Teil 1: »origin coffee field trip« nach Guatemala

Am 6. Dezember 2012 erhielt ich eine E-Mail von J. Richards (Membership Coordinator) von der SCAE »Speciality Coffee Association Europe« von der Oak Lodge Farm aus Bicknacre Essex in UK. Es war eine Aufforderung zur Teilnahme an einer einmaligen Kaffee-Exkursion nach Guatemala. Organisiert von ANACAFÉ, der »Guatemalan National Coffee Association« mit Sitz in Guatemala City.
Das Programm sollte den Besuch von großen und kleinen Kaffeefarmen, eine Unterrichtung in die Aromenvielfalt und Profile der acht verschiedenen Spezialitätenkaffee-Regionen des Landes sowie in die Weiterverarbeitungsprozesse – Nass- und Trockenaufbereitung – nach der Kaffeeernte umfassen. Ergänzt um ein kleines Kulturprogramm nach Antigua (ehemalige Hauptstadt) und Takalik Abaj (große Maya-Ausgrabungsstätte des Landes).

Guatemala

Noch nie war ich in einem Ursprungsland für Kaffee gewesen. Wo genau liegt noch mal Guatemala? Schnell gegoogelt. Na klar in Zentralamerika. Südlich von Mexiko (Halbinsel Yucatán). Nördlich von Honduras und El Salvador. Westlich von Belize. Das sind die unmittelbaren Nachbarländer. Im Einflußgebiet von Pazifik, Atlantik und des Golf von Honduras. Bestes Klima für Kaffee. Jetzt hatte ich endgültig Feuer gefangen. Angemeldet. Und einen Flug gebucht.

Am Sonntag, 3. März 2013 flog ich mit American Airlines über London, Dallas nach Guatemala City. Mit Wartezeiten an den Flughäfen brauchte ich knapp 24 Stunden. Egal. Freundlich begrüßt von Anacafé Mitarbeitern am Flughafen wurde ich ins Hotel gefahren. Eingecheckt im Clarion Suite Hotel fiel ich in einen kurzen aber tiefen Schlaf.

Montag, 04. März 2013: 08:00 Uhr Frühstück in einer exotischen open-air area des Hotels. Begrüßung durch Colin Smith aus UK, der SCAE-Reisekoordinator der Gruppe. Colin war lange Jahre Präsident der SCAE und hatte schon viele Reisen dieser Art durchgeführt. Aber noch nie nach Guatemala.

SCAE-Besuch bei ANACAFÉ im Headquarter in Guatemala-City (©Foto: Colin Smith)

SCAE-Besuch bei ANACAFÉ im Headquarter in Guatemala-City (©Foto: Colin Smith)

Insgesamt gab es 15 Teilnehmer aus England (5), Ungarn (4), Ukraine (1), Honduras (1), Schweden (2), Irland (1) und ich aus Deutschland. Um 09:20 Uhr fuhr der Anacafé-Bus vor. Enrique (Reiseführer) und Alberto (Fahrer), beide von Anacafé, begleiteten uns auf unserer kompletten Expedition. Jetzt konnte das Abenteuer beginnen. Unsere erste Tour führte ins Headquarter von Anacafé in Guatemala-City.
Direktor Ing. Juan Barrios von Anacafé ist wie die meisten der 90.000 Mitglieder, Inhaber einer Kaffeefarm (Finca La Merced, Nähe San Martin, nordwestlich von Guatemala City). Er präsentierte uns das Kaffeeland Guatemala mit Hilfe einer sehr anschaulichen Präsentation.

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Guatemalan Coffee in the World

Kaffee in Guatemala
Auf 270.000 Hektar (2.700 qkm) wird in Guatemala zu 98 % Arabica-Kaffee angebaut. Diese Fläche entspricht 2,5 Prozent des Landes. Der beste und meiste Kaffee wird in einer Höhe von ca. 1.300 bis 2.000 m (ü.d.M) kultiviert. Der Einfluß von Atlantik, Pazifik und dem Golfstrom, unterschiedliche Böden (»Vulkanerde«, Lehm und Ton, Kalkstein) sehr unterschiedliche, aber regelmäßige Niederschlagsmengen (800 bis 5.000 mm) und ein mildes Klima ergeben über 300 verschiedene Mikroklimazonen, die zu sehr unterschiedlichen Kaffeeprofilen führen. Nahezu alle Kaffeeplantagen (98 %) schützen ihren Kaffeeanbau durch Schattenbäume. Typische Arten sind Inga (ca. 50 %), Gravilea, Palo Blanco, Madrecacao u.v.m. Darüber hinaus werden die meisten Kaffees (98 %) nass aufbereitet und anschließend auf Patios sonnengetrocknet. Diese Voraussetzungen machen das Land so besonders für hervorragenden Spezialitätenkaffee. Es gibt 5 Qualitäten: 1. Prime, 2. Extra Prime, 3. Semi Hard, 4. Hard, 5. Strictly Hard Bean (SHB = beste Qualität). Rund 70 Prozent der ca. 3.72 Millionen Sack à 60 kg Rohkaffee (Green coffee) wurden im letzten Jahr (2011/12) in SHB-Qualität exportiert. Je höher der Anbau, desto länger das Wachstum, desto härter die Bohne, desto besser die Qualität.
Zu Beginn der 90er Jahre hatte Anacafé das Land präzise nach Cup Profil (Klimabedingungen, Spezies und Varietäten, Weiterverabeitung), Klima (Regen, Temperaturen, Luftfeuchtigkeit), Böden und Anbau-höhe in 7 später 8 Spezialitätenkaffee-Regionen abgegrenzt, die konsequent SHB-Qualität produzieren und höchste Standards für Rohkaffee erfüllen.
Die 8 Regionen sind: Acatenango, Antigua, Atitlán, Cobán, Frajanes, Huehue, New Oriente, San Marcos.
Hauptexportland sind die USA (45 bis 50 %). In Europa (27 %) ist Deutschland der größte Abnehmer (8 %). Japanische Kunden (13 %) beziehen die besten Qualitäten meist direkt von ausgewählten Plantagen. Dazu veranstalten japanische Kaffee-Experten wie »Tully´s Coffee« zum Beispiel einen »Coffee Cup Contest«, wie auch dieses Jahr, zu dem aus den Spezialitätenkaffee-Regionen von Guatemala verschiedene Rohkaffees zum Rösten und Verkosten eingekauft werden, um die besten Kaffees zu selektieren.

Exkurs: »Roya« – die Kaffeeblatt-Rostpilz-Krankheit
Besondere Aufmerksamkeit hat seit 2010/11 der starke Ausbruch des Kaffeeblatt-Rostpilz, genannt »Roya«. Erste Anzeichen des Kaffeerosts sind kleine gelbe Flecken auf der Unterseite der dunkelgrünen Blätter der Büsche. Die werden immer grösser, das Blatt färbt sich und wird schließlich von einem weissen Pulver überzogen. Dann fallen die Blätter ab, und die Kaffeefrucht ist schutzlos der Sonne ausgeliefert. Die Konsequenz: Die wenigen Kaffeebohnen, die noch übrig bleiben, sind von minderer Qualität. Aktuell sind 193.200 Hektar der 270.000 Hektar befallen (ca. 70 %). Der prognostizierte Absatz für 2012/2013 liegt bei 3.1 bis 3.5 Mio. Säcke à 60 kg und für 2013/2014 bei 2.2 bis 2.9 Mio. Säcke à 60 kg. Im schlechtesten Fall würde das einen Absatzrückgang um ca. 40 % zu 2011/2012 bedeuten.

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Guatemalan Coffees – total exports and FX earnings

Die sozio-ökonomischen Auswirkungen sind katastrophal: ein möglicher Verlust von ca. 185.000 (ca. -37 %) Arbeitsplätzen sowie eine mehr als Halbierung der Einnahmen um ca. 580 Mio. US Dollar werden prognostiziert.
Das Zusammenspiel von Regen, Sonnenschein und Temperaturen waren in 2010/2011 ideal für eine rapide Ausbreitung des Kaffeeblatt-Rostpilz. Nicht zu kalt. Nicht zu heiß. Wie ein »Waldbrand« konnte sich der Pilz verbreiten. Die Pflanzen sind größtenteils so stark angegriffen, dass sie entweder bis auf 20 cm über den Stumpf abgeholzt oder komplett ersetzt werden müssen. Fungizide helfen nur im frühen Stadium des Pilzbefalls. Betroffen sind die am meisten verbreiteten Varietäten Caturra und Bourbon.
Eine Revitalisierung braucht je nach Anbauhöhe ein bis 2 Jahre Zeit. Aktuell werden neue Hybride entwickelt, die gegen den Pilz resistent sind. Resistente Kaffeepflanzen sind u.a. Robusta und Catimor. Aber keine Qualitätsalternative zu den beiden o.a.
Die Maßnahmen (finanzielle Unterstützung) seitens der Regierung scheinen nach Einschätzung von ANACAFÉ noch deutlich Potenzial nach oben zu haben. Nach Meinung einiger Kaffee-Experten großer und erfolgreicher Plantagen, die namentlich nicht genannt werden, wird das Problem seitens der Regierung aber eher ausgeblendet oder will nicht gesehen werden … »Kaffeerost haben wir schon immer gehabt«. Anhand der Zahlen ist das eine fatale Fehleinschätzung. Kaffee ist nach Textilien wohl das zweitwichtigste Exportgut für Guatemala.

ANALABOR

Im Analabor

Im »Analabor« hatten wir anschließend ausführlich Gelegenheit mit den Analysten über die Kaffee-krankheit zu sprechen. Eine Art Krebsgeschwür, das sehr schwer in den Griff zu bekommen ist.

In den folgenden Tagen bekamen wir noch Gelegenheit auf den einzelnen Farmen mit den Eignern über die Seuche und deren Einschätzung zu sprechen.

Amazing Cupping: Verkostung von Kaffees aus 8 unterschiedlichen Mikroklimata-Zonen
Im Anacafé »Untersuchungslabor für Sensorik« wurden wir eingeladen Repräsentanten aus den 8 Spezialitätenkaffee-Regionen des Landes zu verkosten.

ANACAFÉ - Untersuchungslabor für Sensorik

ANACAFÉ – Untersuchungslabor für Sensorik

Fünf Kaffee-Cups pro Region wurden aufgebrüht. Nach vier Minuten wurde die Kruste aufgebrochen und intensiv geschnuppert. Erst nach 12 bis 15 Minuten ist das Getränk, nach Auffassung der Anacafé Senorik-Experten, so heruntergekühlt, dass es die optimale Trinktemperatur zur Analyse hat. Innerhalb von maximal 30 Minuten sollte dann das Tasting abgeschlossen sein.

Anacafé Sensorik Team

Anacafé Sensorik Team

Die Süsse/Sweetness schmeckt man vorne an der Zunge. Die Säure/Acidity an den Zungenseitenrändern. Die Intensität des Körpers/Body beim Abgang am Hals und die Aromen/Flavours am Gaumen über die Nase.


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