch soll demnach 2011 noch 1,5 CAD in der Produktion gekostet haben, drei Jahre später wurden schon 5 CAD veranschlagt. Tatsächlich kann man die Kilopreise für Eisen unter Rohstoffen auf entsprechenden Börsenseiten nachschauen (1 Tonne Eisenerz kostet etwa 60 USD), und da der Fisch keine 300 Gramm wiegt, dürfte sein Materialpreis auch bei besonderer Bioverfügbarkeit allerhöchstens bei umgerechnet 1 CAD liegen, die Produktionskosten in Kanada kann ich mir nicht höher vorstellen, so dass an jedem Fisch schon mal 3 CAD verdient würden, Die "buy one, give one"-Option kostet aber knapp 30 CAD (ohne Porto), wenn zwei Fische also für 2 x 2 = 4 CAD hergestellt würden, entstünde bei jeder Bestellung ein Gewinn von ca. 26 CAD (ca. 18 Euro) oder über 85 % des Verkaufspreises. Als ich fragte, wie es denn mit den Kosten des in Kambodscha hergestellten Fisches aussähe und aus welchem Material denn dieser sei, antwortete man mir, dass entgegen der Aussagen auf ihrer Webseite momentan dort keiner hergestellt würde. Um ihnen das aus der Nase zu ziehen, musste ich drei emails verfassen.   Von Wiki lernen wir nun, dass das Projekt fast eine Million CAD an Geldern eingeworben hatte und davon zunächst 60.000 Fische bei angeblichen Kosten von 5 CAD pro Fisch herstellte. Selbst dann wären noch mehrere Hunderttausend kanadische Dollar übrig geblieben. Trotzdem stiegen nun private Investoren mit einer weiteren guten Million CAD ein, darunter auch die Bill Gates Foundation.
Wie man sieht, geht es hier um ein Riesengeschäft, bei dem der Eisenmangel vieler Kambodschaner gerade recht kommt. Ich kann nur jeden investigativen Journalisten ermutigen, vor Ort zu schauen, ob tatsächlich die Wasserqualität dort regelmäßig überprüft wird, wo der Fisch verteilt wurde, und ob die Blutwerte der Beschenkten sich tatsächlich im gesunden Rahmen signifikant verbessern. Für mich stinkt das Ganze nach einem unglaubwürdigen Hype, der mit einer prämierten Werbekampagne und großen Unterstützernamen die Taschen von einigen Wissenschaftlern füllt, die eigentlich Besseres zu tun haben sollten. Eisenmangel ist natürlich auch anders zu beheben, insbesondere durch Fleisch und auch durch den gar nicht so problematischen Anbau verbreiteter Pflanzen. Das wäre der m. E. richtige Weg, der Bevölkerung zu helfen, und um sie damit hinreichend zu versorgen, muss natürlich auch die mit Hilfsgeldern überschüttete kambodschanische Regierung in die Pflicht genommen werden. So haben wir nur ein paar Profiteure mehr, die eine an sich gute Idee dazu verkommen ließen, sich die Taschen zu füllen. 
 

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