Präzision und Klangfülle beim Auftaktkonzert des OPS

Präzision und Klangfülle beim Auftaktkonzert des OPS

Der Pianist Marco Volodin (c) Borggreve


Mit zwei bekannten Konzerten eröffnete Marc Albrecht mit seinem Orchester, dem OPS (Orchestre Philharmonique de Strasbourg) die neue Konzertsaison. Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 stand genauso am Programm wie die anspruchsvolle 3. Symphonie von Anton Bruckner. Dass sich Albrecht damit auch einen persönlichen Wunsch erfüllte liegt auf der Hand, zählen doch beide Komponisten zu jenen, mit denen er sich bisher schon intensiv auseinandergesetzt hat und auch in Zukunft immer wieder auseinandersetzen wird. Wie er in einem Interview einmal sagte, zählen sie zu jenen Favoriten, denen er zeitlebens in seiner Arbeit verbunden sein möchte. Von Beginn weg konnte das OPS unter Albrecht zeigen, worin die Stärken dieser Kombination bestehen. Das Zusammenspiel zwischen Orchester und Dirigenten findet auf einem Niveau statt, das sich erst bei längerer Zusammenarbeit auf dieser Verständnisebene ergibt. Dass Marc Albrecht nun schon beinahe 6 Jahre das Straßburger Orchester dirigiert, hinterließ ganz offenkundig seine Spuren. Eine extreme Farbigkeit in der Dynamik trug schon in den ersten Augenblicken von Beethovens Klavierkonzert dazu bei, das Publikum in seinen Bann zu ziehen und zeigte zugleich auf, was an diesem Abend insgesamt zu erwarten war. Der 1977 in Petersburg geborene Volodin übermittelte rasch, dass sowohl Einfühlungsvermögen als auch Kraft in seinem Spiel liegt. Bestens unterstützt vom Orchester gelangen ihm die extrem lyrischen Passagen des zweiten Satzes so überzeugend, dass eine größere Spannung im Ausdruck nicht mehr denkbar war. Die dahinterliegende Idee, die Geschichte und Dramatik von Orpheus und Euridike zu beschreiben, wurde in seiner musikalischen Umsetzung durch den Ausdruck tiefer Traurigkeit und gespannter Dramatik deutlich. Seine Übereinstimmung mit Marc Albrechts Interpretationsweise, welche die jeweiligen Melodieführungen, und waren sie auch noch so zart, ganz organisch und harmonisch aus dem großen Erzählfluss hervorhoben, machte die Aufführung zu einem Erlebnis. Beethovens 4. Klavierkonzert gilt als eines der ersten, in welchem der Komponist die Verschränkung mit dem symphonischen Ausdruck des Orchesters ausführte. Albrechts und Volodins Ausführung, der, je länger das Konzert dauerte umso inniger in die Musik eintauchte, wurden dem mehr als gerecht. Trotz aller Emotionen war die Klarheit der Komposition stets nachvollziehbar. Ein Grenzgang, der nur dann gelingt, wenn alle Beteiligten das dahinter stehende Konzept verstehen und umsetzen.
Mit Bruckners 3. Symphonie kam ein schier endloses Brausen und Wogen, ein Nachklingen und Luftanhalten in den Konzertsaal, das sich über alle vier Sätze in der gleichen Intensität erstreckte. Die Bläser zeigten sich – in diesem Werk extrem gefordert – in Bestform. Wie Albrecht im zweiten Satz einen schönen melodischen Bogen als einzigen Guss durch den kompletten Streichapparat ziehen ließ, war atemberaubend schön. Jede noch so kleine Stimmungsänderung, die Bruckner wie am Fließband zu erzeugen wusste, wurde von den Musikerinnen und Musikern aufgenommen und farbenprächtigst wiedergegeben. Wie sehr Kritiker in ihrer Zeit gefangen sind und Qualitäten von Werken nicht erkennen können, zeigt wohl auch eine Kritik von Eduard Hanslik, einem Zeitgenossen Bruckners, der in Zusammenhang mit seiner Musik davon sprach, dass diese „unnatürlich aufgeblasen und krankhaft verderblich“ sei. Vielleicht störte ihn gerade jene Vielfältigkeit in der Komposition, die das Werk sosehr auszeichnet und interessant macht. Bruckner selbst revidierte die Symphonie mehrmals, und hatte sich in der dritten Fassung sosehr von der Ursprungsversion entfernt, dass zwar die Widmung für Richard Wagner, den er glühend verehrte, geblieben war, sie musikalisch aber kaum mehr an sein Vorbild erinnerte. Anton Bruckner müsste Marc Albrecht mehr als nur seinen Statthalter bezeichnen. Bruckner selbst, der das Dirigieren von großen symphonischen Orchestern nicht gewohnt war, war es bei der Uraufführung nicht gelungen, die Qualitäten dieser Symphonie ins rechte Licht zu rücken. Albrecht hingegen zeigte sich als wahrer Alchimist mit einem Taktstock, aus dem die Funken auf die Musikerinnen und Musiker übersprangen. Wie bei all seinen Dirigaten liegen bei ihm in der Erarbeitung neben einer extrem Klangdurchlässigkeit und damit einhergehenden Nachvollziehbarkeit in gleichem Maße die Emotionen auf der Waagschale. Die Rasanz, in welcher er in den letzten Satz einstieg, kann auch als Kennzeichen seiner Interpretationen des deutsch-österreichischen Repertoires von Bruckner, über Mahler bis hin zu Strauß angesehen werden. Wann immer er mit großer Attitüde agieren kann tut er es vorbehaltlos, egal, was er dabei von seinem Orchester dabei auch abfordert. Dass das OPS ihm bedingungslos folgen kann zeigt, wie hoch die Qualität der Musikerinnen und Musiker ist. Das Auftaktkonzert in dieser Saison, welche zugleich die letzte von Marc Albrecht in Straßburg ist, geriet so zu einer absoluten Spitzenleistung von Dirigent und Orchester, wenn man so will, zu einem symphonischen Gesamtkunstwerk im Konzertsaal.
Datum der Veröffentlichung: 18 Oktober 2010
Verfasser: Michaela Preiner
In folgenden Kategorien veröffentlicht: Konzert

Schlagwörter: 3. Symphonie Anton Bruckner, 4. Klavierkonzert Beethoven, Alexei Volodin, Marc Albrecht, OPS, Orchestre Philharmonique Strasbourg

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