Weitwandern in der Nordwestschweiz

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Kann man in und um Basel überhaupt weitwandern? Oder ist es einfach zu eng, zu provinziell, um hier Weite zu erfahren, um Weite zu erwandern? – Man kann. Allerdings muss der Begriff der Weite ganz schön weit gefasst werden. Mein Vorschlag heute: die «Weit-»wanderung vom Arlesheimer Dom zum Basler Münster, eine hübsche kleine Wanderung mit Suchtpotenzial. Ich habe sie gefühlte tausend Mal unternommen.

Sie beginnt mit dem Abstieg von Arlesheim in die Niederungen der Agglo in Richtung Dornach Brugg. Sinnigerweise benutzen wir dafür den Bruggweg, gehen vorbei an herrschaftlichen Anwesen in Pärken mit altem Baumbestand. Wie viel Grösse sich da hinter Hecken und Mauern versteckt, grad so als würde sie sich ihrer selbst schämen! Wir lassen sie links liegen, die diskrete Grandezza, und finden uns bald an der Birs wieder, folgen ihr flussabwärts durch die Reinacher Heide, dem Natur- und Naherholungsgebiet zwischen Aue und Autobahn. Wie in einem Freilichtmuseum ist hier die Natur didaktisch aufbereitet. Bunte Infotafeln säumen den Weg, den nicht zu verlassen weitere Schilder anmahnen.

Derart belehrt und ermahnt lassen wir die Birs bald schon wieder hinter uns, stechen durch etwas fade Wohnquartiere an Reinachs Ostflanke und erklimmen das Bruderholz Richtung Predigerhof. Das ist ein schöner Augenblick auf dieser Wanderung: die überwältigende Weite, sobald du die Anhöhe erreichst. Plötzlich dieser Überblick! Von der Agglo kommst du direkt in den Himmel.

Und in dieser Übersichtlichkeit bleibst du bis kurz vor dem Abstieg in die erneuten Niederungen des Gundeli. In deinem Rücken drücken die Juraketten schwer, während dich vorne der weite Blick in den Schwarzwald und die Vogesen stadtwärts zieht, vorbei am markanten Wasserturm, vorbei an Schrebergartenidyllen und zunehmend urbanen Anmutungen. Schliesslich baut sich vor deinen Augen die ganze Pracht der Stadt auf. Von weit her hörst du ihr Gesumm, ihr Gebrumm, ihr Gebrüll. Und plötzlich bist du unsicher, schrickst vor soviel Stadt zurück – und machst auf dem Absatz kehrt. Du suchst das Weite. Die Stadt, das Münster können warten. Zudem ist der Platz für deine Kolumne auch schon aufgebraucht. Weitwandern geht eben etwas länger.


Der «Stadtwanderer» erscheint monatlich als Kolumne in der «ProgrammZeitung».

Bild: «P1000618» von Patrik Tschudi CC-Lizenz via flickr


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