Unlesbares endlich unleserlich

Vor zwanzig Jahren, als noch niemand Deutschland sagte, weil es BRD heißen musste, war alles ganz einfach. Weil die Sache ja klar zu sein schien: „Wer sich mit Hitler und dem Nationalsozialismus auseinandersetzen will und sich nicht allein mit Sekundärliteratur begnügen möchte, kommt nicht umhin, wesentliche Passagen von Hitlers „Mein Kampf“ im Originaltext nachzulesen.“ Angetan mit ordentlicher Ideologie-Schutzkleidung, einer Anti-Nazi-Brille, dicken Deutschhandschuhen und unter Aufsicht von staatlichen Organen oder der politisch unverbildeten Ehefrau folgten ein paar Dutzend Deutsche der Empfehlung von Bundespräsident Theodor Heuss, Hitlers „Mein Kampf“ selbst zu lesen, das der Historiker Christian Zentner in einer stark gekürzten und um Kommentare erweiterten Ausgabe im List-Verlag herausgebracht hatte.
Damals ging das noch. Ekkehard Schall hatte es später schon etwas schwerer. Seine aufrüttelnde Lesung aus dem Tagebuch des Unmenschen fiel dem deutschlandweiten Wiederaufarbeitungsverbot zum Opfer: Schalls CD „Mein Kampf“ erschien zwar. Wurde aber sofort wieder in die Tube zurückgedrückt. Zu groß wäre die Gefahr gewesen, dass das schlecht geschriebene, mit vielen unausgewiesenen Zitaten gespickte und "von Menschenhass getränkte" (dpa) Werk die Fangemeinde des Schauspielers wie ein Virus befallen und den Bestand der Demokratie in Deutschland augenblicklich nachhaltig gefährden könnte.
Unlesbares endlich unleserlich Diese Gefahr umging der große türkische Kabarettist Serdar Somuncu noch später nur, indem er seine Lesung aus Hitlers Hetzwerk als Lesung aus dem „großen Werk antimarxistischer Weltliteratur“ ankündigte - doch das war der letzte aktenkundige Versuch, den heute bei n-tv, ZDF, ARD und zahlreichen anderen Programmen als Moderator und Kleindarsteller tätigen Zweifingerbart-Führer in eigenen Worten populär zu machen. Dem Verleger Peter McGee, der Auszüge aus dem Buchunter dem schönen neuen Titel "Das unlesbare Buch" hatte in den Handel bringen wollen, hat das bayerische Finanzministerium dagegen jetzt einen Riegel vorgeschoben: Um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, darf der Brite Auszüge aus der Kampfschrift nur unleserlich gemacht abdrucken. Damit soll verhindert werden, dass sich aus den entleerten Steppen von Brandenburg und Vorpommern erneut ein aufgeputschtes Heer von willigen Helfern aufmacht, um Raum im Osten zu erobern.
McGee, dessen Heimat schon gegen Hitler kämpfte, als Bayern noch von einem aus Siegen stammenden Gauleiter regiert wurde, klagt gegen das Aufklärungsverbot mit Originaldokumenten. Bayern aber bleibt hart: Bis 2015 hält die Staatsregierung noch die Verwertungsrechte an Hitlers Ausarbeitungen zu Volk, Raum und Rasse, so dass die rechtliche Möglichkeit besteht, eine Veröffentlichung zu unterbinden. Auch danach werde man aber einer Veröffentlichung auch von Auszügen aus "Mein Kampf" weiter widersprechen, weil der „die Straftatbestände des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und der Volksverhetzung“ entgegenstünden, heißt es in München.

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