Unsere Welt besteht aus Gegensätzen.
In der Bewegung zwischen den Polen nehme ich wahr, dass ich lebendig bin. Es ist ja auch tatsächlich so, dass wir Menschen ein Ding nicht wahrzunehmen vermögen, wenn wir dessen Gegenteil nicht kennen!
Zwei Pole, die fast alle Dinge bestimmen sind: Bewahren und Erneuern.
Wir finden es in der Politik, wo die Konservativen die Dinge konservieren wollen und die Progressiven wollen weitergehen. Oder in der Firma, wo die einen vom Bewährten sprechen und die Anderen vom Reorganisieren.
In der Menschheitsgeschichte stand früher das Bewahren im Vordergrund. Zunftmitglieder durften bei Strafe nichts Neues erfinden und in allen Bereichen gab es „Eingeweihte", „Geheimbünde" oder „Orden" welche alte Lehren hüteten.
Heute steht das Erneuern im Vordergrund. Jeder möchte ein neues Handy, eine aktuellere Software. Nicht mehr der ist Magister Ludi, der das Alte kennt, sondern derjenige, der das allerneuste schon weiß.
Zwischen den beiden Polen gibt es noch ein Drittes: die Zerstörung. Die Revolution oder der Krieg. In der indischen Weisheit spiegelt sich das in den drei Aspekten des Göttlichen wieder: Brahman ist der Kreative, der Erschaffer und Schöpfer - also progressiv, Vishnu ist der Erhalter, der Hüter - also konservativ. Und Shiva ist der Zerstörer, der Vernichter - also revolutionär.
Wenn ich male, erlebe ich manchmal diese drei Phasen: Ich beginne zum Beispiel konservativ, male etwas, aber das Bild wirkt zu langweilig. Dann zerstöre ich es mit deckenden Farbflecken oder ich beklebe es ganz revolutionär. Und zum Schluss suche ich die Erneuerung, in einem ungewöhnlich anderen Ansatz.
In welchem Pol fühlst Du Dich am wohlsten?Veteran
45cm x 65cm / Gouache auf Aquarellpapier / 2005, Nr.05-035 / Lukas Röthlisberger
Mein Gouache Bild kann man kaufen.
