Sommerferien: Wie sicher fahren eure Kinder im Auto mit?

Sommerferien: Wie sicher fahren eure Kinder im Auto mit?

Der richtige Kindersitz: Die sicherste Art, im Auto mitzufahren!

Kindersitze retten Leben

Habt ihr gewusst? Jährlich verunfallen rund 300 Kinder im Auto – dabei ist jedes zweite Kind nicht richtig gesichert und jedes 14. Kind ist nicht einmal angeschnallt! Ohne Kindersitz, ist ein Kind 3 Mal mehr gefährdet, bei einem Unfall schwer verletzt oder sogar getötet zu werden.

Anlässlich meines Besuchs des Workshops Kindersicherheit im Auto, der vom Touring Club Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Fonds für Verkehrssicherheit organisiert wird und sich an Mütter- und VäterberaterInnen richtet, habe ich viel Spannendes und äusserst Wichtiges rund um das Thema Kindersitze erfahren, das ich euch gerne weitergebe!

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen!

Sommerferien: Wie sicher fahren eure Kinder im Auto mit?

Kinder sind nicht einfach “kleine Erwachsene”!

Eigentlich wissen wir es: Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene und unterscheiden sich in der Folge auch nicht nur in der Grösse von uns Erwachsenen. Diese Erkenntnis spielt auch in der Kindersicherheitsfrage im Auto eine zentrale Rolle.

Das Gewicht des Kopfes macht bei einem Kleinkind rund 1/3 des Körpergewichts aus, beim Erwachsenen nur 1/14. Zudem sind Nackenmuskulatur und Sehnen noch schwach ausgeprägt und das grosse Kopfgewicht führt zu einem hohen Verletzungsrisiko der Halswirbelsäule. Zudem reisst bei einem Aufprall der Kopf aufgrund seines Gewichts automatisch auch den ganzen Körper des Kindes mit nach vorne. Deshalb ist es so wichtig, Neugeborene und Kleinkinder rückwärts gerichtet zu transportieren!

Wie das im Ernstfall aussehen kann, zeigt folgendes Video sehr eindrücklich.

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Ein Kind ist einfach anders gebaut!

Auch beim Bau des Beckens unterscheiden sich Kinder noch sehr stark von Erwachsenen. Der Beckenhöcker ist bei Kleinkindern kaum ausgeprägt und die Beckenknochen sind bis zum Alter von rund 12 Jahren noch weich und nachgiebig.

Benützen Kinder die Erwachsenengurte, besteht bei einem Frontalaufprall die Gefahr, dass der Gurt ganz leicht vom Beckenknochen Richtung Bauchraum abrutscht, wo er gefährliche innere Verletzungen verursachen kann. Das Kind kann sogar ganz aus dem Gurt unten hinaus rutschen – was im Fachjargon als “Submarining” bezeichnet wird. Dabei kann es sich gefährliche Halsverletzungen zufügen.

Die Vorschriften: Das Wichtigste in Kürze

Seit dem 1. April 2010 müssen Kinder bis 12 Jahre oder 150 cm (je nach dem, was zuerst eintrifft) eine Kinderrückhaltevorrichtung, sprich: Kindersitz verwenden. Zudem müssen Kindersitze mit einer ECE-Etikette der Version 44.03, .04 oder R129 versehen sein.

Übrigens: Habt ihr euch auch schon gefragt, weshalb man auf die beiden Kriterien – 12 Jahre oder 150 cm Grösse – kommt? Einerseits geht man davon aus, dass sich der Knochenbau (z.B. Nacken, Becken) von Kindern mit rund 12 Jahren gefestigt hat und andererseits testen Fahrzeughersteller ihre Autos für Menschen ab einer Körpergrösse von 150 cm und passen die Einstellungen im Fahrzeug an diese “Minimalkörpergrösse” an.

Parallele Anwendung von zwei Zulassungsvorschriften

Kindersitze nach ECE R44

Die Kindersitze nach ECE R44.03 oder .04 sind nach wie vor zugelassen und bieten einen adäquaten Schutz. Auch neu gekaufte Kindersitze mit diesen Label dürfen noch über lange Zeit verkauft und verwendet werden. Es ist den Eltern also freigestellt, ob sie einen Kindersitz noch nach ECE R44 oder einen nach den neuen Vorschriften geprüften ECE R129 Kindersitz kaufen und verwenden.

Kindersitze nach ECE R129 (i-Size)

ECE R129 ist ein neuer Sicherheitsstandard, mit welchem die Anbringung des Kindersitzes entgegen der Fahrtrichtung bis zu einem Alter von 15 Monaten Pflicht ist. Diese Kindersitze werden bei der Zulassung einem Seitenaufprall-Test unterzogen, eignen sich für Kinder bis ca. 105 cm Körpergrösse, weisen eine Isofix-Verankerung auf und werden als sogenannte «i-Size»-Produkte bezeichnet.

Rückwärtsfahren für mehr Sicherheit

ECE R129 wurde entwickelt, um auf europäischer Ebene die Sicherheit für Kinder zu erhöhen. Häufig wechseln Eltern zu früh von der Babyschale zu einem grösseren Modell. Durch einen vorzeitigen Wechsel von einem rückwärtsgerichteten zu einem vorwärtsgerichteten Sitz steigt das Risiko von Kopf- und Nackenverletzungen, da der Hals eines Babys noch nicht ausreichend entwickelt ist, um den im Vergleich relativ schweren Kopf zu halten. Darüber hinaus sind in der bisherigen ECE R44-Norm keine Sicherheitsstandards bei Unfällen mit einem Seitenaufprall vorgeschrieben, was neu bei ECE R129 der Fall ist.

Einfache Bedienung steigert die Sicherheit

Der neue Standard ECE R129 unterstützt zudem die Verbreitung der Isofix-Befestigung für mehr Sicherheit durch einfachere Bedienung. Zur Erinnerung: In der Schweiz ist jedes zweite Kind nicht richtig im Auto gesichert und somit nicht optimal geschützt!

Die wesentlichen Neuerung von ECE 129R zusammengefasst

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Die Regelungen im Überblick

  • Die neuen Kindersitze müssen einen Seitenaufpralltest – übrigens eine langjährige Forderung des TCS! – bestehen, um eine Zulassung zu erhalten.
  • Der Kindersitz muss nicht mehr wie bisher anhand des Gewichts des Kindes, sondern anhand der Körpergrösse des Kindes ausgewählt werden. Dabei kann der Hersteller selbst festlegen, für welchen Grössenbereich sein Sitz geeignet ist, zum Beispiel von 40 cm bis 100 cm Körpergrösse, die bisherige Einteilung der Sitze in Klassen entfällt.
  • Egal, wie gross – alle Kinder müssen mit den neuen Kindersitzen bis 15 Monate gegen die Fahrtrichtung transportiert werden.
  • Auch Isofix-Kindersitze mit Stützfuss können eine universale Zulassung erhalten, allerdings nur für die Verwendung in Fahrzeugen mit speziell gekennzeichneten Sitzplätzen («i-Size tauglich»).
  • Wichtig: Vor dem Kauf eines Kindersitzes nach ECE R129 sollten Eltern abklären, ob ihr Fahrzeug auf der Typenliste des Kindersitzes freigegeben ist.

“Alte” Kindersitze nach ECE R44 dürfen weiter verwendet werden

Seit 2014 gibt es auf dem Markt Fahrzeuge, die über die speziell gekennzeichneten i-Size tauglichen Sitzplätze verfüge. Für Eltern, die bereits einen Kindersitz haben, ändert sich durch die neue Richtlinie nichts. Die bereits vorhandenen Kindersitze dürfen unverändert weiterverwendet werden. Ein Verwendungsverbot von Kindersitzen, die nach ECE R44 zugelassen sind, ist derzeit nicht geplant.

Eltern, die einen neuen Kindersitz benötigen, können auch jetzt noch nach wie vor Produkte kaufen, die eine ECE R44 Zulassung haben. Sie müssen nicht befürchten, dass sie diese schon bald nicht mehr nutzen dürfen.

In der Praxis: Welcher Sitz für welches Kind?

In der untenstehenden Tabelle sind die 3 typischen Kindersitze aufgeführt (nach der bisherigen Norm ECE R44). Die Überschneidungen beim Gewicht dienen dazu, dass man genügend Zeit hat, um sich einen grösseren Kindersitz anzuschaffen. Seit 2014 gibt es nun Kindersitze, die nach der neuen Norm ECE R129 (i-Size Norm) zugelassen wurden. Bei diesen Sitzen entfällt die Einteilung in Gruppen, die richtige Auswahl des Sitzes erfolgt anhand der Körpergrösse des Kindes.

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Welcher Sitz für welches Kind?

Die Kleinen – bis 1,5 Jahre

Die Kleinsten sollten so lange wie möglich in der Babyschale transportiert werden. Die Babyschale wird immer rückwärtsgerichtet und idealerweise auf dem Rücksitz montiert. Wird die Babyschale auf dem Beifahrersitz befestigt, so muss der Frontairbag deaktiviert werden! Der Wechsel in die nächstgrössere Kindersitzgruppe sollte erst gemacht werden, wenn der Kopf des Babys über die Babyschale hinausragt – 9 Kilogramm Gewicht ist das gesetzliche Minimum für einen Wechsel in einen Kindersitz. Aber ein Kind sollte bis zum Alter von 2 Jahren rückwärts gerichtet transportiert werden. Man sollte also, nach der Babyschale (i.d.R. nach 12-18 Monaten) einen rückwärts gerichteten Folgesitz kaufen.

In Kindersitzen nach der neuen Norm ECE-R129 müssen Kinder bis 15 Monate rückwärtsgerichtet gesichert werden.

Die Mittleren – bis ca. 4 Jahre

Kinder bis ca. 4 Jahre können in einem meist vorwärts gerichteten Kindersitz mit eigenem Gurtsystem (Hosenträgergurt) transportiert werden. Wichtig ist, dass der Kindersitz fest mit dem Auto verbunden ist. Wenn dies mit der genormten Steckverbindung Isofix gemacht wird, muss das Fahrzeug in der Typenliste des Kindersitzes aufgelistet sein.

Ein Wechsel in die nächstgrössere Kategorie bietet sich erst an, wenn der Kopf des Kindes über den Kindersitz herausragt.

Die Grossen – 4 bis 12 Jahren

Für die Grossen verwendet man für eine optimale Sicherheit und mehr Komfort am besten einen Kindersitz mit Rückenlehne. Ein einfacher Sitzerhöher ist zwar erlaubt, bietet aber keinen Schutz bei einem Seitenaufprall – wie dieses Video deutlich zeigt!

Im folgenden Video wird hingegen ein Beispiel eines korrekt gesicherten, grösseren Kindes gezeigt:

Wichtig ist, dass der Gurt korrekt und straff angelegt wird. Diese Sitze können bis 12 Jahre oder 150 cm Körpergrösse (was zuerst eintrifft) verwendet werden, dabei spielt das Gewicht eine untergeordnete Rolle.

Fehlbedienung (Misuse): Die häufigsten Fehler

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Der beste Sitz nützt nichts, wenn er nicht richtig angebracht wird.

  • Dicke Winterkleider: Wenn Kinder im Sitz dicke Daunenjacken tragen, können die Gurte nicht richtig greifen. Bei einem Aufprall rutschen die Gurte über die Schultern bzw. das Kind gänzlich aus den Gurten! Deshalb sollen Eltern lieber auf eine Jacke verzichten, dafür eine warme Decke einsetzen oder aber die Jacke zumindest öffnen.
  • Gurtführung: Die Gurte werden häufig nicht korrekt um die Babyschale geführt oder aber auch nicht richtig gestrafft.
  • Front-Airbag: Will man die Babyschale auf den Beifahrersitz montieren, ist dies nur erlaubt, wenn der Frontairbag des Beifahrersitzes inaktiviert ist. Ist das nicht möglich, darf die Babyschale nur auf dem Rücksitz verwendet werden. Achtung: Nicht vergessen, den Frontairbag auch wieder zu aktivieren.

Die Broschüre Kinder im Auto fasst kurz und bündig alles Wichtige zusammen, um Kinder im Auto richtig zu sichern! Ihr könnt die Broschüre auf der Webseite des TCS in mehreren Sprachen downloaden oder beziehen.

Welches sind die familienfreundlichsten Autos?

Bei der Wahl eines familienfreundlichen Autos ist es wichtig zu wissen, dass ein Fahrzeug mit 7 Sitzplätzen …

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Nicht jeder Sitzplatz ist Kindersitz tauglich!

… nicht unbedingt über 7 Kindersitz taugliche Plätze verfügt! Welches Auto welche Möglichkeiten bietet, findet ihr im Fahrzeugtest auf der Webseite des TCS heraus!

Weitere wichtige Kriterien für ein familienfreundliches Auto in Bezug auf Kindersitze sind auch folgende:

  • Kann man den Airbag auf dem Beifahrersitz deaktivieren?
  • Haben 3 Kindersitze in der 2. Sitzreihe nebeneinander Platz?
  • Wie gut ist die Isofix- und Top Tether-Erreichbarkeit?
  • Sind die Sicherheitsgurte genügend lang?

Grössere Fahrzeuge bieten zwar meist mehr Möglichkeiten, können aber durchaus auch Einschränkungen aufweisen. Letztlich ist entscheidend, wie viele Kinder transportiert werden sollen.

Ist mein alter Kindersitz noch gut?

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Das Label verrät es: Ist der Sitz noch gut?

Jeder Kindersitzt verfügt über ein Label mit den dazugehörigen Kennzeichnungen:

  • Nach welcher Norm ist der Sitz geprüft? Die Norm ECE R44.03 oder 04 (siehe die ersten beiden Ziffern der 8-stelligen Zahl) ist weiterhin erlaubt, ältere Normen sind seit 2010 verboten und dürfen nicht mehr verwendet werden.
  • Ist die Herkunft bekannt? Unfall-Kindersitze dürfen nicht wieder gebraucht werden.
  • Gut zu wissen: Probaby, Baby Rose und Autour de bébé prüfen Occasionskindersitze mit Hilfe der TCS-Checkliste. Die Prüfung erfolgt in der ganzen Schweiz und kostet CHF 20.- Für TCS-Mitglieder ist sie gratis.

Worauf soll man beim Kauf eines neuen Kindersitzes achten?

Es lohnt sich, folgendermassen vorzugehen:

  • Am besten wählt man verschiedene vom TCS getestete Kindersitze nach Gewicht oder Grösse des Kindes und zieht dabei das Kind mitein (zum Beispiel bei der Farbauswahl, beim Probesitzen). Dies erhöht dann auch die Akzeptanz, im Kindersitz zu fahren.
  • Vor dem Kauf sollte man prüfen, dass der Kindersitz auch für das eigenen Auto zugelassen ist und einen Einbauversuch im eigenen Auto durchführen. Dabei kann man auch kontrollieren, ob die Gurtlänge genügt, die Gurtgeometrie stimmt und der Sitz im Fahrzeug nicht wackelt. Der Kindersitz muss sich fest fixieren lassen. Er darf weder kippen noch verrutschen.
  • Wichtig ist auch, dass das Handling stimmt: Das Hineinsetzen und Angurten des Kinds sowie das Bedienen der Einstellvorrichtung müssen problemlos möglich sein.
  • Wenn das Fahrzeug Isofix-Befestigungen hat, sollte man auch Isofix-Sitze in die Auswahl miteinbeziehen.
  • Und selbstverständlich kauft man nur einen Kindersitz, der mit der meist orangenen Etikette nach dem Reglement ECE R44.04 resp. R129 versehen ist.

Sämtliche Informationen sind in der Broschüre Auto-Kindersitze 2017 verfügbar, die ihr auch über die Webseite des TCS kostenlos downloaden oder bestellen könnt. Eine sehr gute Zusammenfassung bietet zudem zum Schluss auch folgendes Video:

Alles klar? Es lohnt sich, sich auf der Webseite des TCS zum Thema Kindersitze umzuschauen, die verschiedenen Testberichte zu konsultieren oder die eine oder andere Broschüre herunterzuladen oder zu bestellen. Bei Fragen könnt ihr euch auch unter 0844 888 110 oder über das Kontaktformular auf der TCS-Homepage an die Experten wenden.

Hier findet ihr weitere Links zu Informationen zum Thema Kindersitze:

Gemeinsam mit dem Touring Club Schweiz geben wir in regelmässigen Abständen nützliche Informationen und Tipps, wie Familien heute sicher und lustvoll unterwegs sind.

Und hier geht es zu den bereits erschienenen Beiträge:


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