Über kommunikationsbedingte Schwierigkeiten im Balzverhalten und misslingende Flirtstrategien

Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen, das wusste schon Loriot. Sie sprechen zwar dieselbe Sprache, aber nicht die gleiche. Eine grammatikalische Spitzfindigkeit, so mag es auf den ersten Blick scheinen, die aber nichtsdestoweniger schwerwiegende Folgen für das Gelingen oder Scheitern von Balzverhalten und Flirtstrategien mit sich bringt.

Normalerweise halte ich ja nichts von diesem ewigen ‚typisch Frau – typisch Mann‘-Gedöns, aber irgendwie stoße ich mit dieser Haltung dann doch immer wieder an meine Argumentationsgrenzen. Manche Dinge scheinen doch überwiegend ‚typisch Frau‘ andere wiederum ‚typisch Mann‘ zu sein. Das passt mir nicht in den Kram, aber bietet immerhin viel Diskussionsstoff, also passt mir das doch in den Kram.

Meiner Meinung nach ließe sich ein erheblicher Teil von Liebesleid und Herzschmerz vermeiden, wenn Frauen lernen würden, die ‚Männersprache‘ zu verstehen und umgekehrt die Männer die ‚Frauensprache‘. Natürlich gibt es auch da immer wieder Ausnahmen, aber der Regelfall ist meiner Erfahrung nach doch der, dass das Männchen in eindeutiger Balzabsicht auf das Weibchen zumarschiert, es nach einigem – aus seiner Sicht – lästigen Vorgeplänkel mit einem – seiner Meinung nach – ausgeklügelten Flirtangebot überrumpelt und das Weibchen vollkommen überrascht in ein Herumgeeiere verfällt, welches das Männchen völlig verunsichert zurücklässt. Hinterher jammert das Männchen, es klappe doch nie mit diesen Frauen, nie könnten die mal eine eindeutige Antwort geben und eine klare Ansage machen und diese Weiber seien doch alle gleich. Das Weibchen indes, von dem Schock noch nicht ganz erholt, beklagt sich darüber, was das denn solle, diese Männer immer, warum müssten die einen so plump überrollen, man habe doch überhaupt nichts getan, jedenfalls nicht bewusst, was hätte als Interessensbekundung ausgelegt werden können, man habe doch nur freundlich gegrüßt und überhaupt kenne man sich doch nur vom Sehen, was denkt der eigentlich, man müsse sich doch erstmal nett unterhalten und sich kennenlernen anstatt gleich mit der ganzen Tür ins Haus zu fallen, oder habe man etwa doch etwas kommuniziert, was der falsch verstanden hat und Oh nein! jetzt habe man diesem armen Menschen falsche Hoffnungen gemacht, wie komme man aus dieser unangenehmen Situation nur bloß wieder heraus, am besten, man gehe ihm aus dem Weg und hoffe, man laufe sich nicht zufällig doch über selbigen und Ohgottogott! was, wenn man ihm doch mal zufällig begegne, was solle man da bloß tun…

Allein an der Länge beider Gedankenströme lässt sich schon eine bemerkenswerte Tendenz ausmachen: Frauen grübeln und denken viel mehr nach als Männer, neigen zu Schuldgefühlen und Gewissensbissen, suchen die Schuld grundsätzlich erst einmal bei sich selbst und haben Mitleid mit dem armen Kerl, dem sie gerade eine so dumme, uneindeutige Abfuhr erteilt haben. Männer machen es sich leicht, da sind einfach alle Frauen Schlampen (außer Mutti), das wird dann von den männlichen Leidensgenossen abgenickt und damit ist der Fall erledigt.

Dieses Balzverhalten KANN nicht funktionieren.

Das Folgende richtet sich vornehmlich an die Jungs, tut mir leid, aber die Mädels haben schon genug von mir abbekommen in meinem Essai über nicht komische Frauen, jetzt  seid ihr halt auch mal dran. Muahahaha. Also. Hört um Himmels willen endlich einmal auf, ständig den Frauen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, dass eure Flirtstrategien für’n Arsch sind! Ernsthaft, was soll denn das, ihr könnt doch nicht erwarten, dass das Objekt eurer Begierde euch sofort um den Hals fällt, nur weil ihr mit den Fingern schnipst. Und nein, zwei-drei Sätze Vorgeplänkel reichen in der Regel nicht aus, um sich kennen zu lernen. Und ja, das muss sein, dass man sich erst einmal kennen lernt, bevor frau weitergehende Schritte in Erwägung zieht. Ich rede jetzt davon, dass man(n) tatsächlich an der Dame interessiert ist und nicht bloß irgendwen für’s Bett sucht. Ist letzteres der Fall, sollte man(n) am besten sorgfältig die Lage peilen und nach Gleichgesinnten Ausschau halten. Ist der Mann aber wirklich gewillt, auch außerhalb dessen Kontakt mit dem Zielobjekt zu halten, sollte er dieses Interesse auch dadurch kund tun, dass er sich für die Frau tatsächlich interessiert.

Hö?

Das ist die typische Reaktion, wenn ich versuche, dies einem Mann klar zu machen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was es daran nicht zu verstehen gibt, aber da ich heute in großmütiger Stimmung bin, werde ich mal versuchen, dieses Geheimnis zu lüften. Wenn eine Frau anfängt, etwas zu erzählen und der Mann geht überhaupt nicht darauf ein, wartet nur notdürftig, bis sie einigermaßen fertig ist, um ganz kurz etwas von sich zu erzählen, dabei den Eindruck zu erwecken, seine Sichtweise sei die einzig Richtige, um dann aus völlig heiterem Himmel mit der Frage herauszuplatzen, ob die Dame möglicherweise geneigt sei, mit ihm zu dinieren, dann ist das ganz falsch. Das, was bei der Frau ankommt ist nämlich folgendes: „Ja, ja, Blablabla, du mich auch, ach à propos, Bock auf Sex?“ Dass die Frau in einer normalen Alltagssituation darauf mit nicht zu bändigendem Enthusiasmus reagiert ist sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist die oben bereits erwähnte Reaktion. Das weibliche Herumeiern: „Äääääääääääääääääääääääh, Öööööööööööööööhm, Na jaaaaaaaaa, weiß niiiiiiich, neeee, irgendwie nich soooooooooo, also, du bist ja ganz nett und alles, aber mehr auch nicht, also, als Freund vielleicht, aber du bist einfach nicht so mein Typ….“

Wenn ein Mann aber erst einmal völlig ohne Hintergedanken sich ernsthaft mit der Frau unterhält, sich wirklich für das interessiert, was sie erzählt, dann läuft das Gespräch von ganz alleine und dann kann er ja ganz beiläufig fallen lassen, wenn man sich schon eine Weile angeregt unterhalten hat, ob man das Gespräch nicht bei einem Kaffee fortführen wolle, oder so etwas in der Richtung. Schön subtil, höflich, unaufdringlich. Das ist keine Garantie für Erfolg, aber die Wahrscheinlichkeit, eine eindeutige, aber freundliche Antwort („Würde ich gern, aber ich habe einen Freund“, „Würde ich gern, aber ich muss zum Seminar/zur Arbeit/etc.“, „Ja.“, …) ist doch um einiges höher, als in Version 1.

Wichtig ist auch, dass die Männer dieses Herumgeeiere den Frauen nicht allzu übel nehmen. Ich weiß, das ist echt doof von uns, keine klaren Antworten zu geben. Obzwar ich finde, dass Herumgeeiere eigentlich schon ein eindeutiges ‚Nein!‘ ist, das sich nur noch überlegen muss, wie es sich möglichst wenig verletzend seinen Weg nach draußen bahnt. Und das ist der Punkt. Frauen eiern nicht herum, um die Männer zu ärgern, sie eiern herum, weil sie sie gerade nicht ärgern wollen, aber wissen, dass der arme Kerl gerade seinen ganzen Mut aufgebracht hat, um sie anzusprechen und zu fragen und jetzt muss man diesem bedauernswerten Tropf einen Korb geben, will aber auch nicht gemein sein. Frauen wurde und wird seit Anbeginn der Menschheit eingebläut, sie müssten immer hübsch freundlich und höflich sein, immer nett lächeln und winken. Das heißt, wenn eine Frau nett lächelt und winkt, dann heißt das in erster Linie gar nichts. Männer denken dann immer gleich, das wäre eine Flirteinladung, aber nein, es ist einfach nur nett und höflich gemeint. Und wenn eine Frau sich eine Haarsträhne hinter das Ohr klemmt, heißt das in erster Linie nur, dass diese Haarsträhne sie vor dem Ohr genervt hat, das ist kein Geheimcode für „Ich will mit dir schlafen. Jetzt. Sofort.“ Das wäre wirklich mal ein Fortschritt, wenn Männer das endlich mal kapieren könnten! Alles, was nicht „Ja“ ist, ist ein „Nein“. Und Körpersprache muss man immer im Gesamtkontext betrachten, die Persönlichkeit der Zielperson und die gegenwärtige Situation mitberücksichtigen. Das ist nun mal immer ein Risiko, wenn man versucht mit jemandem ins Gespräch zu kommen, man kann sich nicht im Vorhinein dadurch absichern, dass man die Frau beobachtet und sobald sie ihr Haar geschüttelt hat auf sie losstürmt und sie mit seiner Paarungsbereitschaft zu überrumpeln. Also, noch mal konkret. „Äääääähm… Na jaaaaaa…. Öööööhm“ heißt „Nein“. „Ich hab gerade keine Zeit“ heißt „Nein“. „Nein“ heißt „Nein“. „Danke, aber ich [will / muss jetzt irgendwas anderes tun / irgendwo hin“ heißt „Nein“. „Du, das passt mir gerade nicht“ heißt „Nein“. „Ja“ heißt „Ja“. Eigentlich sind das doch ganz klare Ansagen, oder?

Abschließend doch noch ein kleiner Arschtritt für meine Geschlechtsgenossinnen: Sprecht doch auch mal die Männer an. Die meisten Männer freuen sich und wenn nicht, dann sind sie rückständige Troglodyten und dann ist man ohne sie sowieso besser dran. Hört auf, euch hinter längst überholten Balztraditionen zu verstecken und immer nur zu verlangen, der Mann müsse den ersten Schritt machen und wenn er es dann tut, eiert ihr wieder rum. Das lässt sich ganz einfach vermeiden, indem ihr auch mal die Initiative ergreift.

So.

Und nun packe ich meine kleinen Cupido-Flügelchen wieder in die Schublade, räume Köcher und Pfeile ordnungsgemäß weg und gucke How I met your mother.


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