|Rezension| "Die Überlebenden" von Alexandra Bracken

| Goldmann | Klappbroschur | 544 Seiten | €12,99 | Amazon |


 Ruby hat überlebt. Doch der Preis dafür war hoch. Sie hat alles verloren: Freunde, Familie, ihr ganzes Leben. Weil sie das Virus überlebt hat. Weil sie nun eine Fähigkeit besitzt, die sie zur Bedrohung werden lässt, zu einer Gefahr für die Menschheit. Denn sie kann die Gedanken anderer beeinflussen. Deshalb wurde sie in ein Lager gebracht mit vielen anderen Überlebenden. Deshalb soll sie getötet werden. Aber Ruby hat nicht überlebt, um zu sterben. Sie wird kämpfen, schließlich hat sie nichts zu verlieren. Noch nicht ...
In der Flut an Jugendbüchern, die jedes Jahr erscheinen ist es schwer, etwas neues zu erschaffen. Etwas, das es inhaltlich bisher noch nicht gab - nicht einmal ähnlich. Oftmals liest man ähnliche Inhalte nur mit etwas anderer Umsetzung und ist schnell gelangweilt oder ernüchtert, weil man die ganze Zeit denkt: Das hast du doch letztens erst so ähnlich gelesen. Obwohl die Trilogie von Alexandra Bracken eines der Dinge ist, die schon gehyped wurden, noch bevor sie in Deutschland veröffentlicht waren, war die erste Hälfte von "Die Überlebenden" ein genau solches Buch für mich. Eine Endzeitdystopie mit Fantasyelementen und ein wenig Survival hier und da - nichts, was man nicht schon irgendwo anders ähnlich gelesen hätte. Durch einen leicht ausufernden Schreibstil wurden die ersten zweihundert Seiten eine zähe Masse an wiedergekauten Wörtern; sicherlich nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Bis dann schließlich die zweite Hälfte folgte. Und die hat mich dann doch überzeugt.
Wie schon gesagt: Schlecht war die erste Hälfte nicht und ich kann mir gut vorstellen, dass ich von der ersten Seite an gefesselt gewesen wäre, wenn ich nicht schon unzählige andere Dystopien gelesen hätte, aber mir hat einfach das gewisse Etwas gefehlt. Die letzte Prise Salz, die es würziger, lebendiger macht. Kleine Wehmutstropfen zwischendurch waren kleine Logiklöcher und ein etwas schwächelnder Weltentwurf, von dem ich annehme, dass er in den nächsten Bänden ausführlicher behandelt wird. Abgesehen davon wurde "Die Überlebenden" jedoch ungefähr ab der Hälfte eine wirklich schön zu lesende Jugenddystopie, was nicht zuletzt an den Figuren gelegen hat. Meine Zuneigung zu der Geschichte wurde nämlich vor allen Dingen wegen einem kleinen, stummen, japanischen Mädchen genährt, dass zuckersüß und obercool zugleich ist - Suzume. Sie hat so viel Herzenswärme und Stärke in die Geschichte gebracht und die etwas distanziert wirkende Protagonistin Ruby wieder wett gemacht, dass ich irgendwann ganz verliebt in die Figuren des Buches war.
Ruby ist zwar keine schlechte Protagonistin - sie erweckt schon die Sympathie, die man erwartet -, aber ihr fehlte irgendwie ein letzter Schliff. Sicherlich, sie hat viel durchgemacht und ist vielleicht gerade deswegen nicht sehr umgänglich, aber in anderen Bereichen war sie dann plötzlich wieder überraschend offen. Zumal ich sie teils wirklich etwas zu clever - bzw. wissend - fand, dafür, dass sie seit sie zehn Jahre alt ist, weder Bildung, noch normale Kommunikation genossen hat. Sie wusste Dinge, die man einfach nicht wissen kann, wenn man das normale Leben ganze sechs Jahre nicht leben durfte/konnte. Das mag kleinlich sein, hat aber dann und wann einfach die Glaubwürdigkeit des Buches geschmälert, was der Atmosphäre oftmals geschadet hat. Besonders charismatisch fand ich dafür Chubs, einer der Jungs, die Ruby begleiten, einfach, weil er sehr speziell ist und wenig naiv. Liam hingegen hat weniger Ecken und Kanten und rutschte einem dadurch oftmals durch die Finger, obwohl er zum Ende hin etwas mehr Konturen bekam. Aber auch der mysteriöse Flüchtling, zu dem Ruby und ihre Gruppe wollen, war eine Figur von der charismatischen Sorte, von dem man hoffentlich noch einiges erfahren wird.
Plottechnisch gab es noch keinen durchgehenden roten Faden, das Hauptziel war die meiste Zeit das Finden des Flüchtlings, da dieser angeblich die Möglichkeit hat, die Familien der Kinder ausfindig zu machen. Ein höheres Ziel, wie die Stürzung des Systems wurde gar nicht angeschnitten, daher könnte man trotz viel Action und Spannung sagen, dass es noch nicht wirklich zur Sache geht. Hier bin ich gerade auf einige Entwicklungen im zweiten Band gespannt, gerade, weil "Die Überlebenden" mit einem wirklich fiesen Cliffhanger endet, der noch einmal einige überraschende Wendungen umfasst, die man Ruby nicht zugetraut hätte, die aber auch andere Figuren in ihrem Umkreis betreffen. Ansonsten ist die große Hauptthematik nicht unbedingt neu, wurde aber teils interessant umgesetzt. Nun heißt es warten, aber nicht allzu lange - schon im Februar 2015 erscheint schließlich der zweite Band in deutscher Sprache.

Ruby überlebt und kämpft. Die erste Hälfte des Buches musste auch ich kämpfen - gegen die zähe Masse an Worten, die ich schon einmal irgendwo glaubte gelesen zu haben. Ab der Hälfte wendet sich das Blatt jedoch und ich war gebannt und das nur durch eine einzige Figur, die mir das Buch irgendwie schmackhaft gemacht hat. "Die Überlebenden" hat mich entgegen aller Erwartungen nicht umgehauen - vielleicht, weil es in dem Genre inzwischen schwer geworden ist, mich zu überraschen und etwas Neues zu erfinden - und auch nicht völlig baff und emotional zurückgelassen, aber spätestens ab einem gewissen Punkt habe ich sämtliche Figuren (mit einigen Ausnahmen) ins Herz geschlossen und so wurde auch der Plot interessant und faszinierend. Für Vielleser vielleicht nicht unbedingt neu, aber definitiv kein schlechtes Buch, das (für mich) etwas brauchte, um in Fahrt zu kommen. Für mich ein 3,8 Herzen-Buch, aber da es das bei mir nicht gibt, gibt es vier Herzen mit Bauchschmerzen:

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