Richard David erpricht sich

"Tiere essen" von Safran Froer hat Richard David Precht angeblich nicht gelesen (sein neues Werk heißt dennoch "Tiere denken"), Peter Singer kennt er wohl. Als bekennender Fleischesser (aber nur, wenn er weiß, woher es kommt) gibt er dem üblichen populären Vegetarismusgefasel damit nur einen kleinen Dreh und schwimmt ansonsten ganz auf der Mainstreamwelle mit. Da meint er, wir wären gebissmäßig nie dafür geschaffen gewesen, rohes Fleisch zu essen, ja hätten erst einmal das Feuer entdecken müssen - und unterschlägt unsere anatomische Evolution, die Beschaffenheit unserer Verdauungsorgane oder die Leichtigkeit, mit der man rohen Fisch verspeisen kann (und viele Innereien oder das Blut von Säugetieren). Er glaubt, wenn man Besuche auf Schlachthöfen zum Pflichtprogramm in Schulen machte, würden 70 Prozent der Kinder kein Fleisch mehr essen wollen - empfiehlt aber weder einen saftigen Kochkurs noch den Ausflug mit einem Jäger oder Fischer nebst anschließender Verspeisung des Erlegten. Richard will die Menschen zum Nachdenken anregen über Dinge, die sattsam bekannt sind (Überdüngung, Landverschwendung durch Futtermittelanbau usw.). Laut einem Interview in der WELT hält er sich selbst Fische "in einem eine Tonne schweren Aquarium" und hat "das Gefühl, dass es denen ganz gut geht".
Was für ein Snob. Abgesehen davon, dass ich "das Gefühl" habe, jeder Fisch würde lieber dort schwimmen, wo ihn keine Glaswand am Weiterkommen hindert (ein Aquarium ist für einen Fisch beinahe das Gleiche wie eine Legebatterie für eine Henne - denn ein Fisch hat normalerweise einen wesentlich größeren Bewegungsradius), ist die Gefühlsduselei von Richard ebenso erstaunlich wie seine Fantasterei, mit der er eine Zukunft aus künstlich erzeugtem Fleisch ausmalt. Das eigentliche Problem ist jedoch, dass er uns etwas als "Ethik" verkaufen will, das einer gesunden Logik entbehrt und sich bei genauerem Hinsehen auch als barbarisch entlarven lässt. So erklärte er nämlich bei "Markus Lanz" im ZDF - den Irrtum Peter Singers wiederholend - anhand von Tieren, die einzig zum Zwecke der Verspeisung gehalten würden, dies würde ein gewissermaßen guter Mensch doch unterlassen wollen. Freilich ist das Schicksal sehr vieler Lebewesen in der Natur eben dies: gefressen zu werden. Würde man aufgrund der Tatsache, ein Tier solle nicht geboren werden, wenn es doch nur dem Verspeisen eines anderen Tieres anheimfalle, eine stringente Ethik entwickeln, bedeutete dies zunächst, Nicht-Leben wäre wertvoller als Leben, und würde  diese Konsequenzen haben:
- Schweine, Kühe, Hühner usf. würden verschwinden, da sich ihre Haltung nicht rechnet- Tiere, die in der Natur der Nahrung anderer dienen, könnten genauso gut nicht leben, man bräuchte sie also nicht zu schützen, da sie ja dasselbe schreckliche Schicksal ereilen kann wie das der Schlachttiere (hier wird möglicherweise eingewandt, dass Artenschutz das Gleichgewicht der Natur erhält, jedoch lässt sich aufzeigen, dass der Genuss von Fleisch dem Gleichgewicht von Menschen dienen kann)
Der Fehler von Richard David Precht liegt also nicht in der Kritik der Massentierhaltung, sondern in der Ausweitung auf eine gefühlsduselnde und realitätsfremde, ja wahrnehmungsgestörte Wohlfühlethik. An seinem Beispiel lässt sich wohl erneut aufzeigen, wozu das mediale Wechselspiel führt, wenn man als Denker, Religiöser, Politiker das Image eines Menschen bekommt, der es den Massen irgendwie angenehm recht zu machen hat. Wer aber eine Ethik vertritt, die unterschwellig annimmt, endliches Leben mit dem Zweck der Erhaltung anderen Lebens sei erst gar nicht lebenswert, der vertritt tatsächlich eine gefährliche Ideologie, die die wichtigsten Wesenszüge unseres Daseins verkennt. Schade, dass mein Vater, der Landwirt war, nicht mehr über einen wie Precht mitlachen kann.  

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