|Rezension| "Fünf Regeln für mein zuckersüßes Leben" von Marjetta Geerling



Wenn es ums Verlieben geht, sollte man unbedingt fünf Grundregeln beachten.
Die sechnzehnjährige Abby Elizabeth Savage will nur eins: Mit ihrem besten Freund Cody nach New York ziehen, um den Fängen ihrer Familie zu entkommen, die fast nur aus Frauen besteht, denn die sind nicht nur peinlich, sondern tauschen die Männer untereinander, wie ihre Unterwäsche. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Abbys ältere Schwester Kait von ihrem Freund, der jetzt mit ihrer Mutter verheiratet ist, schwanger ist und sowieso hat Abby sich vorgenommen in Sachen Liebe nicht die Fehler ihrer Schwestern zu begehen. Um dies zu verhindern, hält sie sich strikt an fünf Regeln. Regeln Nr. 1 lautet: "Finde jemand Neues" - und das ist leichter gesagt, als getan, denn mit dem könnte Abby schon zusammen sein, der noch nicht mit einer ihrer Schwestern zusammen war? Das Chaos wird perfekt, als Codys Bruder Jackson wieder ins Land kommt (der allerdings mal was mit Kait hatte) und Cody sich endlich aus homosexuell outet! Schon bald stehen Abbiys fünf Regeln ihr im Weg...
Marjetta Geerling schreibt auf eine lustige und dennoch oft sehr kritisch wirkende Art, die sie oft in Ironie verpackt. Die Geschichte ist jedoch sehr jugendlich und relativ anspruchslos gehalten, was aber im Grunde genau richtig ist. Manchmal haben mir ein paar nachdenkliche, selbstreflektierende Szenen gefehlt, aber alles in allem hat man viel Spaß mit dem Schreibstil, der sich flüssig lesen lässt und mich oft zum Lachen gebracht hat. Insgesamt wird auf eine blumige oder poetische Sprache völlig verzichtet, sodass der Stil auch keinen nennenswerten Wiedererkennungswert besitzt.
Manchmal stehen Cover und Titel in einem absoluten Gegensatz zur Geschichte und man kann einfach nicht nachvollziehen, wer auf die Idee gekommen ist. Das ist auch bei "Fünf Regeln für mein zuckersüßes Leben" der Fall, denn wenn diese Geschichte etwas nicht ist, dann ist das definitiv "süß". Und was sie noch viel weniger ist: zuckersüß. Das Lesen des Buches hat sich in etwa so angefühlt, als würde man sich süßes Popcorn kaufen - alles spricht dafür, dass das Popcorn süß ist: die Verpackung, der Geruch, der Name - und salziges wäre drin. Ähnlich verhält es sich auch mit der Geschichte: Man denkt, es verläuft alles normal und oberflächlich und plötzlich geschehen Dinge, die nicht so richtig zum Cover passen wollen und am Ende bleibt der salzige Film auf den Lippen, obwohl doch eigentlich etwas ganz anderes auf der Verpackung stand.
Das alles macht "Fünf Regeln für mein zuckersüßes Leben" aber definitiv nicht zu einem schlechten Buch; ganz im Gegenteil: Es ist einfach ganz anders, als Cover und Titel vermuten lassen, auch wenn die Geschichte natürlich auch ihre zuckersüßen Momente hat. Was mir aber zuerst einfällt, wenn ich daran zurückdenke, wäre "schräg". Oder durchgeknallt. Vielleicht auch ein bisschen asozial - zumindest, was Abbys Familie angeht. Die Geschichte beginnt nämlich reichlich merkwürdig, was vor allen Dingen die ziemlich fragwürdigen Familienverhältnisse betrifft, die man so gar nicht richtig glauben will, mausert sich aber schon bald (gerade auch wegen eben dieser Verhältnisse) zu einer guten Geschichte, die durchaus auch Tiefe beweist und sich mit schwerwiegenderen Problemen beschäftigt, als man gedacht hätte.
Ein großes Thema der Geschichte sind Familien - Abbys Familie um genau zu sein und auch wenn du jetzt denkst, deine Familie wäre schlimmer: Lies dieses Buch, dann wirst du vermutlich dankbar sein, dass du nicht Abby bist. Mit einer Hippiemutter, die sich zum dritten Mal scheiden lässt und ziemlich egoistisch ist, zwei älteren Schwestern, die eine schwanger, die andere schon mit Kind und immer noch zu Hause wohnen, ist das Abbys Leben nicht unbedingt einfach. Sie scheint die einzig Normale der Familie zu sein und darf sich um alles kümmern - auch um das Kind ihrer Schwester, weil diese viel zu sehr damit beschäftigt ist, alles in ihr Bett zu zerren, was nicht bei Drei auf dem Baum ist. Abby an sich ist eine sympathische Figur, der man aber anmerkt, dass sie nicht wirklich weiß, wo sie hingehört und was sie eigentlich will. Nur eins weiß sie: Sie will nie so werden, wie ihre Familie und gerade mit dieser Angst beschäftigt sich die Geschichte.

Doch auch andere Themen finden einen Platz in der Geschichte - und das nicht einmal einen kleinen. Gerade Homosexualität spielt eine große Rolle und wird kritisch behandelt. Cody, der schwul ist, sich aber noch nicht geoutet hat, wird von allen Seiten gehänselt und schafft es nicht, zu seiner Neigung zu stehen. Hier hätte ich mir allerdings noch ein wenig mehr Ausarbeitung gewünscht, da nicht erklärt wird, wie sein Leben weitergeht und wie seine Familie damit umgeht. Die ist übrigens im Gegensatz zu Abbys Familie ziemlich spießig und so geht es auch um die Vor- und Nachteile verschiedener Familien und das normal nicht immer die beste Wahl ist. Die Autorin stellt immer wieder die Extreme gegenüber, was zeitweise für so einige Lacher gut ist, insgeheim aber doch mehr als witzig ist, sondern sich viel mehr kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzt.
Handlungstechnisch ist die Geschichte eher durcheinander. Sie folgt keinem roten Faden, sondern läuft eher (wie das Leben selbst eben) irgendwohin und verliert sich dort, was zeitweise zu wenig Spannung führt, andererseits aber auch eine gewisse Natürlichkeit aufrecht erhält und größtenteils unvorhersehbar ist (außer im Bezug auf Jackson natürlich!). Insgesamt dreht sich die Geschichte darum, dass Abby lebt und auf der Suche nach ihrem Gegenstück ist, obwohl das so extrem gar nicht thematisiert wird - nur das Abby an ihren Regeln festhält. Positiv an der Geschichte empfand ich auch die Tatsache, dass Teenager endlich mal glaubhaft dargestellt werden. Keiner ist hier perfekt, es wird Alkohol getrunken und von Sex geredet. In der Hinsicht ist die Geschichte glücklicherweise ziemlich direkt und orientiert sich an einer realen und keiner fiktiven Jugend.
Ihr wollt fünf Gründe, warum ihr dieses Buch lesen solltet? 1. Es ist lustig und zwar auf eine ironische Weise. 2. Es ist nicht so rosa, wie es von Außen wirken mag - ganz im Gegenteil. 3. Es geht ein wenig in die Tiefe und beschäftigt sich auch mit kritischeren Themen wie Homosexualität. 4. Es handelt von einer völlig durchgeknallten Familie, die man irgendwann (wie auch immer das möglich ist) ins Herz schließt. Und 5. Es ist eine Geschichte aus dem Leben. All das und noch mehr hat "Fünf Regeln für mein zuckersüßes Leben" für mich zu einem schönen Leseerlebnis gemacht, obwohl das Buch durchaus seine Schwächen hat. Insgesamt macht es aber einfach Spaß und hätte hier und da nur einen kleinen Feinschliff und etwas mehr Ausführungen nötig gehabt. Als Lektüre für zwischendurch mit einer kleinen Portion Tiefe kann ich die Geschichte um Abby, Jackson und Cody jedem ans Herz legen, der keine klischeehaften und süßen Teeniegeschichten mag, sondern das Leben, so wie es eben spielt.

Marjetta Geerling lebt mit ihrem Ehemann, ihrem Hund Jezebel und ihrer Katze Indiana Jones und unzähligen Fischen in Miama Beach, in Florida. Sie ist in Südkalifornien aufgewachsen, lebte bereits in Neuseeland, England und New York, aber auch wenn sie das Reisen liebt, möchte sie in Florida bleiben. "Fünf Regeln für mein zuckersüßes Leben" ist ihr erster Roman. Marjetta Geerling arbeitet als Grundschullehrerin und unterrichtet private Schreibklassen. [selbst übersetzt]

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