Wenn Tatwaffen nicht vom Himmel fallen: Guter, aber nicht herausragender neuer Frankfurt-Tatort "Kälter als der Tod"

Wenn Tatwaffen nicht Himmel fallen: Guter, aber herausragender neuer Frankfurt-Tatort „Man darf sich schon jetzt vor Freude in die Hose machen!“, schrieb ich bereits im Februar im Bezug auf das neue Frankfurter Tatort-Gespann. Damals sagte Joachim Król Goodbye. Sein Tatort-Ich Frank Steier, ein Trunkenbold, war an jenem Sonntagabend zum letzten Mal in der Main-Metropole im Einsatz. Nun gehen Anna Janneke (Margarita Broich, übrigens die Lebensgefährtin vom Ex-Ermittler Martin Wuttke) und Paul Brix (Wolfram Koch) dort auf Mörderjagd. Inszeniert wurde ihr Debüt von Florian Schwarz, geschrieben wurde der Auftakt von Michael Proehl. Das konnte also nur großartig werden, deswegen meine große Vorfreude. Und ja: „Kälter als der Tod“ ist ein guter Tatort, jedoch kein herausragender.Das ist vor allem der leicht überfrachteten Story geschuldet. Die gesamte Familie Sanders wurde hingerichtet, nur die Tochter Jule (Charleen Deetz) überlebte. Genauso wie ihr Kindermädchen und die Nachhilfelehrerin Miranda (Emily Cox). Beide sind verschwunden, wie die Kommissare am Tatort herausfinden. Wurden sie entführt? Und falls ja: Wer war's? Silke Kern, die Schwester der Toten (Carina N. Wiese), die schon seit Ewigkeiten kein gutes Verhältnis mit den Sanders hatte und sich in einem Erbschafts-Konflikt mit ihrer Schwester befand. Oder ihr Mann Martin (Roman Knizka), ein Notfallarzt, den Brix als „anales Riesenarschloch im Quadrat“ in Erinnerung hat. Martin Kern hatte vor einigen Jahren bereits mächtig Dreck am Stecken, diesmal auch? Und was hatte es mit der CD auf sich, die in Dauerschleife in der Stereo-Anlage der Sanders lief? Oh, halt: „Es war nur ein Lied, es war eine Single-CD!“ Na, wie dem auch sei – Single-CD hin, Maxi-CD her. Dem Paketboten Achim Lerchenberg (Sebastian Schwarz) dürfte es egal sein, der hat nämlich die Leichen gefunden – und auch er ist ein seltsamer Zeitgenosse. Schließlich öffnet er die auszutragenden Pakete, um sich deren Inhalt selbst zu bestellen. Hat er deswegen irgendwas mit dem Mord zu tun? Viele Fragen für die beiden Neuen...

Wenn Tatwaffen nicht Himmel fallen: Guter, aber herausragender neuer Frankfurt-Tatort

Die Neuen in Frankfurt...©HR/Benjamin Knabe

Viele Frage zu vielen skurrilen Dingen. Denn während die beiden Neuen zwar mal keine wirklich schwerwiegenden Laster mit sich tragen, wimmelt es in dem Fall nur so vor Kuriositäten. Der angesprochene Paketbote ist ein wahrer Psycho – und damit verdächtig. Der Notfallarzt hat se auch nicht mehr alle ganz richtig sitzen – und gehört damit auch zu den Verdächtigen. Die beiden entführten Mädchen sind ebenfalls irgendwie miteinander verwandt, miteinder liiert – oder doch nicht. Inzest, lesbische Liebe, ein Haufen Patienten für die Geschlossene. Proehls Geschichte krankt schon etwas daran. Auch das Geheimnis um die ominöse CD ist etwas weit hergeholt. Der Fall ist zwar nicht mehr als ein Whodunit und damit eigentlich perfekt geeignet für ein Tatort-Debüt. Aber „Kälter als der Tod“ will einfach zu viel.Wie gut, dass die Kommissare diesmal reduziertere Lebensläufe vorweisen können. Kein Gehirntumor, keine tote Familie, Janneke und Brix sind zwei Polizeihasen, die einfach neu beginnen möchten im Herbst ihres Lebens. Janneke stammt aus Berlin, war dort Polizeipsychologin; Brix war vorher „Straßenköter bei der Sitte“ in der Banken-Stadt. Sie hat bloß einen Sohn in Übersee im Petto, er ist Untermieter einer seltsamen Frau namens Fanny (Zazie De Paris), die ein Faible für Blumen hat. Im Gegensatz beispielsweise zu den neuen Berliner Kommissaren mögen die beiden sich aber direkt und stehen sogar für den jeweils anderen ein, was den Kommissariats-Leiter Riefenstahl (großartig wie immer: Roeland Wiesnekker), der nicht verwandt ist mit etwaigen Namensgefährten des dritten Reichs, imponiert. Koch und Broich, beide Theater-erfahrene Darsteller, müssen das ein ums andere Mal leider etwas sehr gestelzte Dialoge vortragen und wirken so tatsächlich manchmal mehr wie auf der Bühne. Glücklicherweise springt Wiesnekker da gleich in die Bresche und punktet mit schönen Momenten. Als die Ermittlungen feststecken, wünscht er sich eine vom Himmel fallende Tatwaffe. Verdächtige finden ihn zum Kotzen. Genauso schön, dass sich Kommissars-Einführung und der Fall diesmal prima nebeneinander ergänzen.

Wenn Tatwaffen nicht Himmel fallen: Guter, aber herausragender neuer Frankfurt-Tatort

...und ihr erster Tatort. ©HR/Benjamin Knabe

Ebenso fein ist das Handwerk von Schwarz. Splitscreens, kluge, mit viel Liebe zum Detail ausgetüftelte Bilder: Wo das Drehbuch seine Schwächen hat, bügelt das der Regisseur wieder aus. Besonders nett ist sein Einfall, die Kommissare bei wichtigen Szenen einfach vom Verhörraum ins Erzählte hineinzubeamen. So wird aus faden Verhören ein lebendiges Erzählen. Mutig, aber gelungen.

Wenn Tatwaffen nicht Himmel fallen: Guter, aber herausragender neuer Frankfurt-Tatort

©ARD

Und wenn es dann zum perfekt inszenierten Showdown kommt, macht man sich wirklich vor Begeisterung schon beinahe in die Hose. Auch wenn letztlich doch keine Tatwaffe vom Himmel fiel, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.BEWERTUNG: 08/10Titel: Tatort: Kälter als der TodErstausstrahlung: 17.05.2015Genre: KrimiRegisseur: Florian Schwarz
Darsteller: u.a. Margarita Broich, Wolfram Koch, Roeland Wisnekker, Roman Knizka, Carina N. Wiese

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