this human TRACKS – Filmvorschau

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this human TRACKS – Filmvorschau

Einer der Schwerpunkte des diesjährigen this human world-Festivals widmet sich Menschen auf der Flucht. Das Programm schreibt darüber: „this human TRACKS verdichtet Themen bereits vergangener Festivalausgaben: Umstände, die Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat zwingen, Schattenökonomien und Grenzpolitiken, die lebensgefährlichen Wege der Fliehenden und ihr beschwerliches Fußfassen in der Fremde, die sich allzu oft als neue Heimat verweigert.‟ Zu den Highlights gehören unter anderem Haunted, I am Dublin und Those Who Feel the Fire Burning.

In dem Dokumentarfilm Haunted zeigt die Regisseurin Liwaa Yazji Menschen bei ihren letzten Vorbereitungen zur Flucht aus Syrien. Die Bilder, die sie dabei verwendet, wurden mit Handkamera, Handykamera oder über Skype gefilmt und vermitteln durch eine unstete Hand, unpräzise Einstellungen sowie das Schwanken von Licht und Ton das Gefühl der Unruhe und Unsicherheit. Sie werden zu Momenten der Flüchtigkeit, die Menschen zu Phantomen, die in ihrem Zuhause keinen Zufluchtsort mehr haben und denen es dennoch schwerfällt loszulassen. Ein Ehepaar spricht im Skypetelefonat über den näherrückenden Krieg, die Gefahr durch die Heckenschützen und die bevorstehende Flucht, während ihre Stimmen und Gesichter immer wieder zerhackt werden und sich auflösen. Ein Mann will seine Flucht so lange hinauszögern, bis er die Gefahr als lebensbedrohlich empfindet. Er hat all seine Habseligkeiten in Kartons gepackt und diese beschriftet, in der Hoffnung, die Kämpfer würden daran ablesen, dass sie keinen Wert haben, und sie unversehrt zurücklassen. Wie klein die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr der Geflüchteten in ihre Wohnungen ist, verdeutlicht die Regisseurin mit Aufnahmen zerstörter Stadtteile, in denen Menschen ihr ehemaliges Zuhause wiedererkennen. Ein Haus ist mehr als ein Dach über dem Kopf – Haunted erzählt von dem Geist und den Geistern, mit dem dieses erfüllt ist.

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Im Mittelpunkt des schwedischen Dokumentarfilms I am Dublin steht Ahmed, ein Flüchtling aus Somalia, dessen Geschichte das Regieteam Ahmed Abdullahi, David Aronowitsch, Sharmarke Binyusuf und Anna Persson in zwei Erzählebenen aufbaut. Ahmed wurde bei seiner Ankunft in Lampedusa registriert und ins Dublin-System der EU aufgenommen, wodurch er nur in Italien Asyl beantragen kann. In der Hoffnung auf bessere Arbeitsaussichten reist er nach Schweden, wo er langsam Fuß fasst. In der Zeit des Wartens auf einen Aufenthaltsbescheid spielt er in einem Kurzfilm mit, dessen Handlung seinen eigenen Erlebnissen gleicht. Die Grenzen zwischen Spiel- und Dokumentarfilm verwischen und die Dokumentation wirkt anfangs wie ein Making-of. Indem Ahmed laufend die Vorstellungen der Filmcrew über die Situationen, denen Asylsuchende ausgesetzt sind, auf seine eigenen Erfahrungen hin korrigiert, entsteht eine Gegenüberstellung zwischen Imagination und Wirklichkeit des Systems, in dem Flüchtlinge gefangen sind.

Die Ankunft im fremden Land ist kein Ankommen in einer neuen Heimat, sondern eine unaufhörliche Suche nach Stabilität und Sicherheit. Der holländische Regisseur Morgan Knibbe gestaltet sie in Those Who Feel the Fire Burning als Sinnsuche, bei der auf die Frage nach dem „Wo bin ich?‟ unweigerlich die Frage „Wer bin ich?‟ folgt. Die Welt steht auf dem Kopf, strahlt eine unheimliche, befremdliche und dann wieder melancholische, trostlose Atmosphäre aus. Der Blick (die Kamera) schwankt wie das Boot, in dem die Flüchtlinge nach Europa kamen. Auf dem Festland erwarten sie Trauer (um diejenigen, welche die Überfahrt nicht überlebt haben), Zurückweisung, Armut und das allmähliche Bewusstwerden, dass ihnen das ersehnte Paradies verschlossen bleibt. Stimmen aus dem Off betrauern es in poetischen Abgesängen, zu der die Härte des Alltags einen schmerzlichen Gegensatz bildet.

Die Suche nach dem Paradies – in Form einer besseren Welt, eines besseren Lebens – leitet alle Menschen in diesen Filmen. Die syrischen Flüchtlinge verbinden es mit dem Haus, das sie verlassen müssen, andere Flüchtende ersehnen in Europa das gelobte Land. Den vielen geografischen und seelischen Gratwanderungen, die diese Menschen durchleben, begegnen die Filme mit Respekt und wertfreier, unsentimentaler und deshalb umso überzeugenderer Anteilnahme.

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Link zur offiziellen this human world Homepage


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Autor

Martina Zerovnik

Aufgabenbereich selbst definiert als: Filmleserin. Lächelt über “Oh diese Technik [Film] ist sehr entwicklungsfähig, fast reif zur Kunst” (Döblin).


 
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