Trump, seine Wähler und Deutschland

Wie viele andere auch habe ich an die Möglichkeit eines Wahlsiegs von Trump nicht geglaubt. Ein dumpfes Gefühl in der Magengegend war da, aber letztlich wollte ich es wohl nicht wahr haben, dass so viele Menschen bereit dazu sind, jemanden zum Präsidenten zu wählen, der in jeder Hinsicht vollkommen ungeeignet für diese Aufgabe ist. Dass wir hier eines Schlechteren belehrt wurden, macht es notwendig, sich seine Wähler genauer anzuschauen.

Das Ergebnis damit abzutun, dass die Amerikaner eben ungebildete Idioten seien, ist sehr einfach. Es reicht aber nicht, es sich hier einfach zu machen. Wenn wir nicht zu verstehen versuchen, was genau die Hintergründe waren, dann kann uns so etwas auch hier passieren. Deswegen möchte auch ich mich an einer Analyse versuchen.

Auch wenn man aus den Zahlen zur Wahl nicht die eine Antwort herauslesen kann, so kann man doch gewisse Muster herausdeuten. Mir erscheint eine Unterteilung in drei Gruppen sinnvoll, auch wenn die Grenzen nicht ganz scharf sind und man diese Gruppen auch wieder weiter herunterbrechen kann (und zum Teil auch muss). Trotzdem stellt uns jede diese Gruppen vor unterschiedliche Herausforderungen und erfordert einen anderen Umgang. Das ist deswegen interessant, weil diese Aufteilung auch bei uns auf die Wählerschaft von AfD und anderen Rechtspopulisten anwenden lässt.

1. Die Überzeugungstäter

Es ist sicher nicht zutreffend, alle Trump-Wähler ins Lager der Rassisten und Rechtsextremen zu stecken. Zweifelsohne haben ihn aber eine Reihe von Wählern nicht trotz, sondern wegen seiner Aussagen gewählt. Wenig überraschend finden sich hier überzeugte Rassisten wie der Ku Klux Klan. Insgesamt dürfte das aber eher ein Spektrum von hier bis hin zu Leuten sein, die kein geschlossen rechtsextremes Weltbild haben, die aber ein Unwohlsein in unserer modernen, liberalen und offenen Gesellschaft verspüren und für einfache, rückwärtsgewandte Antworten zugänglich sind. Die am extremen Ende des Spektrums sind nicht erreichbar, da müssen wir uns keine Illusionen machen. Die inhaltliche Auseinandersetzung kann aber trotzdem lohnen – wegen denjenigen, die nicht durch und durch Extremisten sind. Diese Menschen sind über Argumente immer noch erreichbar und die Argumente geben die Extremisten vor. Deswegen müssen wir uns diesen Diskussionen stellen und sie mit Argumenten gewinnen. Nicht wegen der direkten Gegner, sondern wegen der Zuhörer.

Wichtig ist dabei, auf sachlicher Diskussion zu bestehen und sich nicht auf das hetzerische und aggressive Niveau der Gegenseite zu begeben. Weder inhaltlich noch stilistisch. Wenn wir besser sein wollen, müssen wir es auch tatsächlich sein. Den Respekt, den wir für Minderheiten einfordern, müssen wir auch unsern Gegnern gegenüber zu bringen bereit sein.

2. Die Realitätsverweigerer

Auch hier haben wir es mit einem Spektrum zu tun, auch hier von den extremen Spinnern, die an eine hohle oder flache Erde, Kontrolle durch Echsenmenschen und Nazi-Flugscheiben glauben über Chemtrails, verbreitete Verschwörungstheorien zu 9/11 und ähnlichem bin hin zu denen, die der Ansicht sind, dass den Medien ja nicht mehr zu trauen sei und wir eh von allen belogen werden. Es gilt ein auch ein ähnliches Schema, die Extremen werden wir auch hier nicht mehr überzeugen. Aber diejenigen, die die Realität noch nicht völlig verlassen haben, müssen wir zu den Fakten zurückholen. Auch das ist nicht einfach und kann nur über behutsame und geduldige Gespräche geschehen, in denen man Gemeinsamkeiten sucht, von dort aus auf kleine Unstimmigkeiten in den Überzeugungen des Gegenübers hinweist und damit vielleicht einen leichten Zweifel platzieren kann, der der Ausganspunkt dafür ist, das eigene Weltbild doch mal kritisch zu hinterfragen. Wer Diskussionen über Religion oder Esoterik geführt hat, kennt das Prinzip.

3. Die Frustrierten

Einem nicht geringer Teil der Wähler (so wie denen, die zu Hause geblieben sind, was für das Ergebnis nicht weniger fatal war), ging es nicht um Trumps Inhalte. Sie fühlen sich von unserem System und dessen Eliten so entfremdet, dass ihnen selbst das rassistische, rückwärtsgewandte und dumme Geschrei eines Donald Trump als das kleinere Übel erschienen ist. Nüchtern betrachtete ist das so falsch wie es nur sein kann, aber diese Menschen empfinden so. Daran kann wahrscheinlich tatsächlich nur die Politik etwas ändern, indem sie wieder glaubwürdigere Angebote macht. Das gilt für alle etablierten Parteien, vor allem aber für die politische Linke. Die Demokraten in den USA haben die sozial Schwachen und diejenigen, die befürchten dazu zu werden, genauso vergessen wie die Sozialdemokratie in Deutschland. Die „marktkonforme Demokratie“ kann nicht die Antwort auf die Probleme des 21. Jahrhunderts sein.

Beim Umgang mit diesen Gruppen gibt es vermutlich keinen Königsweg, sondern viele verschiedene (und auch widersprüchliche) Wege. Das muss nicht schlecht sein. Weder die scharfe intellektuelle Debatte noch das warmherzige Verständnis mag alleine zum Ziel führen. Aber vielleicht schafft es die Kombination aus dem einen und dem anderen. Eine Fußballmannschaft gewinnt auch nicht mit Stürmern allein. Wichtig ist aber, dass wir die Diskussionen führen und ihnen nicht ausweichen, weil sie uns unbequem sind. Das gilt auch in den Bereichen, in denen wir den Streit scheuen, z.B. innerhalb von Familie und Freundeskreis oder weil das geäußerte ja „nicht so schlimm“ ist. Denn das ist es im Ergebnis leider doch. Auch wenn sie uns inzwischen als normal erscheinen mag – eine freie, offene, liberale Gesellschaft ist kein Selbstläufer, sondern etwas, worum wir immer und immer wieder kämpfen müssen. Der Weg zu dieser Gesellschaft hat Generationen gedauert. Der Weg zurück kann über Nacht passieren.


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