Protzen trotz Pleite

«Endlich fliegt etwas auf dem Flughafen von Castellón – und wenn’s nur die Falken sind.» So kommentiert ein Internetuser die vorerst letzte Posse um den spanischen Geisterflughafen der Stadt Castellón. Aber der Reihe nach: Vor etwas über zehn Jahren wurde der Bau des sechsten Großflughafens auf einem Küstenstreifen von knapp 300 Kilometern beschlossen. Alle 50 Kilometer ein internationaler Flughafen – so verprasst man in Spanien Kohle.

Doch der Bau des Aeropuerto Castellón ist nicht nur Größenwahn einer Stadt mit weniger als 200.000 Einwohnern, er ist auch absolut überflüssig. Eigentlich sollte er einhergehen mit einem touristischen Aufstieg der Region nördlich der Metropole Valencia. Dann platzte die spanische Immobilienblase, die Pläne für 40.000 Apartments, 50.000 Hotelbetten und 12 Golfplätze wurden begraben. Nur der Flughafen wurde gebaut.

Seit Mai 2011 ist er fertig, mehr als 150 Millionen Euro hat der Bau gekostet. Aber ein Flugzeug hat der nagelneue Flughafen auch neun Monate nach der Einweihung nicht gesehen. Es fehlen noch immer wichtige Genehmigungen, um ihn überhaupt in Betrieb nehmen zu können. Stattdessen tun sich ständig neue Problemfelder auf – zuletzt war von einer Kaninchenplage die Rede. Den Nagern gefällt das weite, unbenutzte Flugfeld, sie vermehren sich wie die sprichwörtlichen Rammler. Nun müssen sie mit dressierten Falken gejagt werden. Kosten pro Jahr: etwa 90.000 Euro.

Schließung vor der Eröffnung?

Die Verantwortlichen überlegen seit Längerem, ob das endgültige Aus für den Flughafen nicht sinnvoller wäre, als immer wieder in ein faktisch totes Projekt zu investieren. Am 16. Januar dann jedoch diese Nachricht: Den Flughafen jetzt zu schließen käme teurer, als ihn durch Subventionen künstlich am Leben zu erhalten. Die spanische Tageszeitung El País hat errechnet, dass ein Ausstieg Vertragsstrafen in Höhe von 80 Millionen Euro nach sich ziehen würde. Den Flughafen über einen Zeitraum von acht Jahren zu finanzieren, würde vergleichsweise geringe 17,8 Millionen Euro kosten, mehr als 62 Millionen Euro weniger.

Eine absurde Zwickmühle, in die sich die Region durch den Bau des überflüssigen Flughafens selbst gebracht hat. Absurd – und doch irgendwie typisch für Valencia und Umgebung. Die autonome Region Valencia, die einen ähnlichen Status hat wie ein deutsches Bundesland, ist inoffiziell längst bankrott. Erst Ende Dezember musste die spanische Regierung Medienberichten zufolge eine heimlich Bürgschaft ausstellen, damit Valencia 123 Millionen Schulden bei der Deutschen Bank begleichen konnte.

Ein Tropfen auf den heißen Stein, Valencias Schuldenberg wächst derweil unaufhörlich. Das wird allerdings kaum jemanden überraschen, der schon einmal die spanische Küstenstadt besucht hat. Klotzen statt kleckern ist hier das Motto. 1996 wurde unter dem Namen «Stadt der Künste und Wissenschaften» ein komplettes Viertel in das ausgetrocknete Flussbett des Río Turia mitten in der Innenstadt gesetzt. Entworfen wurden die futuristischen Bauwerke vom in Valencia geborenen Stararchitekt Santiago Calatrava. Allein der Hauptbau, das Opernhaus «Palau de las Artes Reina Sofia», kostete fast 400 Millionen Euro.

Formel 1, America’s Cup und ein schickes neues Stadion

Geld, das Valencia nie hatte. Aber die Stadtoberen – übrigens allesamt aus der konservativen Partei des neuen Ministerpräsidenten Rajoy – hofften auf einen so positiven Effekt für den Tourismus, dass sich das Prestigeobjekt bald rechnen würde. Als dieser Plan nicht aufging, wurden weitere Maßnahmen ergriffen: Mit viel Geld wurde erst der Segelwettbewerb America’s Cup, dann sogar die Formel 1 in die Stadt geholt. Für den ortansässigen Fußballclub FC Valencia wurde ein riesiges neues Stadion gebaut.

Raus aus den Schulden kam die Region damit nicht. Im Gegenteil, der Schuldenberg wächst und wächst. Inzwischen versucht man sogar, wieder aus dem teuren Formel-1-Vertrag auszusteigen, der Neubau des Fußballstadions wurde zwischenzeitlich unterbrochen, und den «Palau de las Artes Reina Sofia» können Paare für ihre Hochzeit mieten, damit ein wenig Extra-Geld in die geschröpften Kassen fließt.

Am schlimmsten sind die Folgen aber für die Normalbürger. Hunderte Schulen stehen in der Region vor der Schließung, weil Lehrer nicht mehr bezahlt werden können. Mehr als 225.000 Schüler könnten betroffen sein. Auch in anderen Bereichen ist Valencias Provinzregierung längst zahlungsunfähig. So soll seit Juli 2011 kein Geld mehr aus dem Gesundheitswesen an Apotheker geflossen sein, allein die Schulden für Medikamente werden auf 300 bis 550 Millionen Euro beziffert.

Im dritten Quartal 2011 wurden die Gesamtschulden der Region Valencia auf knapp über 21 Milliarden Euro geschätzt. 2012 sind 3,4 Milliarden an Rückzahlungen fällig. Woher das Geld kommen soll, ist ungewiss. Die Schuldenmisere macht sich zudem auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar: Die Arbeitslosigkeit in der Provinz Valencia liegt bei 25 Prozent. In der Provinz Castellón, in der der Geisterflughafen steht, haben sogar 27 Prozent keine Arbeit – deutlich mehr also als die bereits katastrophale nationale Quote von 21,5 Prozent.

Quelle:
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Spanische Staatspleite – Protzen trotz Pleite

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