Tiger, Tiger – Margaux Fragoso

Das hier war in jeglicher Hinsicht ein ziemlich dicker Brocken. Nicht nur im Hinblick auf die Thematik, sondern auch in Bezug auf Handlung und Charaktere war hier wenig sommerlich leicht und luftig, sondern ziemlich heftig und trostlos. Aber kein Wunder: Das Thema dieses (autobiografischen) Romans ist Pädophilie (Als Hinweis für alle, die bei diesem Thema sensibel sind: Auf einzelne Aspekte davon gehe ich in meiner Rezension auch ein).

Als sich Margaux und Peter kennenlernen, ist sie 7 und er über 50. Zunächst scheint es so, als fände Margaux bei Peter, dessen Lebensgefährtin Inés und seinen beiden älteren Söhnen eine Art Ersatzfamilie – Margaux’ eigene Eltern können ihr nicht allzu viel Liebe und Rückhalt geben, da ihre Mutter psyschich krank ist und ihr Vater seine eigene Unsicherheit und Unzufriedenheit vor allem an seiner Tochter auslässt. Liebevolle Momente gibt es selten. Bei Peter jedoch ist sie immer willkommen, er hat einen schönen Garten und viele exotische Tiere, auch wenn das Haus an sich etwas heruntergekommen ist.

Zunehmend fordert Peter als Zeichen der Verbundenheit Dinge ein, für die Margaux eigentlich noch viel zu jung ist: Sie soll sich in aufreizender Pose fotografieren lassen, sie soll sich von Peter anfassen lassen und soll auf seine zunehmend sexuellen Anspielungen eingehen. In der Folge manipuliert Peter Margaux mehr und mehr, so dass sie schließlich vollkommen fixiert ist auf ihn, ihren einzigen richtigen Freund.

Margaux’ Eltern schöpfen zwar Verdacht, und vor allem ihre Vater versucht, sie von Peter fernzuhalten, aber Margaux selbst wehrt sich dagegen und verlangt, Peter sehen zu dürfen. Sie ist gefangen in einer Hassliebe zu Peter: Sie will diese Spielchen gar nicht mitmachen, sie hasst Peter dafür, dass er sie dazu zwingt und dermaßen manipuliert, sie kämpft um eine eigene Identität, sie beginnt, sich für gleichaltrige Jungs zu interessieren – und gleichzeitig kann sie selbst nicht von dieser Beziehung lassen…

Also, ja. Das ist alles sehr unschön. Ich fand das Buch sehr heftig, nicht nur aus den offensichtlichen Gründen. Ich fand hier eigentlich keinen positiven Charakter. Vor allem die männlichen Protagonisten sind alle manipulativ, unsicher, weinerlich und fügen den Frauen in ihren Leben Schaden zu. Aber auf der anderen Seite muss man dem Buch auch lassen, dass Peter nie als das Monster dargestellt wird, als das die Gesellschaft einen Pädophilen gerne sehen möchte. Fragoso schafft den Spagat, ihn irgendwie als Menschen und als arme Sau darzustellen, aber gleichzeitig seine Taten nicht zu verharmlosen oder so zu tun, als sei das alles gar nicht seine Schuld, er könne ja nicht anders.

Margaux (und letztlich auch ihre Mutter) hatten irgendwie nie eine richtige Chance, aus ihrem Leben etwas zu machen. Es gibt in diesem Buch keine “gesunde” Beziehung, selbst die Nebenfiguren sind immer in irgendeine Geschichte involviert, die ihnen nicht gut tut, wo einer der Partner (oder beide sich gegenseitig) den anderen einschränkt und verletzt.

Nichts für nebenher, nichts für jeden, aber mit diesen Einschränkungen eigentlich schon ein lesenswertes Buch.

ISBN: 978-3453356856
464 Seiten
Originaltitel: Tiger, tiger: A memoir
Diana Verlag
€9,99

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