Schubert verkehrt herum

Am 14. 11. wurde die Kreativität von Bernhard Günther bei dem Konzert „Excuse my dust 2“ mit dem Solistenensemble Kaleidoskop abermals unter Beweis gestellt. Wie schon am Schostakowitsch-Quartett-Abend verwendete der Wien Modern-Intendant wieder die Stilmittel von Simultaneität und Assemblage, um einzelne Werke von verschiedenen Komponisten in einem neuen auditiven Kontext anzubieten.

Schubert hätte Ohren gemacht

Ensemble Kaleidoskop (c) verein_akutSolistenensemble Kaleidoskop (c) verein_akut

Dabei wurde das Streichquintett in C-Dur D 956 von Franz Schubert nicht nur in verkehrter Reihenfolge aufgeführt, sondern mit seinen einzelnen Sätzen auch zwischen die anderen Stücke ausgelagert. Am Beginn, also beim letzten Satz, der an diesem Abend als erster gespielt wurde, durfte gleich Untergangsstimmung herrschen, wurde doch das Spiel, das im Foyer des Odeon begann, anfangs nur leise, später jedoch mit ohrenbetäubenden elektronischen Sequenzen aus Lautsprechern übertönt. Eine brutale Weltuntergangsstimmung vertrieb dabei gnadenlos kurz aufgekommene, romantische Emotionen.

Zwei parallele Solokonzerte

Erst als das Publikum dem Ensemble in den Saal folgte und sich dieser gefüllt hatte, verstummte der Lärm aus den Lautsprechern allmählich. Im beinahe ganz abgedunkelten Raum hatten die Violinistin und die Cellistin bereits begonnen, ihre Konzerte vorzutragen. Die Werke „E für Violoncello solo“ von Mark Andre und Toccatina. Studie für Violine allein“ von Helmut Lachenmann, ließen sich dabei wunderbar miteinander vergleichen. Beide Konzerte leben von derselben, leisen, kaum hörbaren Grundstimmung, wobei Mark Andre für das Cello an verschiedenen Stellen wesentlich mehr Emotionen einschrieb als Lachenmann es für die Violine tat.

Xenakis, Haas, Webern und immer wieder Schubert

Mit Iannis Xenakis erklang im Anschluss ein Großmeister der Musik des 20. Jahrhunderts. Sein Ittidra für Streichquartett erwies sich als ein prächtiger, homogener Dissonanzkörper, der durch lange, simultane Auf- und Abstriche eine unglaubliche Plastizität erlangte. Ein sehr seltenes Beispiel einer dissonanten Komposition, die süchtig machen kann.

„De terrae fine“ für Violine solo“ von Georg Friedrich Haas ließ im dunklen Saal ebenso dunkle Gefühle aufkommen. Dennoch stattete er diesen Solopart mit einer großen Farbigkeit aus, bei der sich hohe Dissonanzen mit leisen Pizzicato-Stellen abwechseln, bald darauf jedoch langgezogene Passagen kreischend durch den Raum strömen. Eine Raumerkundung der ganz besonderen Art, bei der sich ganz unterschiedliche Stimmen aus ein und demselben Instrument zu Wort melden. Umso stärker wurde die Leichtfüßigkeit von Schuberts 1. Satz aus seinem Streichquintett in C-Dur, der danach erklang, wahrnehmbar. Wobei das Phänomen, Schubert in dieser speziellen Soundumgebung zerschnipselt auf dem Tablett serviert zu bekommen, gänzlich neue auditive Sensorien ansprach.

Solistenensemble Kaleidoskop (c) verein_akut Solistenensemble Kaleidoskop (c) verein_akut

Die „Sechs Bagatellen für Streichquartett, op.9“, von Anton Webern, bildeten einen wunderbaren, fein nuancierten Ausklang dieses Konzerts, das seine Einprägsamkeit auch durch die Lichtinstallation von Gintaras Diziapetris und Elena Narbutaité erhalten hatte. Abstufungen von Dunkel, das Spiel mit Lichtern im Spiegel, das Wechseln von farbigen Scheinwerfern, das Dunkel des Saals kaum erhellend, aber dennoch stark akzentuierend – all dies bildete eine höchst ästhetische Raumerfahrung, die sich wunderbar um die Klänge schmiegte und das Ensemble in seinen gestylten Schwarz-Weiß-Outfits wie Wesen von anderen Sternen erscheinen ließ.

Es beeindruckten im Solistenensemble Kaleidoskop: Anna Faber und Mari Sawada an der Violine, Grégoire Simon und Yodfat Miron an der Viola sowie Tilman Kanitz und Boram Lie am Violoncello.


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