Wenn Sport über allem steht

Ob in TV-Reportagen, in Zeitschriften oder sogar im Radio: In letzter Zeit hört und liest man immer häufiger über die Auswirkungen von Sportsucht und die Gefahr der übertriebenen Selbstoptimierung. Kein Wunder: Mehr und mehr Menschen wollen sein wie medial präsentierte Stars oder ihren Vorbildern auf Instagram nacheifern. Und viele davon, die exzessiv Sport treiben, haben noch nicht einmal ein Problem damit, wenn man sie mit dem Begriff „Sucht“ konfrontiert. Es ist erstaunlich, wie scheinbar erwachsen sie mit diesem Problem umgehen, es jedoch meistens mit einem Lächeln hinnehmen und sagen: „Ach ja, solange ich keine Schmerzen habe, ist das doch die gesündeste Art von Sucht.“ Naja, ganz so einfach ist es aber leider nicht.

Wo beginnt die Sportsucht?

Sport macht Spaß, ist gesund und wichtig. Aber die laufende Leistungssteigerung kann süchtig machen. Denn wer mit Feuereifer bei der Sache ist, merkt manchmal gar nicht, dass er übertreibt. Da werden Schmerzen oder absolute Verausgabung ignoriert. Vor allem jüngere Sportler unter 30 geraten häufiger in eine Sportsucht. Besonders Ausdauersportler sind betroffen, aber auch Kraftsportler können in eine Abhängigkeit geraten. Manche trainieren sogar nachts, vernachlässigen immer häufiger ihr soziales Umfeld und schludern im Job.

Warum wird man süchtig nach Sport?

Beim Trainieren werden Glückshormone ausgeschüttet: Man hat etwas geschafft und kann stolz auf sich sein. Davon will man natürlich immer mehr und vergisst dabei glatt, dass es auch noch andere Quellen des Glücks und der Bestätigung gibt. Es ist ein Kick, doch die Dosis muss immer weiter gesteigert werden, um denselben Effekt zu erzielen. Oft kommt dann noch der Drang der Selbstoptimierung dazu. Stetig an sich zu arbeiten und Gefallen an dem zu finden, was man im Spiegel sieht….das kann sich schnell verselbstständigen und letztendlich die Selbstwahrnehmung stören. Obwohl man sich so sehr mit sich selbst beschäftigt, verliert man sich aus den Augen. Kurios.

Ein „Entzug“ vom täglichen Training kann ähnliche Symptome wie eine Alkoholsucht zeigen: Nervosität und Unruhe, außerdem das Bemühen, sich immer weiter zu steigern. Es ist also schwierig, eine Sportsucht festzustellen in einer Gesellschaft, wo Leistungssteigerung und Anstrengung mit Erfolg gleichgesetzt wird und man dafür gelobt wird.

Bislang kaum erforscht

Sportsucht ist in Deutschland noch kaum erforscht und anerkannt, meist nur in Verbindung mit einer Essstörung – hier spricht man dann oft von der Anorexia Athletica. Diese Broschüre hier gibt einige Infos darüber.

Obwohl das Thema in Deutschland stiefmütterlich behandelt wird, ist es eine Tatsache, dass Sport süchtig machen kann. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geht davon aus, dass mehr Menschen als angenommen betroffen sind, wahrscheinlich rund 1 bis 3 Prozent der deutschen Sportler. Eine Studie der Universität Erlangen und der Universität Halle-Wittenberg hat gezeigt, dass von 1089 befragten Ausdauer-Athleten rund 4,5 Prozent sportsuchtgefährdet waren. Die Zahlen zeigen, dass Sportsucht kein Massenphänomen ist – was erklärt, warum kaum zu diesem Thema geforscht wird.

Doch die Sucht kann furchtbare Ausmaße annehmen. Ich habe von Einzelfällen gelesen, in denen sich Süchtige die Ferse bis auf den Knochen abgelaufen haben und trotzdem weiter trainierten. Oder auch Menschen, die ihren Job und Freunde aufgeben, nur damit sie ihr Sportpensum schaffen.

Nicht jeder, der viel trainiert ist süchtig

Fakt ist: Nicht jeder Mensch, der viel trainiert, ist krankhaft süchtig. Leistungssportler trainieren sogar mehrmals am Tag. Aber auch die gönnen sich ab und an eine Pause – mindestens 1 Tag pro Woche und einmal 1 Monat im Jahr. Erst wenn man sich und seinem Körper gar keine Pause mehr gönnt, wird es gefährlich. Das sind die häufigsten Anzeichen:

  • Du trainierst manchmal nachts
  • Du trainierst oft heimlich
  • Du machst keine Sportpause
  • Du gehst bei Verletzungen nicht zum Arzt
  • Essenseinladungen, Hochzeiten oder außerordentliche Termine sind ein Problem, weil sie mit deinen Trainingseinheiten kollidieren
  • Viele Menschen in deinem Umfeld fragen dich häufig, ob du es nicht vielleicht übertreibst

Power durch Pause

Ich bin absolut sportsüchtig, wenn auch die Auswirkungen lange nicht mehr so dramatisch wie oben beschrieben sind. Da gab es schon andere Zeiten, doch dazu ein ander mal mehr.

Mir diente jedenfalls der Januar als dieser 1 Monat, um endlich mal runterzufahren. Statt Gym gab es Spaziergänge, statt Spinning hin und wieder lockeres Rollen auf der Radrolle, statt Schwimmintervalle lieber Techniktraining und lockeres Plantschen. Und was noch? Lesen, schlafen (!!!), schreiben, essen, mich um mich selbst kümmern, Freundschaften pflegen. Und das tat sowas von gut und ich kann das jedem ambitionierten Hobbysportler nur empfehlen.

Mit dem Thema ist nicht zu spaßen und ich bitte jeden einzelnen, der sich angesprochen fühlt, einmal ehrlich in sich hinein zu hören und sich zu fragen, ob er vielleicht auch betroffen sein könnte. Und wenn ja: Such dir Hilfe und rede mit den Menschen deines Vertrauens darüber. Oft liegt das Problem nämlich viel tiefer und es ist nur eine Auswirkung von etwas ganz anderem. Aber du bist damit nicht alleine, wie du siehst.

Mein Tipp: Prof. Dr. Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln zeigt in seinem Buch „Power durch Pause“, wie man in vier komplexen Phasen – im Tagesverlauf, nach getaner Arbeit, am Wochenende sowie im Urlaub, auf Reisen – den Schalter zunächst auf Pause und dann erfolgreich wieder auf Power umlegen kann. „Denn um die Heilkraft von Pausen richtig zu nutzen, braucht es geeignete aktive und passive Maßnahmen“, meint der Fitnessdok.


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