Und trotzdem Weiter: 8 Jahre Wa(h)renhaus

Es gibt politische Blogs, die sind viel kürzer dabei als mein Wa(h)renhaus, sind aber viel etablierter, werden in den Medien zitiert und werden häufig kommentiert. Trotzdem ist dieses Blog für mich etwas Besonderes, und darum wird es auch nach seinem 8. Geburtstag, den es heute begeht, fortbestehen.

Inspiriert hat mich Christiane Link, die in ihrem Blog interessante und spannende Artikel schrieb, über ihren Alltag als Journalistin, über Erfahrungen als ein Mensch mit Behinderung, aber auch über Alltagserfahrungen. Ich habe dieses Blog immer gern gelesen, und Christiane war es, die mir Mut machte, es selbst einmal zu versuchen. Zunächst hatte ich Bedenken, aber sie und ihr Freund, der Computerfachmann ist und sich mit Webdesign und PHP auskennt, machten mir klar, dass es gar nicht so schwer sei, ein eigenes Blog aufzusetzen. Und deshalb baute ich mir mit dem Softwarepaket WordPress, damals glaube ich in der Version 1.5, dieses Blog auf. Anfangs hieß es noch “Mein chaotisches Webtagebuch”, weil ich noch gar nicht so genau wusste, welche Themen ich bearbeiten wollte. Ein paar persönliche Dinge sollten im Netz ebenso verewigt werden, wie Artikel über meine zweite Wahlheimat, die Niederlande, und über die Politik. Da kamen mir das silberne Thronjubiläum der niederländischen Königin, die anstehende Bundestagswahl und die zum 1. Januar eingeführte sogenannte Hartz-Gesetzgebung gerade recht. Damit hatte ich meine ersten Themen gefunden. Außerdem wollte ich auch über Behindertenthemen schreiben, und weil ich im Radio tätig war, konnte ich auch über Medienthemen bloggen. Musik, Religion und Weltraumfahrt waren Ideen, die mir ebenfalls kamen, und natürlich durfte die Geschichte nicht fehlen. Es war also eine bunte Mischung, und während des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 2005, wo ich mich auch an vielen Wahlblogs beteiligte, liefen auch die Zugriffszahlen ganz gut. Als ich mich aber ab September 2005 plötzlich und unerwartet mehr aufs Radio als auf alles Andere konzentrierte, als mein bisher drei bis fünf Stunden pro Woche in Anspruch nehmendes Hobby plötzlich zur Hauptbeschäftigung wurde, vernachlässigte ich das Bloggen immer mehr. Leider.

Trotzdem gab es LeserInnen, die mir treu blieben. Neben meiner Liebsten, die unter dem Namen “Das Nest” viele Kommentare schrieb, waren das vor allem Claudia mit ihrem Blog Sammelmappe, Melody mit ihrem Blog Moving Target und Franz-Josef Hanke, mit Bindestrich übrigens, der inzwischen auch sein eigenes Blog hat. Sie alle haben meine Artikel gern gelesen und mich auch mit ihren Kommentaren bereichert.

Nach ungefähr anderthalb Jahren kam zunehmend Kritik am Namen meines Blogs auf. Er war nicht besonders griffig, und so überlegte ich mir einen neuen Namen. Und weil ich selbst zu keinem ergebnis kam, machte ich ein Preisausschreiben daraus und fragte meine Leserinnen und Leser. Es kamen einige sehr interessante Vorschläge, aber viele davon stellten meine Blindheit in den Vordergrund und spielten teilweise sehr virtuos damit. Aber ich wollte nicht meine Behinderung in den Vordergrund stellen. Das passiert im Alltag sowieso viel zu oft, die Überschrift meines Blogs musste dies nicht auch noch widerspiegeln. So entschied ich mich schließlich für einen Gemeinschaftsvorschlag meiner Liebsten mit Hilfe von Franz-Josef Hanke, und seit dem 7. November 2006 heißt dieses Blog nun “Mein Wa(h)renhaus – ein politisches Geschäft mit Käse aus Holland”. Es war übrigens derselbe Tag, an dem ich auch den Beitrag “mein atheistisches Manifest” verfasste, der bis heute zu den beliebtesten Artikeln dieses Blogs gehört. Ob da wohl ein Zusammenhang besteht?

Es gab Tage, an denen dieses Blog viel gelesen wurde: Während der Krawalle in London, während der Occupy-Demos am 15. Oktober 2011 und vor allem bei der Benennung von Joachim Gauck zum Bundespräsidentschaftskandidaten fast aller Parteien. Aber in den letzten Jahren, in denen ich eigentlich wieder regelmäßig blogge, waren solche Tage eine große Ausnahme. Inzwischen veröffentliche ich auf diesem Blog auch viele Beiträge, die ich für den Ohrfunk als aktuelle Kommentare schreibe, aber auch ausführliche Betrachtungen zum Zustand der Demokratie und des Rechtsstaates. Ich schreibe zwar längst nicht jeden Tag, aber jede Woche mindestens einmal. So sind in den letzten 8 Jahren 578 Artikel zusammengekommen.

Ich habe vieles versucht, mein Blog zu promoten. Es gibt einen Paypal-Spendenbutton auf jeder Seite, eine Möglichkeit zur Spende mit Flattr, ich veröffentliche meine Beiträge auf Twitter und Facebook, Besucher können sich eintragen, um sie auch per Mail zu erhalten, ich habe sogar ein Buch herausgebracht mit 60 ausgewählten Artikeln aus diesem Blog. Trotzdem sind es nicht viel mehr Leserinnen und Leser geworden, und Flattr und Paypal funktionieren überhaupt nicht. Die große Zeit des Jedermann-Bloggens ist wohl vorbei, dachte ich mir, auch hier zählen schon nur noch die sogenannten etablierten Schreiber.

Darum habe ich in den letzten Wochen überlegt, ob ich das Wa(h)renhaus einstellen sollte, wenn ich fast ins Nichts schreibe. Ich habe lange darüber nachgedacht, und einige Leute haben mir gute Ratschläge erteilt. Ratschläge, die das Marketing meiner Seite betrafen, meinen Schreibstil, meine Inhalte. Ratschläge, die sich um das Klinkenputzen und um den Umgang mit sozialen Medien drehten. Und zwar, um die Popularität des Blogs zu steigern und damit “more influencial” zu werden, wie es auf Neudeutsch so schön heißt. Ich habe mich gefragt, ob es das ist, was ich eigentlich will, und ich habe festgestellt, dass es das nicht ist. Ich will zu politischen, gesellschaftlichen, religiösen und einigen anderen Themen Artikel schreiben, die manchmal aktuell sind, manchmal sich mit Hintergründen oder Gedanken rechtlicher, sozialer und philosophischer Natur befassen. Ich will sie so schreiben, wie ich eben schreibe, und ich möchte, dass sich Menschen dafür interessierren.

Und deshalb werde ich weiter machen mit dem Wa(h)renhaus. Denn wenn ich meine eigenen Vorstellungen darüber habe, wie ich schreiben will, was ich schreiben will und in welcher Länge, wie viele oder wie wenig Bilder ich verwende und so weiter, dann muss ich mich eben auch damit abfinden, dass nur die Menschen meine Beiträge lesen, die es wirklich interessiert. Nicht die Masse der Besucher macht’s, sondern die Tatsache, dass überhaupt jemand kommt, und sei es nur ein Einzelner, der sich für das interessiert, was ich schreibe. Das reicht mir.

Ich möchte nicht in den Chor der Blogs mit einstimmen, die überall nur das Negative sehen, die alles verteufeln, was ist, die Verschwörungen in jeder Ecke und bei jedem Ereignis wittern, die ihre Wahrheit verbreiten statt ihre Meinung und ihre Denkansätze. Wer noch mehr mäckert wie ich, der erhält vielleicht noch mehr Zulauf, dort kann man Dampf ablassen, damit man es außerhalb des Internets nicht tun muss. Ich möchte schreiben, wozu ich wirklich etwas zu sagen habe, und vielleicht, so habe ich mir überlegt, ist weniger da manchmal mehr.

Vielen Dank an alle Leserinnen und Leser dieses Blogs. Auf mindestens weitere acht Jahre!

Und

Möge die Macht mit euch sein!


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