Vorbildfunktion und kognitive Dissonanz

Sichtlich genervt von der aktuellen “Ethik-Diskussion” umschrieb Urban Priol in der Kabarett-Sendung “Neues aus der Anstalt” (ZDF am 28.05.2013) den Betriff nochmal griffig: Ethik sei wie Religion – nur ohne Weihnachten.

Vorbildfunktion und kognitive Dissonanz

Mäuse schnappen – Ist das DAS Ziel einer politischen Karriere?


Ethik:
Ein Verhaltenskatalog, der moralische Grundlagen menschlichen Handelns im Zusammenleben bestimmt, und sich eben nicht in verzettelnden Kleinstbestimmungen einer nur sprachlichen “Political Correctness” verliert, sondern gesellschaftlich allgemein akzeptierte Grundlagen für vorbildhaftes, mitmenschliches und soziales Handeln und Verhalten festlegt. Wie Menschen “ethisch handeln” muss  nicht unbedingt in Büchern nachgelesen werden, sondern wird mit der Sozialisation in einer Gesellschaft verankert und durch alle, diejenigen, die in einer Gesellschaft Vorbildfunktionen innehaben vorgelebt: Diese können beispielsweise Eltern, “Großer Bruder/Schwester”, Jugendleiter, Pfarrer, Sportler, Vereinsobere, Politiker, Prominente, Medien-Moderatoren – und “der Staat” und seine Vertreter sein. Man nennt ethisches Handeln gerne auch “Anstand”.

Einfach gesagt, könnte lt. Priols überspitztem Einwurf, die selbst-erklärende  und aus sich selbst-verständliche “goldene Regel” als ethisches Grundprinzip herhalten.
„Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu.“

Diese Regel, die jedes Kind verstehen und begreifen kann, verdient erneut Betrachtung, denn das tatsächliche Handeln unserer nicht ausschliesslich politischen Vorbilder scheint sich längst nicht mehr an diesen grundlegenden Wertvorstellungen zu orientieren.

Leiden unsere Vorbilder noch an “kognitiver Dissonanz” oder sind wir bereits in einer post-ethischen Phase der ungezügelten Gier ?

Vorbildfunktion und kognitive Dissonanz

Beschreibung = Vereinfachtes Modell der kognitiven Dissonanz

Auf Wikipedia ist ein gutes Beispiel für das Auftreten dieses Spannungszustandes zu finden. Kognitive Dissonanz träte unter anderem auf, wenn:  “wenn man sich konträr zu seinen Überzeugungen verhält, ohne dass es dafür eine externe Rechtfertigung (Nutzen/Belohnung oder Kosten/Bestrafung) gibt.” (1)

Vorbild-Verhalten heute

Ständig neue Hiobsbotschaften in den Medien, und eine Selbstbedienungsmentalität, die wir sie bisher nur aus unterentwickelten und totalitären Saaten kannten, greift mittlerweile auch in unserer angeblich so zivilisierten und von ethischen Grundsätzen bestimmten Gesellschaft wie eine Krake um sich.
Was du nicht willst, dass man dir tu’,..” bedeutet zu Ende gedacht auch, nicht die Allgemeinheit zu bestehlen. Ihr das wegzunehmen, was die Mitglieder durch ihre gemeinschaftliche Anstrengung in Form von Steuern an den Staat abgibt.

Sind unsere Werte vollends abhanden gekommen? Ist dies nur eine Fehlentwicklung oder ist der Mainstream bereits ohne “Anstand”, ohne “Goldene Regel” bar jeder kulturellen Werteverankerung der ungezügelten Gier und Skrupellosigkeit erlegen?

Gerne stellt man einschlägige Begriffe wie Moral und Ethik in den Fokus der Diskussion, um die Versäumnisse und das Versagen von Managern aus Politik und Wirtschaft zu verschleiern bzw. zu legitimieren. Doch die tatsächlichen Ursachen  wie fehlende Reglementierungen und nicht vorhandene Vorgaben und Gesetze, begünstigen eine Mentalität, die vielen Menschen unserer Gesellschaft wie selbstverständlich eigen ist:
- Alles was nicht verboten ist, ist erlaubt.
- Man darf selbst Verbotenes tun, sich bloss nicht erwischen lassen.

Und ein  anständiger Mensch zu sein, Moral zu beweisen, dafür gibt es keinerlei Belohnung, die in klingende Münze umgewandelt werden könnte. Und wer weder Geld noch Macht hat, ist der heute grundsätzlich ein Loser?
Jedoch: Moralvorstellungen einer Gesellschaft, die sich im großen und Ganzen an der Logik einer Gewinnmaximierung orientieren, haben die Unart, eine Eigendynamik  zu entwickeln, denn in ihrer Zuspitzung als Gier und riskante Zügellosigkeit wirken sie ökonimisch kontroproduktiv.
Mittlerweile wird ein Mangel an Ethik und Moral für das Entstehen der aktuellen Wirtschaftskrise mit verantwortlich gemacht.

Wenden wir unseren Blick zu einem Freistaat im Süden der Republik:
Um diese These zu untermauern  werden Schuldige gesucht und auch gefunden. Jedoch sind diese Reaktionsmuster nicht geeignet um Wege aus der Krise aufzuzeigen sondern dienen allein dazu seinem Gegenüber die Verantwortung zuzuschieben, ohne jedoch eine Lösung des Problems herbeizuführen.

Davon kann auch der Bayrische Regierungschef Herrn Horst Seehofer dieser Tage ein Lied singen. Von 11 seiner in der bayrischen Staatskanzlei tätigen Minister und Staatssekretäre sind 6 aktiv  in die aktuelle  “Amigo-Affäre” verwickelt. Dies erzeugt zurzeit viel Frust in der CSU und kann “schlimmstenfalls” zu einer Umbildung des Kabinetts führen. Insgesamt 16 von 34 Abgeordneten nutzten schamlos noch schnell die Gelegenheit, um kurz vor einem Verbot durch den Gesetzgeber im Jahr 2000 ihre Familienangehörigen mit lukrativen Verträgen auszustatten.

Zahlungen an Familienangehörige: (3)

Gerhard Eck: Innenstaatssekretär zahlte monatl.768.-€ netto für die Tätigkeit seiner Frau.

Helmut Brunner: Landwirtschaftsminister vergütete die Arbeit seiner Frau in den Jahren 2000 bis 2009 mit bis zu 919.-€ pro Monat. Auch Brunners Nichte und Schwester wurde Ihre Tätigkeit mit 325.-€ und 400.-€/ mtl. honoriert.

Franz Pschierer: Finanzstaatssekretär. Seine Frau arbeitete von 2000 bis Februar 2013 für ihren Mann, dies wurde mit bis zu 625.-€ per Monat vergütet.

Bernd Sibler: Kultusstaatssekretär ließ sich die Arbeit seiner Frau 520.-€ im Monat kosten.   Beschäftigungsdauer: 2000 bis Oktober 2007.

Ludwig Spaenle:  Kultusminister zahlte seiner Frau für eine Vollzeitstelle bis 2008 im Durchschnitt 2041.-€ und anschließend 658.- € für einen Teilzeitjob.

Beate Merk: Justizministerin zahlte ab 2010 durchschnittlich 1231.-€ für die Mitarbeit ihrer Schwester.

Diese  Vorgehensweise  hatte den Charme, dass bei einer späteren Überprüfung diese Verträge noch als Altfälle eingestuft  werden. Hier von erheblicher krimineller Energie zu sprechen wäre überzogen, höchstens ein Mangel an Anstand und Moral kann ins Feld geführt werden. Doch dies ist (leider) kein Straftatbestand. Das fehlende Unrechtsbewusstsein oder eine nicht vorhandene “christliche Ethik” der Beteiligten gipfelt in der Aussage, “es war alles rechtens was wir gemacht haben.”

Der Vertrauensverlust in Politik und deren Außendarstellung  ist der primäre Schaden. Noch gravierender wiegen fehlende Vorgaben und Gesetze, die künfitge Auzwüchse verhindern könnten, sowie der ausufernde  Lobbyismus.  Einen viel schlimmerer, weil in das kollektive Gedächtnis der Bürger eingbrannte Vorbild-Verhaltensweise ist: “Nimm ohne Rücksicht, solange Du es kannst und drücke Dich vor Deiner Verantwortung, wo es geht”
Diese brisante Mischung belastet Politik und Demokratie, ja auch eine positive gesellschaftliche Entwicklung dauerhaft, und schädigen das Ansehen aller Representanten auf lange Sicht. Somit sind mangelnde Moral und fehlende ethische Grundsätze der Handelnden Personen in Wirtschaft und Politik für den Werteverfall eines Landes maßgeblich mitverantwortlich.

Öffentliche Zänkereien unserer Politiker und ein Zur-Schau-Stellen nicht vorhandener Konsensfähigkeit irritiert viele Bürger.  Diese fühlen sich so als hilflose  Opfer einer fehlgeleiteten Politiker-Kaste, die in ihren durch Steuergeldern abgesicherten Positionen, ein von existenziellen Sorgen befreites Leben in einer Parallelwelt führen.
Das Ergebnis sehen wir täglich in den Schlagzeilen und es hinterlässt Frust und Politikverdrossenheit auf breiter Front. Mit diesen Verhaltensweisen manifestieren wir den schlechten Umgang untereinander permanent. Das Wahrnehmen, das Vorleben von Vorbildfunktionen der Handelnden in Politik und Wirtschaft könnte als Chance für ein soziales und gerechteres Miteinander dienen.

Doch gibt es Lösungen und Auswege aus diesem sich immer schneller drehenden Teufelskreis? Moral lässt sich nun mal nicht verordnen wie Antibiotika bei einer Grippe, sondern dies erfordert ein radikales Umdenken unserer Gesellschaft,  zu mehr Abkehr vom “Ich zuerst”, einem Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse  und einem Hin zum “Wir”.
Erst wenn in der öffentlichen Wahrnehmung die Wertvorstellung von Anstand, Moral und Ethik einen höheren Stellenwert als Profit und Macht erlangt, werden wir in die Lage versetzt, die Strukturen in unserer Gesellschaft nachhaltig  hin zum Besseren zu verändern.

Anstand- und Mitmenschlichkeit zeigt sich bei denen, die in Not geraten sind: Bei den Menschen, die von der Veramungspolitik betroffen sind, die das wenige teilen, gemeinsam auf die Straße gehen.

Eine geistige Erneuerung in unserer Gesellschaft wird nicht von “oben” kommen, sondern eher durch die in Armut gezwungene Unter- und Mittelschicht, die mit standhafter Solidarität vorlebt, wie sich eine Gesellschaft positiv verändern kann. Geld ist kein Allheilmittel, kein Ziel an sich, um ein glückliches selbstbestimmtes Leben in einer Gemeinschaft führen zu können.
Das Wissen darüber haben wir seit vielen Generationen, aber auch damit leben wir in einer “kognitiven Dissonanz” des Werte-Bewußtseins im Spannungsfeld zwischen dem, was wirklich wichtig ist und der Gier..

ein Beitrag von Hans-Jürgen Philipps


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