So ist das.

So ist das.
Diese Woche ist irgendwie merkwürdig. Nachdem ich am Montag beklaut wurde, verbrachte ich den Dienstagmorgen mit aktiver Problemlösung. Das hieß leider auch, dass ich den letzten Tag des Sprachkurses verpasst habe. Dafür stand ich schließlich recht weit vorne in der Schlange am ERASMUS Büro. Es ist nämlich die Woche der Einschreibung. Um mich herum viele neue Gesichter und viele wichtige Formulare. Man darf nichts sagen, die Organisation war für griechische Verhältnisse einwandfrei. Immerhin ganze zwei Schalter hatten geöffnet, um dem Ansturm an Studenten gerecht zu werden. Ich übte mich in Geduld und hoffte gleichzeitig, dass niemand nach meinem Perso fragen würde. Es war außerdem ein ziemlich beschissener Tag, weil ich zunächst zwei Stunden darauf gewartet hatte, dass Liis und Karl-Erik bei uns einziehen oder wenigstens Regina auf meine SMS antworten würde. Jetzt wartete ich darauf, dass jemand meinen dämlichen „Sandra ist tatsächlich in Griechenland angekommen“- Zettel ausfüllen würde. Es gibt Dinge, die mich mehr motivieren. Aber ich musste Präsenz zeigen, da ich schon am Morgen in der Sprachschule gefehlt hatte. Ich hatte mich ja schließlich für einen neuen Sprachkurs angemeldet, wusste aber natürlich nicht, dass man dafür knappe 300 Euro von mir haben wollte. Nachdem mir dann auch noch 100 Euro geklaut wurden, habe ich es vorgezogen erst einmal so zu tun, als wäre auch ich geklaut worden. Bisher fahre ich mit dieser Taktik ganz gut.
Jedenfalls hat es mich läppische zwei Stunden gekostet, bis ich schließlich meine Unterschrift, einen Zettel mit Anweisungen und einen Busfahrplan hatte. Dann noch zum English Department und mir meinen Studenten-Pass holen. Es war irgendwie nicht so überraschend, dass im English secretary niemand Englisch gesprochen hat. Mit meinem fließenden Griechisch war es mir Gott sei Dank trotzdem möglich mein Anliegen zu äußern. Body language ist das Zauberwort. Body language hat dann auch die verantwortliche Dame benutzt, als sie mir das Schiebefenster vor der Nase zu geknallt hat, nur weil ich sie dabei beobachtet habe, wie sie ein anderes Foto von einem anderen Studentenpass gepult hat, um mir eben diesen wenig später feierlich zu überreichen. Es scheint als wäre ich nicht die einzige mit Geldsorgen. Hat mich aber nicht weiter gestört, weil ich einfach froh war irgendein Papier zu haben, wo mein Gesicht und mein Name drauf waren. Es glauben immer noch alle, dass ich Davian heiße (oder mein Vater – „Is Davian your father’s name?“) und ich bin noch nicht dazu gekommen den Irrtum aufzuklären. Mich versteht ja eh keiner.
Dann war ich noch in der Deutschen Fakultät. Da hatte man mich auch nicht so lieb, aber wenigstens konnte ich einen Zettel mit den Deutschkursen ergattern. Es war ein wenig skurril, dass mir keiner von den Dozenten dort sagen konnte, wann die Kurse beginnen. Naja, wir werden sehen. Ich freu mich jedenfalls sehr darauf und werde mich auch in den Kurs „Was ist typisch Deutsch?“ schmuggeln. Es verspricht ein großer Spaß zu werden.
Ein großer Spaß war der Nachmittag dann nicht mehr, weil ich vergeblich versucht habe, Regina davon zu überzeugen, dass die Stadt schön und die Griechen auch eigentlich gar nicht so böse sind, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Meine Bemühungen endeten darin, dass Regina jetzt ihr Ticket zurück nach Hause gebucht hat. Jetzt muss ich alleine die Fahne hochhalten für die Essener Studenten-Elite. Ich denke, ich bin der Aufgabe gewachsen.
Am Mittwochmorgen wurde ich dann mit guten Nachrichten geweckt. Das Eramus-Büro hat angerufen und schlaftrunken, wie ich war, dachte ich erst die wollen mein Geld und ich müsste jetzt auch mit dem nächsten Flieger nach Hause. Aber nein, man hatte mein Portemonnaie gefunden. Ich wusste dennoch, es würde ein scheiß Tag werden, weil mein Handy mir kein guter Freund ist und gerne mitten im Gespräch die Verbindung trennt. Nicht weiter schlimm, aber wenn man um 9 Uhr morgens angerufen wird von einer unterdrückten Nummer, nicht genau versteht, was los ist und einem dann die Nummer vom Finder des Portemonnaies gegeben wird: „The number is 69..krks...tuuutuuutuuut“ – da kann man schon einmal kräftig eskalieren. Eine Stunde habe ich dann darauf gewartet, dass ich zurück gerufen wurde und war sehr dankbar, dass es diesmal geklappt hat. Ich hatte eine spitzen Vision im Kopf, dass mir ein guaussehender, griechischer Student in Gotteskluft mein Portemonnaie überreichen würde, aber nach etlichen Kommunikationsproblemen – der ältere griechische Herr, der meinen Anruf dann tatsächlich beantwortete sprach natürlich kein Wort Englisch – machte ich mich bei strömenden Regen (!!!!!) auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Mario hat mir seinen italienischen Freund Sandro zur Seite gestellt, der wiederum hatte sein Mafioso-Gesicht dabei und ein Taschenmesser. Wir beide konnten uns ebenfalls nicht verständigen, weil er wiederum nur Italienisch sprach. Es war also alles in allem irgendwie traurig und witzig zugleich, weil schließlich ein Grieche, eine Deutsche und ein Italiener aufeinander trafen, von denen niemand die Sprache des anderen kannte. Ich war einfach nur sehr froh, dass ich Begleitung hatte und dass ich mein Portemonnaie zurück bekam. Es sah wirklich sehr auseinander genommen aus und jeder kleinste Kassenzettel fehlte. Einfach alles, keine Ahnung überhaupt, was genau. Ich war glücklich, dass sowohl mein Perso, als auch Führerschein, Krankenversicherung und Sozialversicherung (wieso zum Teufel hatte ich die überhaupt dabei?) den Weg zu mir zurück gefunden hatten. Meine EC Karte war tatsächlich weg und das Foto von meiner Mama. Das ist merkwürdig. Aber eine kleine Gypsy-Familie ist jetzt bestimmt sehr glücklich.
Bei uns in der Wohnung lebt auch eine Gypsy-Familie. Wir nämlich. Mario, der gerade von seiner mündlichen gynäkologischen Prüfung nach Hause kam und uns gerne an seinem Fachwissen teil haben lässt, Karl-Erik, der gestern Nacht auf dem Apfelkuchen in der Küche ein paar freundliche Kakerlaken gefunden hat, ich, die aus eben diesem Grund ihr Zimmer mal aufgeräumt hat und ansonsten von den Essensresten ihrer Mitbewohner lebt, Liis, die mir ihre letzten 10 Euro geliehen hat, Noemie, die inzwischen aus Platzmangel zu einer Freundin gezogen ist, Sandro, der nach wie vor nur wenig Englisch spricht, aber den ganzen Tag für uns kocht und schließlich der Hase, der zwischenzeitlich wieder an schlimmem Durchfall leidet.
Unsere Wohnung leidet auch. Das Klo ist noch aus der mykenischen Zeit und verwehrt uns manchmal seinen Dienst. Die Dusche kann man nur nutzen, wenn man vorher eine halbe Stunde zum Gott des heißen Wassers gebetet hat. Hinter der Küchenzeile hat Mario einen kleinen Gemüsegarten entdeckt. Das klingt lustiger, als es vermutlich ist, weil dort eine kleine Kakerlaken-Gypsy-Familie haust. Es wird kälter draußen und wir haben nicht mal eine Heizung für den Winter. Ich sollte wohl eigentlich nach Hause fahren, aber ich mag’s.
Gerade kam Liis rein und hat verkündet: „Not everything in Greece is shit“. Auf meine Frage: “What is not?“ wussten wir alle keine Antwort.

Die Musik ist zweifelsohne super.

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